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Richard Dearlove

© dpa

MI6: Agent vor Gericht

Im Dienste seiner Majestät: Erstmals sagt ein Ex-Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes öffentlich aus. Dabei stehen vor allem die Mythen um den Tod Prinzessin Dianas im Rampenlicht der Öffentlichkeit.

Von Markus Hesselmann

Um die Verschwörungstheorien zum Tod von Prinzessin Diana und ihres Partners Dodi al Fayed aus der Welt zu schaffen, riskiert Großbritanniens Establishment einen Traditionsbruch nach dem anderen. Am Mittwoch sagte erstmals ein ehemaliger britischer Geheimdienstchef in aller Öffentlichkeit vor Gericht aus. Richard Dearlove trat bei der Untersuchung in den Londoner Royal Courts of Justice in den Zeugenstand.

Der frühere Leiter des Auslandsdienstes MI6 ließ sich einen ganzen Tag lang befragen und sagte unter Eid aus. Dabei wies er alle Anschuldigungen von Dodis Vater Mohamed al Fayed als „abstrus“ zurück. Einiges empfinde er als „absolut lächerlich“, anderes als „zutiefst verletzend“, sagte Sir Richard, vor Gericht mit seinem Ehrentitel angesprochen, den er für seine Verdienste um Großbritannien einst verliehen bekommen hatte.

Hat der MI6 Prinzession Diana umgebracht?

Der ägyptische Multimillionär Mohamed al Fayed, Besitzer des Londoner Luxuskaufhauses Harrods, beschuldigt den MI6, Diana und Dodi getötet zu haben. Die beiden kamen in der Nacht auf den 31. August 1997 mit ihrem Fahrer in einem Tunnel in Paris ums Leben. Nach einer Verfolgungsjagd mit Paparazzi prallte ihr Mercedes bei hoher Geschwindigkeit gegen einen Pfeiler.

Seither verbreitet al Fayed die Theorie, der MI6 habe die Prinzessin auf Betreiben von Prinz Philip umgebracht. Zum Beispiel mit Hilfe blendender Blitze aus einem entsprechenden Gerät. Der Ehemann der Queen habe so verhindern wollen, dass die frühere Frau seines Sohnes Prinz Charles sich nun mit einem muslimischen Emporkömmling einlasse. Prinz Philip sei ein Nazi und Rassist, schließlich seien viele seiner Verwandten Deutsche.

Buckimham Palace will Gerüchten entgegen treten

Um diesen Tiraden etwas entgegenzusetzen, hatte auch der Buckingham Palace im Laufe der aktuellen Untersuchung bereits eine Tradition gebrochen. Das Königshaus legte dem Gericht persönliche Briefe der Prinzessin an ihren damaligen Schwiegervater vor. Daraus ging hervor, dass Diana offenbar eine gute Beziehung zu Philip hatte.

Die öffentliche Untersuchung hatte Mohamed al Fayed jahrelang gefordert, am Ende mit Erfolg. Das so genannte Diana-Inquest läuft nun seit vergangenem Herbst. Außer privaten Details über die Prinzessin und bislang unveröffentlichten Bildern aus der Todesnacht ist dabei noch nichts wirklich Neues herausgekommen. Jedenfalls nichts, das al Fayeds Vorwürfe stützen könnte.

„Es wird hier also behauptet, dass Prinz Philip in der Lage war, den MI6 operativ von Schloss Balmoral aus zu führen“, sagte der Vorsitzende Richter am Mittwoch zu Dearlove. Im Todesjahr Dianas war Dearlove noch nicht Chef des Geheimdienstes, das wurde er erst 1999 und blieb es bis zu seiner Pensionierung 2004. Aber als Angehöriger des Führungsstabes war Dearlove schon 1997 für die operative Arbeit zuständig.

Dearlove kein 007

Dearlove gab sich alle Mühe, den mit dem MI6 verbundenen James-Bond-Mythen entgegenzutreten. Der 63-Jährige wirkt auch so gar nicht wie Sean Connery, weder in dessen Zeit als 007-Darsteller, noch aktuell als in aller Männlichkeit ergrauter Hollywoodstar. Dearlove hat zwar auch einen silbernen Haarkranz zu bieten, ähnelt vom Äußeren her aber eher Michail Gorbatschow. „Ich glaube, dass die meisten Leute nicht wissen, wie der Geheimdienst funktioniert“, sagte Dearlove. Eine Lizenz zum Töten gebe es jedenfalls nicht. „Anschläge gehören nicht zum Repertoire meiner Organisation“, sagte Dearlove.

Dass eine solche Befragung risikoreich ist, musste Dearlove erkennen, als al Fayeds Anwalt Michael Mansfield das Wort ergriff. Bis dahin war es Dearloves Strategie gewesen, den MI6 als gut geführte und parlamentarisch kontrollierte Institution darzustellen, die ihre Mitarbeiter sorgsam auswählt.

Nun aber wurde der frühere Chef mit dem Fehlverhalten einiger dieser Mitarbeiter konfrontiert. Dearlove musste öffentlich darüber Auskunft geben, dass ein britischer Agent zur Zeit der blutigen Konflikte nach dem Zerfall Jugoslawiens die Idee eines Anschlags auf eine nicht genannte serbischen Führungsfigur entwickelte. „Das wurde sofort verworfen“, sagte Dearlove. Und es sei dabei auch nicht um Slobodan Milosevic gegangen, wie es ein andere ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter in einem Buch behauptet hatte.

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