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Der sonst von Touristen bevölkerte Platz des Himmlischen Friedens in Peking zeigt sich vor der Militärparade am Donnerstag menschenleer.

© dpa

Militärparade in China: Flugverbot für Pekings Tauben

Die Hauptstadt mit ihren 22 Millionen Einwohnern gleicht vor der größten Militärparade in Chinas Geschichte einer Geisterstadt.

Vor einigen Tagen hing an den Türen ausländischer Mieter im Pekinger Jiao-Daokou-Distrikt ein ungewöhnlicher Zettel. „Liebe Ausländer, wenn Sie in unserer Community wohnen, beachten Sie bitte das Folgende: Schalten Sie alle elektronischen Geräte aus, bevor Sie gehen.“ Auf dem Zettel sind weitere besorgte Hinweise zu finden: „Nicht im Bett oder auf dem Sofa rauchen! Zigarettenkippen im Aschenbecher ausdrücken!“ Damit bloß kein Feuer aus dem Jiao-Daokou-Distrikt die große Militärparade auf dem Platz des Himmlischen Friedens beeinträchtigt. Das aber steht nicht mehr auf dem Zettel.

Mit der größten Militärparade seiner Geschichte feiert China auf dem Platz des Himmlischen Friedens am heutigen Donnerstag den Sieg vor 70 Jahren im Zweiten Weltkrieg über Japan. Schon seit Tagen hat eine damit einhergehende Sicherheitsparanoia der Behörden die chinesische Hauptstadt fest im Griff. Peking hatte zuletzt derartige Sicherheitsvorkehrungen im Herbst 2012 anlässlich des 18. Parteitags der Kommunistischen Partei oder im Sommer 2008 bei den Olympischen Spielen erlebt. Wieder dürfen etwa Taubenzüchter ihre Tiere nicht mehr über den Altstadtgassen der Innenstadt fliegen lassen, weil sie die Flugshow der Militärjets beeinträchtigen könnten. Zuvor hatten Soldaten der Volksbefreiungsarmee Affen auf Bäume klettern lassen, um die Nester von Vögeln zu zerstören. Die Internetzensur wurde wieder einmal intensiviert, das Gebiet rund um den Tiananmenplatz gleicht einer menschenleeren Geisterstadt.

Mehr als 20 U-Bahn-Stationen sind von den Sicherheitskräften geschlossen worden

Viele Straßen und mehr als 20 U-Bahn-Stationen rund um den zentralen Tiananmenplatz sind von den Sicherheitskräften geschlossen worden. „Kommen Sie in dieser Ferienzeit nicht nach Peking“, sagt der Besitzer eines Kleinrestaurants in der Einkaufsstraße Wangfujing im Gespräch mit der „South China Morning Post“. Hotels und Unterkünfte seien ebenso verriegelt wie Restaurants. „Touristen könnten vielleicht außerhalb der vierten Ringstraße etwas zum Einkaufen oder zum Essen finden“, schlägt der Händler vor. Also weit außerhalb des Zentrums der Metropole mit rund 22 Millionen Einwohnern. Eine Händlerin im zentralen Dongsi-Distrikt klagt darüber, dass sie ihr Geschäft zwei Tage lang schließen müsse. „Ich habe Essen auf Vorrat gekauft und werde zwei Tage nichts anderes machen als fernsehen.“ Doch die Veranstaltung, der auch zahlreiche Staats- und Regierungschefs beiwohnen werden, hat auch positive Auswirkungen auf die Bürger.

Um im smoggeplagten Peking blauen Himmel und damit schöne Bilder zu garantieren, musste die Schwerindustrie in fünf angrenzenden Provinzen die Produktion einstellen. Mehr als 10 000 Fabriken schickten ihre Arbeiter in einen Zwangsurlaub, die Hälfte der Autos darf nicht fahren. Mit Erfolg, schon seit mehr als einer Woche wölbt sich der Himmel feinstaubfrei über der Stadt und trägt eine Farbe, die in den sozialen Medien nach dem chinesischen Regierungschef „Xi-Jinping-Blau“ genannt wird.

Die Parade soll Chinas militärische und politische Macht zur Schau stellen. Nicht nur 12 000 Soldaten marschieren dafür auf, auch rund 500 Panzereinheiten rollen am Tiananmen-Platz vorbei. Die Luftwaffe will mit 200 Bombern und Kampfflugzeugen den Platz überfliegen und neben zahlreichen Raketen soll sogar eine Atomrakete zu sehen sein. Mehr als 80 Prozent aller Waffen, die gezeigt werden, wurden noch nie öffentlich vorgeführt. Und damit das alles möglicherweise nicht missverstanden wird, hängen überall in der Stadt Banner, auf denen China als „Garant des Weltfriedens“ gepriesen wird.

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