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Panorama: Mit der Kraft von 100 000 PCs

In München steht Europas bester Rechner.

Garching - Eine Anspielung auf den durchwachsenen Fußball-Sommer mit Münchner Champions-League-Finale und EM kann sich Karl-Heinz Hoffmann nicht verkneifen. „Wir können in Deutschland, Bayern und in München noch gewinnen“, sagt der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften verschmitzt lächelnd. Und der Gewinner heißt: Super-Muc. Er ist Europas stärkster Computer, jetzt wurde er am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching bei München offiziell gestartet. Geplant und gebaut wurde das Gerät von IBM hauptsächlich in Böblingen bei Stuttgart.

Aber was heißt hier Gerät? Ein großer schwarzer Schrank reiht sich an den nächsten auf einer Etage des LRZ, 180 sind es insgesamt, darin wiederum befinden sich wie in Schubladen 10 000 Rechenapparate. Ein halbes Fußballfeld misst die Anlage, die Kühlung ist dabei noch nicht enthalten. Es gibt nur drei Leute, die den Schlüssel für diese Herzkammer haben. Super-Muc ist empfindlich, die Luft darf nicht verschmutzen, er erhält nur feinsten nochmals aufbereiteten Strom. Klaus Gottschalk, Systemarchitekt bei IBM, gehört zu dem Kernteam aus 20 Leuten, die am Super-Muc gebaut haben. „Die Anlage davor war genauso groß, hatte aber 50 Mal weniger Power“, sagt er in Garching im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Was Super-Computer leisten können, wird in „Flops“ angegeben, das sind Rechenschritte pro Sekunde. Der Super- Muc schafft davon drei Billiarden. Zum Vergleich: Man stelle sich vor, man könne mit einem Taschenrechner eine Million Rechenoperationen in der Sekunde ausführen. Tun dies drei Milliarden Menschen gleichzeitig in dieser einen Sekunde, so entspricht das der Leistung des Supersize-Rechners.

Doch wozu braucht man die 135 Millionen Euro teure Maschine mit der Kraft von mehr als 100 000 herkömmlichen PCs? Zum einen wird über das Garchinger Mathematik- und Informatikzentrum der gesamte Münchner Wissenschaftsbetrieb elektronisch laufen. Das beginnt mit den Daten der Staatsbibliothek und geht bis zu den Wetterwarte-Messungen. Zum anderen sind Computer dieser Dimension wichtig für große Forschungsvorhaben, denn mit ihnen lassen sich komplizierteste Entwicklungen simulieren. Das reicht vom ganz Äußersten bis hin zum Innersten. Das Gravitationsfeld der Erde lässt sich etwa berechnen, sagt Arndt Bode, Leiter des LRZ – was wichtig ist für die Klima- und Erdbebenforschung. Es können an Computermodellen leisere Flugzeugmodelle erstellt werden. Genauso aber kann man mit dem Rechner den komplexen Kreislauf des Blutes simulieren oder Lungenfunktionen. Weitere Top-Rechner gibt es in Stuttgart, im nordrhein-westfälischen Jülich und in Italien. Weltweit steht Super-Muc auf Platz vier, die besten Rechner befinden sich in den USA und in Japan.

Allerdings, das wissen alle beim Rechenzentrum und bei IBM: Super-Muc wird nicht alt werden. Denn ständig gibt es einen globalen Wettlauf um noch stärkere Computer. Alle vier bis fünf Jahre ersetzt an den Forschungszentren ein neuer, der ein Vielfaches mehr leistet, den alten. Und so gibt die Deutschlandchefin von IBM, Martine Koederitz, schon beim Start von Super-Muc die Vision für die Zukunft aus: „ein Super-Computer in der Größe eines Würfelzuckers“. Patrick Guyton

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