zum Hauptinhalt
Kabinett_malediven_dpa

© dpa

Malediven: Eine Regierung taucht ab

Das Kabinett der Malediven hat auf dem Meeresgrund getagt – um auf die Klimaerwärmung hinzuweisen. Wenn der Klimagipfel in Kopenhagen scheitere, werde die Inselgruppe "sterben", sagte der Präsident. Taucherfahrung hatten nur die wenigsten Minister.

Das Kabinett der Malediven hat am Samstag einen Klimaappell vom Meeresgrund aus an die Welt gerichtet. Präsident Mohammed Nasheed und sein Kabinett tagten in voller Taucherausrüstung eine halbe Stunde lang an einem hufeisenförmigen Tisch in sechs Metern Tiefe. Im Anschluss sagte der Präsident, bei der Sitzung habe es weniger Debatten als sonst gegeben, dafür sei aber mehr Arbeit erledigt worden.

Nasheed sprang bei der im nationalen Fernsehen übertragenen Aktion als erster vor der Insel Girifushi in das türkis schimmernde Wasser des Indischen Ozeans, gefolgt von einem Dutzend Ministern. In der ungewohnten Umgebung nahmen sie eine Resolution an, in der die Weltgemeinschaft aufgefordert wird, mehr gegen den Ausstoß von Treibhausgasen zu unternehmen. Das Kabinett unterzeichnete die auf eine weiße Tafel gedruckte Erklärung mit wasserfesten Stiften. Nach dem Auftauchen verlangte der Präsident, dass die UN-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen ein Abkommen beschließe, das allen Menschen ihr Überleben sichere. Bei der Pressekonferenz noch immer im Wasser paddelnd, sagte Nasheed auf die Frage, was passiere, wenn der Klimagipfel scheitere: „Wir werden sterben.“

Nach Behördenangaben hatten nur Nasheed und Verteidigungsminister Ameen Faisel Taucherfahrung. Die anderen Kabinettsmitglieder eigneten sich die Kenntnisse in zweimonatigen Tauchkursen an. Ihre Trainer begleiteten sie bei der Unterwasser-Sitzung. Im Anschluss an die Sitzung haben die Minister ihre Taucheranzüge signiert. Sie sollen im Internet (www.protectmaldives.com) versteigert werden. Die Einnahmen sollen zum Schutz der Korallenriffe vor den Malediven verwendet werden. Die südwestlich von Sri Lanka gelegenen Malediven, etwa 1200 Inseln rund 500 Kilometer von der Südspitze Indiens entfernt, sind vom Klimawandel besonders bedroht. Schon ein Anstieg der Meeresspiegel um 18 bis 59 Zentimeter bis 2100 würde die Inselgruppe, die im Durchschnitt etwa 2,1 Meter oberhalb des Meeresspiegels liegt, praktisch unbewohnbar machen.

Der junge Präsident Mohammed Nasheed steht seit seinem Amtsantritt im Oktober 2008 für einen politischen Neuanfang des islamischen Landes. Er löste den 30 Jahre lang autokratisch regierenden Maumoon Abdul Gayoom ab. Bei der Wahl hatte sich Opposition geschlossen gegen den Machthaber verbündet. Gayooms Menschenrechtsbilanz war schlecht, immer wieder wurden Oppositionelle ohne Gerichtsverfahren eingesperrt oder gar gefoltert. Der neue Präsident zählte mehrfach dazu. Insgesamt sechs Jahre lang saß er im Gefängnis oder wurde auf weit entfernte Inseln verbannt. In einer Rede vor wenigen Tagen sagte er, er bedauere besonders, „dass ich die Geburt meiner beiden Töchter deshalb nicht miterleben konnte“. Währenddessen entwickelte Gayoom die Inselgruppe zu einem Touristenparadies.

Mohammed Nasheed hat vom ersten Tag als Präsident an vor den dramatischen Folgen des Klimawandels für die Inselgruppe gewarnt. Das Kabinett beschloss, einen Teil der Einnahmen aus dem Tourismus in einen Fonds einzuzahlen, um anderswo Land für die rund 300 000 Einwohner der Inselgruppe kaufen zu können, wenn der Meeresspiegelanstieg das Überleben unmöglich macht. Mit Indien und Sri Lanka hat der Präsident erste Gespräche über das Thema geführt. Dem britischen „Guardian“ sagte er im vergangenen Herbst, er wolle nicht, dass seine Landsleute „jahrelang als Klimaflüchtlinge in Zelten hausen müssen“.

Außerdem versprach Nasheed beim Klimagipfel des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon Ende September in New York, sein Land binnen zehn Jahren zu einer kohlendioxidfreien Wirtschaft umzubauen, was angesichts des Flugverkehrs für die Tourismusindustrie kein ganz einfaches Unterfangen ist. „Wir haben 20 Jahre vor den Folgen des Klimawandels gewarnt“, sagte er. Doch geholfen habe das wenig. „Wir können nur durch unser gutes Beispiel Führungsstärke zeigen“, sagte Nasheed in New York.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false