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Gewinnerin Marcia Patmos hat sich stellvertretend für Amerika gegen alle anderen Kontinente durchgesetzt.

© Victor Chang

And the Winner is: America!: New York schlägt Berlin: Augustin Teboul haben den Woolmark Prize nicht gewonnen

Beim diesjährigen International Woolmark Prize ist das Berliner Label Augustin Teboul in der Kategorie Womenswear gegen Marken aus Indien und Mittlerer Osten, Amerika, Asien und Australien angetreten. Vor der China-Reise haben wir Augustin Teboul in ihrem Atelier besucht.

Letzte Woche im Atelier von Annelie Augustin und Odély Teboul war die Aufregung spürbar. Die Designerinnen waren gerade von ihrer Präsentation auf der Pariser Fashion Week zurück und steckten in den letzten Vorbereitungen für die Reise nach China. "Der Gedanke an den Preis setzt mich ganz schön unter Druck, ich habe sehr viel Respekt davor", sagt Odély Teboul. Annelie Augustin stimmt ihr zu: "Wir haben zwar schon einige Preise gewonnen, aber wir waren noch nie im Finale für so einen großen Preis." Der Woolmark Prize wird seit 1953 von dem australischen Wollherstellerverband vergeben, 1954 gewannen Karl Lagerfeld und Yves Saint Laurent jeweils einen Preis in unterschiedlichen Kategorien. In diesem Jahr gehörten die Berliner Designerinnen zwar zu den letzten fünf Finalisten, aber sie konnten sich mit ihrer Couture-Ästhetik ganz in Schwarz nicht gegen Marcia Patmos' sportive Tragbarkeit durchsetzen. Franca Sozzani von der italienischen und Angelica Cheung von der chinesischen Vogue, Designerin Victoria Beckham, Mytheresa-Einkäufer Justin O’Shea, Style.com-Kritiker Tim Blanks und weitere hochkarätige Juroren hatten sich für die Amerikanerin entschieden.

Schon der Sieg beim europäischen Vorentscheid hatte sich gelohnt

Schade, aber für Augustin Teboul sollte das zu verkraften sein. Schließlich gewinnen die beiden so gut wie jedes Jahr einen Modepreis. Außerdem sind sie in bester Gesellschaft: In den vergangenen Jahren haben bereits Designer wie J.W. Anderson, Parabal Gurung oder Joseph Altuzarra verloren. Heute werden die Designer zu den viel versprechendsten jungen Talenten gezählt. Auch vom Erfolg beim Vorentscheid zum International Woolmark Prize vergangenes Jahr, zehren Augustin Teboul noch heute. "Schon allein in Bezug auf unser Budget hat uns der Gewinn letztes Jahr sehr geholfen", sagt Odély Teboul, "Außerdem gab es viel internationale Presse und nicht zuletzt ist so ein Sieg natürlich auch eine große Motivation." Modisch brachte der Europa-Triumph die beiden auch weiter. "Die Teilnahme am Woolmark Prize war auch für unsere letzte Kollektion interessant. Man muss für die Woolmark-Kollektion viel mit Wolle arbeiten. Das haben wir in unserer letzten Kollektion weiter geführt und haben mehr mit Wolle gearbeitet als gewohnt. Wir konnten neue Kontakte zu Zulieferern und Fabrikanten aufbauen. So kam es auch zu dem ein oder anderen Sponsoring." Der Europa-Vorentscheid war mit 50.000 australischen Dollar dotiert, 34.500 Euro, beim Finale in Peking wäre das Doppelte zu holen gewesen. Außerdem wird die Gewinnerkollektionen bei international führenden Geschäften und Onlinehändlern angeboten.

Neuer Markt in Übersee

Augustin Teboul bauen ihre Marke aktuell international stark aus ‒ auch ohne Woolmark Prize. "Wir merken im Moment, dass wir auch kommerziell gesehen in den USA ganz gut Fuß fassen können. Uns führen mittlerweile tolle Boutiquen in Los Angeles und Chicago. Das ist für uns ein Markt, auf dem unsere Mode gut funktionieren könnte", sagt Annelie Augustin. Auch ihre Schauen beschränken die beiden längst nicht mehr auf die Berliner Fashion Week. Seit einigen Saisons zeigen Augustin Teboul auch in Paris, dieses mal ein paar Tage vor der Reise nach Peking. "Wir haben unsere Kollektion im Salon Pompadour des Hotel de Meurice gezeigt. Ein großer, pompöser, barocker Saal. In der Mitte des Raumes war eine Dinner-Installation aufgebaut. Die Models waren um den Tisch herum drapiert, in einer dekadent lasziven Szene. Die Tischdecke war halb vom Tisch gezogen, die Gläser umgefallen. Zwischendurch erwachten die Models zum Leben und liefen um den Tisch herum", beschreibt Annelie Augustin.

Augustin Teboul im Salon de Pompadour: Die Präsentation auf der Pariser Fashion Week.
Augustin Teboul im Salon de Pompadour: Die Präsentation auf der Pariser Fashion Week.

© Julien DeRosa

Zur Berliner Fashion Week gab es neben einer kleinen Präsentation im Kornprinzenpalais in Mitte eine Fotoausstellung. In beiden Städten zu zeigen, ist dem deutsch-französischen Duo wichtig. Ihre Mode nicht auf einem Laufsteg, sondern in Form einer Installation zu präsentieren, hat sich für Augustin Teboul ebenso bewährt. "Unsere Kleider selbst erzählen schon Geschichten, aber die stellen wir gern in unterschiedliche Kontexte. Dieses mal hat uns die Location sehr inspiriert. Die Dekadenz, die Nonchalance ist sowieso etwas, das zu uns gehört. Das wollten wir dem Raum entsprechend zuspitzen", sagt Odély Teboul. Außerdem gäbe eine Installation dem Publikum mehr Zeit, die Kleider in Ruhe zu betrachten. Beim Woolmark Prize mussten Augustin Teboul auf einem Laufsteg zeigen, schließlich sollten die Voraussetzungen für alle Teilnehmer gleich sein. Tatsächlich hat ihnen der Catwalk kein Glück gebracht.

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