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Panorama: Massenraub am Strand – nur ein Einzelfall?

Die Tourismusbranche in Portugal befürchtet Einbußen, wenn sich die Szenen von Carcavelos wiederholen

Lissabon Nach dem Überfall von Jugendbanden auf Badende an einem Strand bei Cascais westlich von Lissabon wächst in Portugal die Furcht, dass Touristen abgeschreckt werden könnten – und der spektakuläre Massendiebstahl von Carcavelos am Freitag kein Einzelfall bleiben wird. Denn am Wochenende wurde auch ein Strand an der Algarve von einer Jugendbande überfallen. Am Strand von Quarteira wurden dabei mehrere Souvenirläden ausgeraubt, Badegäste reagierten panisch. Nun werden brasilianische Verhältnisse befürchtet, wo organisierte Strandüberfälle häufiger vorkommen. „Wir haben es hier mit einer Art von Rio de Janeiro zu tun“, befürchtet der Präsident des Tourismusverbandes, Vítor Felipe. „Die Auswirkungen für die Urlaubsbranche können verheerend sein.“

„Es geschah blitzschnell. Wir lagen am Strand und plötzlich rannten Scharen von Jugendlichen los und grabschten alles, was sie konnten“, berichtete eine Augenzeugin. Ein anderer Badegast sagte: „Die Polizei schien machtlos.“ Presseberichten zufolge waren zum Zeitpunkt des Angriffs nur vier Beamte am Strand – die Zahl der räuberischen Jugendlichen wurde auf 500 geschätzt. Nachdem zahlreiche Badende über Handy Alarm geschlagen hatten, rückte Verstärkung an. Rund 60 Polizisten sollen es gewesen sein, einige von ihnen verfolgten die Täter mit Motorrädern. Die Räuber im Alter zwischen zwölf und 20 Jahren hätten Geldbörsen, Mobiltelefone, Uhren oder Taschen erbeutet. Badegäste, die sich widersetzten, seien geschlagen worden. Die Polizei feuerte in die Luft, um die Täter zu vertreiben.

In Brasilien wird die Taktik der Räuber „arrastão“ (Schleppnetz) genannt: Die Diebe laufen wie auf Kommando in Gruppen und Reihen über den Strand und stehlen alles, was ihnen in die Hände fällt – als hätten sie ein Fangnetz ausgeworfen. Unklar ist, wie organisiert der Überfall von Carcavelos war. „Es scheint mehr eine spontane Aktion gewesen zu sein. Unter den Gästen waren Mitglieder mehrerer Jugendbanden, die ebenfalls zum Baden gekommen waren“, sagte ein Ermittler.

Andere sind da skeptischer. Die Täter stammten aus den Armenvierteln des 25 Kilometer entfernten Lissabon. Die Überfälle bedeuten nach Angaben von Experten, dass nun die „sozialen Zeitbomben der städtischen Armut“ explodieren. „Wir sollten uns auf einen Krieg vorbereiten“, meinte der Kriminologe Cândido Agra. Die Bandenkriminalität nahm in Portugal in den vergangenen sieben Jahren um fast 500 Prozent zu. Innenminister António Costa versprach sofort mehr Sicherheitskräfte an den Stränden. In Cascais saß der Schrecken in der Bevölkerung so tief, dass die normalerweise gut besuchten Strände am Wochenende fast menschenleer waren. dpa

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