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Malaria: Giftiger Streit

Gegen Moskitos kommt das Insektizid DDT wieder zum Einsatz – das hat nicht nur positive Folgen.

Berlin - Am Ende ist der Druck so groß gewesen, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nachgegeben hat. Am 15. September des vergangenen Jahres veröffentlichte die WHO eine Mitteilung, dass sie empfehlen wolle, das seit 1972 in Deutschland und auch in den USA verbotene Insektizid Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan (DDT) zur Bekämpfung von Malaria wieder großflächig einzusetzen.

Jahrelang haben die amerikanische Regierung aber auch einflussreiche US-Lobbygruppen eine Kampagne gefahren, um die Innenraumbesprühung mit DDT als mehr oder weniger wichtigstes Mittel gegen Malaria auch bei anderen internationalen Gebern durchzusetzen. Mit Argumenten waren und sind die Befürworter des DDT-Einsatzes nicht zimperlich. Wer Bedenken hat, wird schon mal als potenzieller Mörder beschimpft, weil er das angeblich wirksamste Mittel gegen Malaria ablehne. Ob die Innenraumbesprühung tatsächlich das wirksamste Mittel ist, ist aber stark umstritten.

Als Beispiel für den Erfolg wird meist auf die südafrikanische Region Kwazulu Natal verwiesen. Dort war die tödliche Tropenkrankheit, die von der Anophelesmücke übertragen wird, bis 1996 mit DDT bekämpft worden. Die Innenräume der Häuser der Bewohner wurden einmal im Jahr mit DDT eingesprüht. Die Mücken sterben ab, wenn sie mit DDT in Kontakt kommen. Vier Jahre lang benutzten die Gesundheitsbehörden in Kwazulu Natal andere Insektizide, gegen die die Moskitos allerdings rasch Resistenzen entwickelten. Die Zahl der Kranken stieg dramatisch an. Im Jahr 2000 kehrten sie zu DDT zurück, drei Jahre später vermeldeten die Gesundheitsbehörden, sie hätten das Problem wieder im Griff. Unterstützt werden diese Sprühprogramme von der amerikanischen Regierung. Das Programm von Präsident George W. Bush, für das die USA seit 2005 immerhin 1,2 Milliarden Dollar aufbringen, setzt stark auf DDT in Innenräumen, weil es „relativ billig und sehr effektiv ist“, sagt T. Timothy Ziemer, der die US-Malaria-Initiative koordiniert.

Inzwischen ist es der WHO etwas peinlich, dass sie im vergangenen Jahr so eingeknickt ist. Bei der dritten Vertragsstaatenkonferenz zum Stockholmer Übereinkommen, bei dem es darum geht, schwer abbaubare organische Schadstoffe in der Umwelt zurückzudrängen, im Mai in Dakar, ruderte die WHO etwas zurück. Auch künftig solle der Schwerpunkt bei der Malariabekämpfung darin liegen, Moskitonetze zu verteilen, die mit langanhaltenden Insektiziden getränkt sind und jahrelang vor Anophelesmücken schützen können. Außerdem setzt sich die WHO auch weiterhin dafür ein, wirksame Medikamente und in womöglich naher Zukunft auch eine Impfung zu entwickeln. Die WHO stehe auch weiterhin zu den Zielen des Stockholmer Übereinkommens zur Verminderung und letztendlich Vermeidung des Einsatzes von DDT, gab die UN-Organisation in Dakar bekannt.

Nach Informationen des Umweltbundesamtes (UBA) werden derzeit jährlich etwa 6300 Tonnen DDT zur Innenraumbesprühung hergestellt. 80 Prozent davon in Indien, 20 Prozent in China. Hauptanwender sind Indien (80 Prozent) und Äthiopien (zehn Prozent). Der Rest verteilt sich auf 23 Länder in Afrika und Asien. Ob das für die Malariabekämpfung vorgesehene DDT verbotenerweise auch in der Landwirtschaft eingesetzt wird, weiß niemand. Kontrollieren lässt es sich nicht. Allerdings sind die Folgen des DDT-Einsatzes für die Umwelt und auch die Gesundheit von Menschen deutlich negativ. DDT ist ein sehr stabiler Stoff, der sich in Organismen noch dazu anreichert. Deshalb ist in der Muttermilch von Frauen in Deutschland bis heute DDT zu finden, obwohl es schon 1972 verboten wurde. Da es außerdem leicht transportierbar ist, sind die höchsten DDT-Belastungen heute rund um die Pole zu beobachten. Eisbären aber auch Inuit, die sich vom Fleisch der rund um den Nordpol lebenden Tiere ernähren, tragen die höchsten DDT-Belastungen. Zudem schädigt DDT Kinder im Mutterleib und führt zu Entwicklungsverzögerungen von Kindern.

Auch ohne DDT lässt sich die Malariaquote auf null drücken. Das hat Mexiko bewiesen, das im Jahr 2000 DDT verboten hat. Dort werden offene Wasserflächen in Wohngebieten abgedeckt. Den größten Erfolg hatte aber wohl eine Verbesserung der Hygiene. Fäkalien fließen nicht mehr neben der Straße entlang, sondern es gibt immer mehr Toiletten. Zudem wird dort darauf geachtet, dass die Insektizide, die zum Einsatz kommen, so eingesetzt werden, dass Resistenzen vermieden werden.

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