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Panorama: Mafia investiert ihr Geld in Deutschland

Ob Camorra, Cosa Nostra oder ’Ndrangheta – sie kaufen Aktien, Immobilien und Gastronomiebetriebe

Berlin - Die italienische Mafia investiert in Deutschland Milliarden. „Deutschland ist eins der wichtigsten Rückzugsgebiete, wenn nicht das wichtigste“, sagte der Oberstaatsanwalt der Anti-Mafia-Behörde Italiens, Alberto Cisterna, am Freitag in Berlin. Seit der Wende versuchten sich die Mafiosi vor allem in Ostdeutschland als seriöse Unternehmer. „Viele von ihnen machen nicht einmal mehr Probleme in Italien“, sagte der Ankläger aus Rom. Cisterna forderte, dass deutsche und italienische Fahnder im Team ermitteln und dass die deutsche Justiz Mafiosi enteignet. Bei einer Tagung mit deutschen Fahndern und Staatsanwälten im Berliner Landeskriminalamt berichtete Cisterna über die Erfahrungen in Italien. Dort seien in den vergangenen zwei Jahren Mafia-Vermögenswerte in Gesamthöhe von elf Milliarden Euro enteignet worden. Vor allem die ’Ndrangheta aus Kalabrien, dem südlichsten Teil Italiens, sei nach dem Fall der Mauer in Ostdeutschland aktiv geworden, sagte Laura Garavini, Sprecherin der Demokratischen Partei im Antimafia-Ausschuss des italienischen Parlaments in einem dpa-Gespräch. Nach Erkenntnissen deutscher Behörden habe die ’Ndrangheta zeitweise ihr Geld an der Frankfurter Börse investiert, aber auch viele Immobilien gekauft.

Auch die sizilianische Cosa Nostra und die neapolitanische Camorra setzten auf Deutschland, sagte die Politikerin. „In den ersten Jahren, in denen der Osten Kapital aus allen möglichen Richtungen anzog und man nicht immer so genau hinguckte, woher dieses Kapital kam, investierte die Mafia gezielt in Immobilien, in den Tourismus und Gastronomiestrukturen.“

Die Kriminellen gäben sich hierzulande als honorige Geschäftsleute, sagte Oberstaatsanwalt Cisterna. Ihre Immobilien nutzten sie vorzugsweise zur Geldwäsche. Der Jurist erläuterte: „Wenn Sie am Tag 700 000 Euro bei der Bank einzahlen, schöpft keiner Verdacht, wenn sie etwa einen Supermarkt haben – auch wenn der gar nichts verkauft.“ Deutschland sei wegen seines Reichtums beliebtes Ziel von Mafia-Kapital. „Ein Weizenkorn versteckt man am besten im Kornspeicher.“

Die Ermittler nehmen das Bekenntnis der Mafia zur deutschen Wirtschaft nicht als Kompliment, sie verlangen Konsequenzen. Garavini sagte, die Mafiosi fühlten sich in Deutschland relativ sicher, weil sie glaubten, die Justiz könne im Ausland ihren Besitz nicht so schnell beschlagnahmen. Allerdings biete eine neue EU-Richtlinie die Grundlage, in Italien verurteilten Mafiosi auch ihren Besitz in Deutschland zu beschlagnahmen. Staatsanwälte und Richter müssten diese Möglichkeit endlich nutzen. In Italien sei dies eines der wirkungsvollsten Mittel im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. dpa

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