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Panorama: Magnus G. – in drei Jahren frei?

Wenn das Gericht im Mordfall Metzler heute hart urteilt, hat Anwalt Endres noch einen Trumpf in der Hand

Von Karin Ceballos Betancur,

Frankfurt (Main)

Wenn die Richter der 22. Großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt um 13 Uhr den Sitzungssaal 165 C betreten und die Anwesenden aufgefordert haben, wieder Platz zu nehmen, wird es sehr still werden, so still wie am zweiten Verhandlungstag, als der Angeklagte Magnus G. den Schalter seines Mikrofons betätigte, um mit brüchiger Stimme die Entführung und Ermordung seines Opfers, des elfjährigen Frankfurter Bankierssohns Jakob von Metzler zu schildern. Am heutigen Montag, knapp vier Monate nach Prozessbeginn, wird der Vorsitzende Richter Hans Bachl das Urteil gegen den 28 Jahre alten Jurastudenten G. verkünden.

Mehr als wahrscheinlich ist, dass die Kammer dem Antrag der Ankläger auf lebenslange Freiheitsstrafe folgen wird, nachdem selbst G.’s Verteidiger, die Rechtsanwälte Hans Ulrich Endres und Stefan Bonn, diese Strafe für ihren Mandanten beantragt haben und das Gesetz für Mord kein anderes Strafmaß zulässt. Entscheidend wird allerdings sein, ob das Gericht auch die besondere Schwere der Schuld feststellt, die Staatsanwaltschaft und Nebenklage in ihren Schlussplädoyers beantragt haben.

Gang vors Bundesverfassungsgericht?

Beide sehen die Mordmerkmale Heimtücke, Habgier und Verdeckung einer weiteren Straftat erfüllt, während die Verteidigung nur Heimtücke erkennt. Stellt das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest, würde das für den Angeklagten bedeuten, dass sein Fall nicht nach 15 Jahren Haftstrafe von einer Strafvollzugskammer geprüft wird und er somit zunächst auch nicht auf Bewährung entlassen werden kann.

Erst das Urteil, zu dem das Schwurgericht findet, wird zeigen, ob die umstrittene Strategie von Verteidiger Endres aufgegangen ist. Hintergrund sind die Folterdrohungen, mit denen Polizeibeamte auf Anordnung des Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner G. Stunden nach seiner Festnahme zu einem Geständnis gezwungen haben. Zum Prozessauftakt beantragte Verteidiger Endres daher die Einstellung des Verfahrens und erreichte zumindest, dass alle vorherigen Verhöre seines Mandanten vor Gericht nicht verwendet werden durften, was das Gewicht seines erneuten, freiwilligen Geständnisses erhöhte.

Magnus G. hätte schweigen können, was die Staatsanwaltschaft zu einem Indizienprozess gezwungen hätte. Wäre es nicht gelungen, G. den Mord an Jakob von Metzler nachzuweisen, hätte er das Gericht theoretisch als freier Mann verlassen können – eine groteske Vorstellung. Wie wahrscheinlich dieser Ausgang gewesen wäre, ob die Einschätzung der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die drückende Beweislast richtig ist, wird nie geklärt werden. Der Angeklagte hat gestanden.

Sein Geständnis und die nunmehr selbstbestimmte Kooperation mit den Behörden könnten jetzt dazu führen, dass die Strafkammer Magnus G. zwar zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld jedoch ablehnt, weil dafür die Gesamtwürdigung von Tat und Person des Angeklagten erforderlich ist. Nicht zuletzt wird es darum gehen, ob das Gericht der aufrichtigen Reue und den Tränen glaubt, die G. während des Prozesses immer wieder in den Augen standen.

Verteidiger Endres kündigte vor der Urteilsverkündung gegenüber „Focus“ an, er werde vor das Bundesverfassungsgericht gehen, sollte das Gericht eine besondere Schwere der Schuld feststellen. Dieser Weg sei „zwangsläufig“. Wegen der angedrohten Folter möchte Endres Verfahrensfehler geltend machen. Wenn das Verfassungsgericht ihm Recht gebe, sei „Magnus in drei Jahren frei und hat Anspruch auf Haftentschädigung“, sagte Endres.

Karin Ceballos Betancur[Frankfurt (Main)]

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