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Dubai

© dpa

Mega-Bauten: Dubai - die Party ist vorbei

Riesige Wolkenkratzer, Traumhotels, Luxus ohne Ende: Die Weltwirtschaftskrise war weit weg, doch nun scheint der Traum von Herrscher Mohammed bin Raschid al-Maktum, aus Dubai ein Monaco am Golf zu machen, vorerst geplatzt.

"So etwas gab es in Babel nicht", brüstete sich Nakheel-Vorstandschef Chris O'Donnell. Fünf Monate ist es her, dass er Investoren in Dubai sein neuestes Turmbau-Projekt präsentierte. Einen Kilometer sollte der neue Wolkenkratzer in den Himmel ragen - mit 200 Stockwerken, 150 Aufzügen und Parkdecks für 10.000 Autos. Den Wettlauf mit der Bibel hat er jetzt zunächst einmal aufgegeben. Der Bau des Superturms ist abgesagt, der Konstruktionsplan in der Schublade verschwunden. Noch im letzten Herbst arbeiteten auf den Baustellen der sieben Ölemirate am Golf schätzungsweise zwanzig Prozent aller Kräne der Welt. Zur Einweihung von "The Palm Jumeirah" vor der Küste Dubais brachte das größte Feuerwerk der Weltgeschichte die künstliche Insel für 15 Minuten zum Leuchten. Das neue Luxushotel Atlantis im Zentrum der Sandpalme wurde mit einer Party der Superlative eingeweiht, zu der 2000 prominente Gäste aus aller Welt anreisten - darunter die Hollywood-Stars Robert De Niro und Denzil Washington sowie die Sportidole Boris Becker und Michael Jordan.

Das alles scheint heute Ewigkeiten her. "Mitte November ist die Wirtschaft hier praktisch zum Stillstand gekommen", analysiert Chris Cole, Vorstandsvorsitzender des Londoner Beratungskonzerns WSP, der in Dubai in den Sparten Immobilien und Infrastruktur tätig ist. Auf vielen Baustellen herrscht gespenstische Ruhe - die Weltwirtschaftskrise hat nun auch das Paradies der Reichen und Superreichen am sonnigen Golf erreicht. Die Hälfte aller bis 2012 geplanten Bauvorhaben in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) sind abgesagt oder aufgeschoben - die meisten davon in Dubai. Die saudische National Commercial Bank beziffert das Ausfallvolumen auf rund 250 Milliarden Dollar.

Baufirmen laufen verzweifelt ihrem Geld hinterher

Von den 6,4 Millionen Bewohnern hier sind 86 Prozent Ausländer. Rund die Hälfte von ihnen überlegt nach Umfragen bereits, den Emiraten im Jahr 2009 den Rücken zu kehren, wie die Zeitung "Khaleej Times" berichtet. Denn immer mehr verlieren ihre Arbeit, können die exorbitanten Lebenshaltungskosten und Kreditraten nicht mehr aufbringen. Die Immobilienpreise in Dubai sind in den letzten Monaten um 25 bis 30 Prozent gefallen. Zahllose Baufirmen laufen verzweifelt ihrem Geld hinterher, weil die großen halbstaatlichen Investitionsgesellschaften wie Nakheel and Emaar Properties nicht mehr zahlen. Deren Börsenwert fiel innerhalb der letzten Zeit um 85 Prozent, Emaar Properties rutschte sogar in die roten Zahlen. Das indische Konsulat in Dubai bereitet angeblich den Rücktransport von 300.000 Bauarbeitern in ihre Heimat vor. Allein für den Monat März wurden Flugzeuge für 20.000 Heimkehrer gechartert. Und VAE-Arbeitsminister Saqr Ghobash erließ ein Dekret, dass Emiratis vor einer Kündigung schützt, so lange die Firma noch nicht alle gleich qualifizierten Ausländer entlassen hat.

Der Traum von Herrscher Mohammed bin Raschid al-Maktum, aus Dubai ein Monaco am Golf zu machen, scheint vorerst geplatzt. Seit 2002 dürfen Ausländer hier Besitz erwerben, was seinem kleinen Emirat einen Boom bescherte, der auf der Welt seines Gleichen suchte. Doch anders als die Nachbarn stützt Dubai seine Wirtschaft kaum noch auf Ölexport, sondern auf Handel, Immobilien, Tourismus und Banken - alles für eine Rezession besonders anfällige Wirtschaftsfelder. 16 Prozent der Büroräume in der Wüstenmetropole stehen nach Angaben des Chicagoer Beratungskonzerns Jones Lang LaSalle bereits leer. Die Belegungsrate der Hotels ist auf ein Rekordtief gefallen. Und Dubais Schulden türmen sich auf 80 Milliarden Dollar - das sind pro einheimischen Bewohner 400.000 Dollar. "Scheich Mo", wie ihn seine 200.000 Untertanen nennen, muss nach Schätzung arabischer Wirtschaftsdienste allein in diesem Jahr 15 Milliarden Dollar an Kreditkosten aufbringen. Bei den übrigen sechs Emiraten zusammen beläuft sich die Summe lediglich auf rund fünf Milliarden. Die ärgsten Finanznöte hat jetzt erst einmal der ölreiche Rivale Abu Dhabi behoben. Mit einem Zehn-Milliarden-Hilfspaket griff man den klammen "Brüdern" von nebenan unter die Arme, deren Stadtstaat beim Luftverkehr und Seetransport die wichtigste Drehscheibe der Region ist.

Von Krise oder gar Rezession wollen die herrschenden Scheiche bisher offiziell nichts wissen und verweisen auf den Internationalen Währungsfond. Deren Experten sagen den Ländern am Golf, zu denen neben den sieben Emiraten auch Kuwait, Bahrain, Saudi-Arabien, Qatar, und Oman gehören, für 2009 ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent voraus, nach 6,8 Prozent im Jahr zuvor - Werte, von denen die großen westlichen und asiatischen Volkswirtschaften nur träumen können. "Die Erholung wird schneller kommen, als viele Leute voraussagen", gab sich VAE-Wissenschaftsminister Nahayan bin Mubarak al-Nahayan kürzlich optimistisch auf einem Wirtschaftsforum in Dubai. Auch Hamad Buamim, Chef der Industrie- und Handelskammer, sieht keinen Grund für lange Trübsal. "Dubai ist das Tor zu diesem Teil der Welt", erklärte er. "2009 wird ein Jahr der Stabilität sein, 2010 wieder ein Jahr des Wachstums - wenn auch nicht mehr so stark wie früher."

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