zum Hauptinhalt

Medizinpflanze Cannabis: Joint als Selbstbehandlung - die Euphorie ist abgeklungen

Ein deutsches Gericht hat den Eigenanbau zur Behandlung von Schmerzen erlaubt, aber nur in Ausnahmefällen. Dabei ist das ein altes Mittel. Schon Queen Victoria nahm Cannabis gegen Menstruationsbeschwerden.

Streng, sehr streng ist hierzulande die Überwachung der Hanfpflanze Cannabis als Arznei. Die Bundesopiumstelle in Bonn wacht darüber, dass mit der Heil- und Highpflanze kein unmedizinischer Schabernack getrieben wird. Jetzt muss die Behörde jedoch nachbessern, entschied das Verwaltungsgericht im benachbarten Köln. Richter Andreas Fleischfresser hat den Eigenanbau zur Behandlung von Schmerzen erlaubt, entsprechende Anträge müssen die Bonner Drogenbeamten nun erneut bearbeiten.

Allerdings wird das Urteil an der harten Linie wenig ändern. Denn auch in Zukunft wird der medizinische Eigenanbau von Marihuana nur in Ausnahmefällen erlaubt sein, für die drei Kriterien gelten. Die Schmerzpatienten müssen „austherapiert“ sein, es darf keine Behandlungsalternative zu Cannabis geben und der Kauf in der Apotheke müsse unerschwinglich sein. Das sind hohe Hürden, und folgerichtig wurden in Köln auch zwei der fünf Klagen auf legalen Anbau abgeschmettert.

Cannabis hat als Medizin eine jahrtausendealte Tradition. Im ältesten Arzneibuch der Menschheit, einer 4700 Jahre alten chinesischen Abhandlung, wird die Hanfpflanze mit ihren guten wie schlechten Wirkungen bereits beschrieben. Noch die britische Queen Victoria nahm Cannabis gegen Menstruationsbeschwerden.

Der Körper stellt sein eigenes Hasch her

Allerdings gab es ein Umdenken, seit vor einem Vierteljahrhundert entdeckt wurde, dass der Körper sein eigenes Hasch herstellt. Diese Endocannabinoide dämpfen den Stress und regulieren Schlaf und Schmerz. Damit begann die zweite Erforschung der Heilpflanze.

Cannabispräparate werden heute vor allem bei Schmerzen und Krämpfen sowie gegen Übelkeit und Appetitlosigkeit eingesetzt, aber die Liste der denkbaren therapeutischen Anwendungen liest sich wie ein Who’s Who der Krankheiten. Von Alzheimer, Angstleiden und Arteriosklerose bis hin zu Verdauungsstörungen, Multipler Sklerose, grünem Star und Tourette-Syndrom.

Dagegen stehen jedoch die bisherigen Behandlungserfolge. Sie sind eher beschränkt. Die Euphorie nach der Entdeckung der Endocannabinoide ist abgeklungen. „Viel Nebenwirkung, wenig Wirkung“, lautet das Fazit von Ulrich Keilholz. Der Leiter des Krebszentrums der Berliner Charité gehört zu denen, die Cannabis als Schmerzmittel bei seinen Patienten erprobte und enttäuscht wurde. Auf die Hochstimmung folgte die Ernüchterung.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false