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Panorama: Mit Plastikkarten können sich die US-Touristen in den bayerischen Biergärten nichts kaufen

Die Reisegruppe aus Florida ist frustriert. Die erste Attraktion nach der Ankunft in München sollte ein Besuch im Biergarten sein, um die "typisch bayerische Gemütlichkeit" erleben zu können.

Die Reisegruppe aus Florida ist frustriert. Die erste Attraktion nach der Ankunft in München sollte ein Besuch im Biergarten sein, um die "typisch bayerische Gemütlichkeit" erleben zu können. Doch weder die berühmte "Maß Bier", noch dieim Reiseführer angepriesene "deftige Schweinshaxe" waren zu haben. Der Grund: Kreditkarten oder Dollars wurden an der Kasse nicht akzeptiert und etwas anderes hatten die amerikanischen Touristen nicht in der Tasche. Trotz mancher Widrigkeiten steht der Biergartenbesuch, seit Anfang des 19. Jahrhunderts eine spezifisch bayerische Eigenart der Freizeitgestaltung, beim internationalen Publikum hoch im Kurs.

Am Essensstand dominiert die Zeichensprache. Der Küchenchef hält eine riesige Schweinshaxe mit der Gabel über den Tresen, die amerikanische Touristin winkt mit bestürztem Blick ab und entscheidet sich für einen "Radi" (Rettich). Während das Bier in den schweren Maßkrügen bei den Touristen wahre Begeisterungsstürme entfacht, machen die kulinarischen Besonderheiten der bayerischen Küche den Besucher aus Übersee skeptisch. "Wir haben schon gehört, dass in Bayern Teile von Tieren gegessen werden, die wir nicht anrühren würden", sagt eine amerikanische Touristin.

"Die Münchner Biergärten sind weltweit bekannt", schwärmt Peter Neissendorfer, seit 20 Jahren Fremdenführer in München. Zumindest der "China Tower Biergarten", der Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten, finde in jedem Reiseführer Erwähnung. Allerdings würden die Chinesen sich stets "totlachen", wenn sie den exotischen Holzturm aus dem Jahr 1791 sehen: "Mit chinesischem Baustil scheint der Turm wenig zu tun zu haben."

Die Biergärten sind auf das internationale Publikum eingestellt. Im Augustiner-Keller, mit 5000 Sitzplätzen einer der größten Biergärten in der Münchner Innenstadt, werden die bayerischen Spezialitäten auf der Speisekarte ins Englische übersetzt: Mit "Pork knuckles" soll dem Besucher Appetit auf "Schweinshaxe" gemacht werden. Am Chinesischen Turm, laut Neissendorfer bekannt als Treffpunkt der "internationalen Jugend" sind Englisch-Kenntnisse der Bediensteten unabdingbar, sagt eine Kassiererin. Die meisten Japaner könnten allerdings in nahezu perfektem Deutsch "eine Maß Bier" bestellen.

Mit über 300 000 Besuchern im Jahr sind die Amerikaner die größte Touristengruppe, die Bayerns Hauptstadt besucht. Die "Gemütlichkeit" und die "ungezwungene Atmosphäre" unter Kastanienbäumen schätzen die Besucher aus Übersee in den 60 Münchner Biergärten. Als "Stadt des Barock und des Biers" werde das Urlaubsziel München angepriesen, sagt ein Tourist. "Den Barock haben wir ausgelassen und uns gleich dem Bier gewidmet". An der "verblüffenden" Tradition, nachmittags Bier zu trinken, könne er Gefallen finden.

Anette Jäger

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