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Viagra

© AFP

Medikamente: Hoch hinaus

Seit zehn Jahren ist die Potenzpille Viagra zugelassen und half seitdem mehr als 35 Millionen Männern. Der Erfolg zog auch Konkurrenten und Fälscher an.

Viagra ist immer für eine Schlagzeile gut. Wie kürzlich in der englischen Boulevardzeitung „The Sun“, als ein Klempner nur noch blau sah, weil er zu viel Viagra gegen seine Erektionsstörungen genommen hatte. Oder wie im Februar in der israelischen Wochenzeitung „Ba Mahahne“, die meldete, dass die israelische Luftwaffe ihre Piloten mit Viagra versorgen will, um deren Flugleistung zu verbessern. Oder aber im Dezember, als die deutsche Boulevardpresse den Leiter des Werksärztlichen Dienstes von VW nach seinem Auftritt im Volkswagenprozess „Dr. Viagra“ nannte. Der VW-Arzt soll Betriebsräte für ihre Lustreisen schon mal mit den kleinen blauen Pillen versorgt haben.

Vor zehn Jahren, am 27. März 1998, wurde Viagra von der amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA erstmals zugelassen und ist seitdem weltweit zum Synonym für Potenzmittel geworden. Dem Pharmakonzern Pfizer bescherte Viagra im vergangenen Jahr weltweit Umsätze von knapp 1,8 Milliarden Dollar. Auf Sildenafil, den Wirkstoff von Viagra, stießen Pfizer-Wissenschaftler 1989 im Rahmen der Forschung für ein Medikament zur Behandlung einer Erkrankung der Herzkranzgefäße. Im Laufe der Studien stellten sich bei den männlichen Probanden als Nebeneffekt Erektionen ein, weswegen Pfizer schon bald darauf Pilotstudien mit Sildenafil zur Behandlung der sogenannten erektilen Dysfunktion startete.

Laut Pfizer haben bis heute 35 Millionen Männer Viagra angewendet, davon mehr als eine Million in Deutschland. Von Urologen als Revolution in der Behandlung von Potenzstörungen bezeichnet, von den Medien als „Wunderpille“ gefeiert, wird Viagra am 1. Oktober 1998 in Deutschland eingeführt. Der Run auf die Apotheken bleibt an dem Tag allerdings noch aus: „Tote Hose in den Apotheken“, meldet die „Bild“-Zeitung am nächsten Morgen enttäuscht.

Dann aber steigen die Zahl der Verordnungen und die Umsätze von Viagra rasant. Viele Länder befürchten hohe finanzielle Belastungen für das staatliche Gesundheitswesen und nehmen das Mittel von der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen aus. Bei Markteinführung kostete eine Viagra-Tablette rund 18 Mark, heute liegt der empfohlene Verkaufspreis umgerechnet pro Tablette zwischen 11 und 15 Euro.

Pfizer konnte rund vier Jahre lang Pioniergewinne realisieren, dann kamen die Konkurrenzprodukte auf den Markt: Lilly mit Cialis und Bayer mit Levitra. Mit weltweit 1,14 Milliarden Dollar Umsatz ist Cialis mittlerweile die starke Nummer zwei im Markt. Bayer liegt mit Umsätzen von umgerechnet 455 Millionen Dollar an dritter Stelle. Urologen bescheinigen den drei Medikamenten eine vergleichbare Wirksamkeit, allerdings wirkt Cialis mit bis zu 36 Stunden deutlich länger als die Konkurrenz.

Die Aussicht auf ein gutes Geschäft und die Beliebtheit des Potenzmittels machen Viagra auch zu einem der meistgefälschten Produkte. Laut Pfizer Deutschland wurden in Europa im vergangenen Jahr rund 14 Millionen gefälschte Viagra-Tabletten sichergestellt. Deswegen hat das Unternehmen die Verpackungen mit Sicherheitsmerkmalen wie bei den Banknoten ausgestattet.

Maike Telgheder[Frankfurt]

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