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Backstage auf der Fashion Week: Wo das Herz einer Modenschau schlägt

Dutzende Modenschauen werden auf der diesjährigen Berliner Fashion Week gezeigt. Hinter den Kulissen, abseits von Blitzlichtgewitter und Hochglanz-Fotos, eröffnet sich dem Betrachter eine komplett verborgene Welt.

Roter Teppich, prominente Gäste und dutzende Models in Designerstücken, die über den Laufsteg schreiten: Das sind die ersten Assoziationen, die mit der Fashion Week in Berlin verbunden werden. Doch hinter den glamourösen Hochglanz-Bildern, die der Außenstehende zu sehen bekommt, erstreckt sich ein riesiger Apparat an Mitarbeitern, Organisation und Material. Eine 20- bis 30-minütige Show braucht zwischen 200 und 300 Mitarbeiter; darunter Models, mehrere Make-up Artists, Dresser (Anziehhilfen), Seater (Platzanweiser), Techniker, und natürlich der Backstage-Manager und seine Assistenten. Eine Liste, die sich noch weiter fortsetzen ließe. Während sich alle Augen auf den Laufsteg richten, arbeiten sie im Verborgenen.

Einen Blick hinter die Kulissen der Modewelt gewährte die Lifestyle-Marke camel active, die in ihrer Herbst/Winter-Kollektion 2013 erstmals nach 35 Jahren auch eine Kollektion für Frauen herausbringt. Für die Show suchte sich Art-Director Joseph Lim eine alte AEG-Produktionshalle in den Rathenau Hallen in Oberschöneweide aus. Der 49-Jährige indonesisch-taiwanischer Abstammung verrät im Vorfeld: "Unsere Shows sind generell komplett anders als die von anderen Modemarken, weil wir Menschen ansprechen wollen, die gerne in der Natur sind. Deshalb schminken wir zum Beispiel so gut wie gar nicht – außerdem gibt es im Backstage-Bereich weder ein Bügeleisen noch ein Bügelbrett."

Der Art Director ist für alle visuellen Eindrücke verantwortlich

Auf die Frage, seine wievielte Show die Präsentation der Herbst/Winter-Kollektion 2013 ist, weiß Joseph Lim, Art Director, keine Antwort. In seinen 26 Jahren Berufserfahrung sind dutzende Shows zusammengekommen, vor camel active hat er auch für die Marken Falke, René Lezard und Drykorn gearbeitet. Alle visuellen Entscheidungen liegen in seiner Hand: Er erstellt das gesamte Konzept der Show einschließlich Lichtdesign, Laufsteg und Auswahl der Models.

Seit September letzten Jahres arbeitet Lim bereits an dem Konzept. Mit der Show für die Herbst/Winterkollektion 2013 möchte er die Zuschauer ins Altai-Gebirge entführen, ein Hochgebirge, das im Grenzgebiet von Kasachstan, Russland, China und der Mongolei liegt. "Wir haben für jede Kollektion ein Reise- bzw. Wertethema", erklärt Lim und ergänzt: "Diesmal möchten wir die Geschichte der Eagle-Hunters erzählen. Ein Volk, das im Altai-Gebirge lebt und seit tausend Jahren mit Adlern jagt. Zwischen Tier und Mensch entsteht dabei eine enge Vertrauensbeziehung und die möchten wir mit unserer Kollektion transportieren." So spielt das Thema Jagd auch bei Material und Look der Stücke eine wichtige Rolle und es entstand auch das Motto der Show: Tracing Heritage (Aufspüren des Erbes).

Um die Weite des Gebirges dem Zuschauer nahe zu bringen, hätte er die Show ins Freie verlegen müssen, meint Lim, doch das sei im Winter kaum realisierbar. "So haben wir uns die größte in Berlin zu mietende Halle ausgesucht. 10 000 Quadratmeter Fläche hat die ehemalige Industriehalle", so der Art Director. Der Laufsteg ist imposant: 80 Meter lang und besteht ausschließlich aus Sand, insgesamt 1460 Quadratmeter  – mit ihm soll die Natur in die Halle gebracht werden. Nichts wird dem Zufall überlassen: Auch die Laufstrecke wird im Vorfeld berechnet: 15 Sekunden braucht jedes Model für die 80 Meter. Nur Adler und Eule, die in die Show integriert sind, "liegen nicht in unserer Kontrolle", so Lim. Trotzdem zeigt er sich vor der Show entspannt, seine Hauptaufgabe ist am Show-Tag das "Drüberschauen und Abnicken". Insgesamt sind um die Show herum 300 Personen im Einsatz, von Freitag bis zur Show am Mittwoch mit 700 Gästen wird durchgehend in der Halle gearbeitet. "Im Backstage-Bereich sind natürlich viele Leute, die heute sehr viel Stress haben", meint der Art Director. Einer von ihnen ist der Backstage-Manager.

Der "Head of Backstage" muss den Überblick bewahren

Bei 90 Models (60 Männer, 30 Frauen), mehr als 1000 Kleidungsstücken und einem straffen Zeitplan muss er den Überblick behalten: Alexs Varjao, der Head of Backstage. Er organisiert alles, was sich hinter der Bühne befindet. Sein Refugium in der alten Industriehalle ist ein großes, weißes Zelt in dem sich dutzende Kleiderständer mit den vorbereiteten und sortierten Outfits befinden, eine kleine Make-up-Ecke und ein Sitzbereich für die Models. Die Frage, die dem 37-Jährigen am Show-Tag am häufigsten gestellt wird: "Wo ist das Model?" Fehlt eines, verzögern sich Fitting (Anprobe) und Probeläufe. Doch seine 18-jährige Erfahrung im Mode-Business lässt ihn ruhig wirken, seine Anspannung merkt man ihm kaum an. Für ihn wäre wohl der größte Fehler, der eintreten könnte, dass beim Lauf zwischen zwei Models eine zu große Lücke entsteht. Aber in all den Jahren ist bei ihm noch nie etwas schief gelaufen, versichert Varjao. "Das wichtigste bei so einer Show ist ein gutes Team, dass hinter dir steht", so der gebürtige Spanier und meint anschließend: "Der Backstage-Bereich ist das Herz der Show."

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