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Mit ernster Miene tritt Najib Razak, Premierminister Malaysias, am Montag vor die Presse.

© AFP

Malaysia Airlines Flug MH370: Protestzug durch Peking - "Wir wollen die Wahrheit!"

Am Montag begrub Malaysias Premier alle Hoffnungen auf ein Wunder: Niemand von Flug MH370 hat überlebt. Jetzt klagen die Angehörigen Malaysia an. Auf Chinas Straßen protestieren hunderte von Menschen vor der Malaysias Botschaft in Peking. Währenddessen hat sich die Suche nach Wrackteilen weiter erschwert.

In einem Protestzug durch Peking haben Hunderte Angehörige der Passagiere von Flug MH370 sowie Unterstützer ihrem Unmut gegen die malaysische Regierung und die Fluggesellschaft Luft gemacht. Mit Transparenten durchbrachen sie am Dienstag eine Polizeiabsperrung und protestierten vor der malaysischen Botschaft. Viele Demonstranten in Peking kritisierten die Informationspolitik und den Umgang mit dem Verschwinden der Boeing am 8. März.

Einige wütende Demonstranten richteten ihren Ärger gegen Malaysia und gaben den Behörden sogar eine Mitschuld: „Mörder“ stand auf einem Plakat. Die Polizei riegelte die Straßen um die Botschaft zwischenzeitig weiträumig ab. Die Demonstranten wurden anschließend in Bussen zurück zu Hotels gefahren, in denen sie die vergangenen zwei Wochen ausgeharrt hatten, wie chinesische Staatsmedien berichteten.

„Malaysia Airlines und die malaysische Regierung wollten die Angehörigen und die ganze Welt belügen."

In einer Erklärung fassten einige Angehörigen der Insassen ihre Vorwürfe zusammen: „Malaysia Airlines, die malaysische Regierung und das malaysische Militär haben mit Nachdruck und wiederholt versucht, die Wahrheit zu verstecken und zu vertuschen. Sie wollten die Angehörigen und die ganze Welt belügen.“ Eine psychiatrische Betreuerin der Angehörigen warnte vor extremen Reaktionen der Familien. Die Verantwortlichen hätten keine Scham, hieß es weiter in der Stellungnahme. Die Gesundheit und die Seelen der Angehörigen seien mutwillig zerstört worden. „Die Rettungsaktion wurde in die Irre geführt und verzögert.“ Wertvolle Zeit sei verschenkt worden. „Wenn unsere 154 Familienmitglieder an Bord deshalb ihr Leben verloren haben, dann sind die malaysische Fluggesellschaft, Regierung und das Militär die wahren Mörder unserer Familienmitglieder.“

Die Suche nach Wrackteilen der Malaysia Airlines-Maschine wurde abgebrochen

Schlechtes Wetter hat die Suche nach Wrackteilen der im Indischen Ozean abgestürzten Malaysia Airlines-Maschine unterbrochen. Die Wellen seien bis zu vier Meter hoch, Sturmböen und heftiger Regen im Anmarsch und die Wolken hingen teils nur 60 Meter über der Wasseroberfläche, teilte die australische Seesicherheitsbehörde mit. Das Versorgungsschiff „HMAS Success“ musste die Region verlassen. Es habe die vom Flugzeug aus gesichteten möglichen Wrackteile noch nicht lokalisieren können. Bei den Angehörigen der Vermissten allerdings hat schon am Montag Malaysias Premierminister Najib Razak jede Hoffnung auf ein Wunder begraben.

Es war ein denkwürdiger Auftritt. Mit ernster Miene trat der Regierungschef in Kuala Lumpur vor die Presse. Damit die Angehörigen es nicht aus dem Fernsehen erfahren, wurden sie unmittelbar zuvor von der Fluggesellschaft informiert, dass niemand an Bord überlebt haben könne. Die Familien der chinesischen Insassen an Bord des Flugzeugs der Malaysia Airlines reagierten mit Schreien und lautem Weinen auf die Nachricht. Mehrere brachen zusammen und wurden mit Krankenwagen weggebracht. Etwa zwei Drittel der 239 Insassen von Flug MH370 waren chinesische Staatsbürger.

Spuren im Meer.
Spuren im Meer.

© Reuters

Ein automatisches Bordsystem hatte während des rätselhaften Irrfluges der Boeing immer wieder versucht, mit Nachrichtensatelliten Kontakt aufzunehmen, ohne Daten zu übertragen. Experten der britischen Flugunfall-Untersuchungsbehörde AAIB und des Satellitenbetreibers Immarsat hatten mit neuen Methoden und Technologien diese Signale analysiert. Danach befindet sich die letzte Position der Boeing in der Mitte des Indischen Ozeans westlich der australischen Stadt Perth, sagte der Premierminister.

"Mit tiefer Trauer und Bedauern" - die Worte des malaysischen Premierministers Najib Razak

„Das ist ein abgelegener Ort fernab von allen möglichen Landeplätzen“, sagte Najib Razak. „Deshalb muss ich Ihnen mit tiefer Trauer und Bedauern mitteilen, dass nach diesen neuen Daten der Flug MH370 im südlichen Indischen Ozean endete.“

Der exakte Absturzort konnte bisher nicht ermittelt werden. Am Montag war die multinationale Suchaktion südwestlich Australiens mit insgesamt zehn Flugzeugen fortgesetzt worden. Die Besatzung eines chinesischen Suchflugzeugs entdeckte zwei etwa einen Meter lange, orangefarbene Gegenstände und ein weißes, zylinderförmiges Objekt. Sie musste dann wegen des knapp werdenden Treibstoffs zum Festland zurückkehren. Die Crew einer daraufhin zu der Position beorderten amerikanischen Maschine konnte sie nicht mehr finden. Später meldeten die Beobachter an Bord einer australischen Orion die Sichtung eines grauen oder grünen, runden Objektes und eines orangefarbenen, rechteckigen Gegenstandes.

Bereits am Vortag war von einem Flugzeug aus bereits eine im Meer treibende Holzpalette gesichtet worden. Ob sich unter den Objekten Teile der Boeing befinden, ist weiter unklar. Zu den jeweiligen Fundorten wurden Schiffe entsandt.

Auf dem Boden des Indischen Ozeans

Rätselhaft bleibt, warum die Kommunikation von der Boeing aus eine knappe Stunde nach dem Start in Kuala Lumpur eingestellt wurde und die Maschine vom zivilen Radar verschwand. Flug MH 370 nach Peking muss dann gewendet und erneut das malaysische Festland überquert haben, bevor er auf Südkurs ging und schließlich vermutlich aus Treibstoffmangel abstürzte. Aufschluss könnten Flugschreiber und Cockpittonband geben, die jetzt am Boden des Ozeans vermutet werden. Die US Navy hat einen Spezialsensor zum Aufspüren der sogenannten Black Boxes auf den Weg ins Suchgebiet gebracht. Er soll zum Einsatz kommen, wenn dort ein Trümmerfeld entdeckt wird, dass den Absturz der Maschine bestätigt. Das Gerät ortet, von einem Schiff gezogen, die Funksignale, die der Flight Data Recorder allerdings nur etwa 30 Tage abstrahlt.

Kieler Experten warten auf ihren Einsatz

„Wir stehen Gewehr bei Fuß“, sagte Dr. Klas Lackschewitz, wissenschaftlicher Leiter des AUV-Teams beim Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung am Montag. Die Kieler verfügen über eines der beiden weltweit einzigen unbemannten Unterwasserfahrzeuge, mit denen das Flugzeugwrack des Fluges MH370 am Meeresboden aufgespürt werden könnte. Mit den Kollegen vom kalifornischen Waitt-Institute, die das zweite ferngesteuerte U-Boot des Typs Remus 6000 besitzen, hat man 2011 im Südatlantik bereits das Wrack des Air-France- Fluges 447 einschließlich der Flugschreiber aufgespürt. Eine offizielle Anfrage aus Malaysia oder Australien gibt es aber noch nicht, sagte Lackschewitz dem Tagesspiegel. Ein Einsatz würde sich erst lohnen, wenn man die vermeintliche Absturzstelle genau kennt, sagte der Wissenschaftler. Sollten Wrackteile gefunden werden, dürften diese bereits weit abgetrieben sein. Dann seien zunächst Modelle gefragt, anhand der Strömung zu berechnen, wo sich die tatsächliche Absturzstelle befinden könnte. Laut Lackschewitz ist der Indische Ozean im fraglichen Gebiet bis zu 5000 Meter tief, mit ihrer maximalen Tauchtiefe von 6000 Metern könnten die mit Spezialkameras und -sensoren ausgestatteten U-Boote den Meeresboden also erreichen.

Dennoch würde sich die Suche wesentlich schwieriger gestalten als bei AF 447, von der man den genauen Absturzort kannte, sagte Klaus Lackschewitz. Außerdem stehen diesmal nur zwei Remus 6000 zur Verfügung. Das dritte U-Boot, das ebenfalls den Amerikanern gehörte, ist inzwischen bei einem Einsatz verloren gegangen.

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