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Das Label Blænk: Haute Couture im Plattenbau

Mit Blænk gibt es in Berlin endlich ein Label, das sich ganz der hohen Kunst der Mode verschrieben hat.

Rundlich modellierte Kinderbeine aus Gips, eine kurze Trenchcoatjacke aus einer weißen Spitzengardine – das sind nur ein paar der vielen Details, die Silke Geib und Nadine Möllenkamp in ihre Entwürfe eingearbeitet haben. Vor anderthalb Jahren haben sie ihr Label Blænk gegründet, das bedeutet phonetisch so viel wie etwas Unbekanntes, Neues. Und genau das sind ihre Entwürfe.

Wenn man das liest, klingt es wie die typische lustige Berliner Bastelei. Wenn man es sieht, ist es sofort als etwas völlig anderes zu erkennen, nämlich Pariser Haute Couture. Um die Verwirrung komplett zu machen, hat sich Silke Geib auch noch in Berlin in einer typischen Jungdesignerkulisse niedergelassen.

Durch das riesige Fenster ihres Ateliers in der Klosterstraße schaut sie auf den Balkon des Regierenden Bürgermeisters. In dem etwas vernachlässigten Gebäude aus den Sechzigern war die Telekom untergebracht, bevor die Räume an Kreative aller Art vermietet wurden. Deshalb gibt es auch unten nur eine Klingel für alle. Die Flure sind mit weichem DDR-PVC ausgelegt, die Treppenhäuser unsaniert. Es gibt ihn noch, den längst verloren geglaubten kreativen Aufbruch der neunziger Jahre!

Drückt man die Plasteklinke an der Tür zum Atelier herunter, steht man vor Kleidern, die nichts mit Improvisation zu tun haben. Die Kinderbeine zieren ein Top aus Kaninchenfell über einem bodenlangen Kleid, das aus alten und neuen Stoffen zusammengesetzt ist. „Es gibt so viele alte Kleidungsstücke aus fantastischen Stoffen, es wäre schade, wenn man sie nicht nutzt“, sagt Silke Geib. Bei Blænk geschieht das Recyceln so subtil, dass es fast unmöglich ist zu erkennen, welche Stoffbahn mal eine Gardine war und welche aus kostbarer neuer Seide ist.

Vielleicht braucht die 39-Jährige dieses Berlingefühl für ihren Neuanfang als Designerin ihres eigenen Labels. Fast ist es so, als würde sie ihre Jugend nachholen. Wenn sie in ihren zauberhaften Modeskizzen auf die verbindende Idee hinweist und dabei verlegen lacht, merkt man, dass sie noch nicht lange ihre eigenen Sachen erklären muss. Das haben bisher andere getan, denn Silke Geib hat mehr als zehn Jahre für Designer wie Martin Margiela in Paris und Viktor & Rolf in Amsterdam gearbeitet. Dort hat sie auch Nadine Möllenkamp kennengelernt, die dort immer noch lebt. Nach Berlin kommt sie regelmäßig, um an den Entwürfen für Blænk zu arbeiten.

Silke Geib ist jetzt gleich zwei Mal Unternehmerin: für ihr Modelabel und für ihre Schule „About Fashion“. Dort bietet sie Orientierungsseminare und Berufsberatung für Schüler und Studierende an. Sie weiß genug über Mode, um jungen Menschen zu erzählen, was man in der Modewelt werden kann.

Sie weiß aber auch genug, um dieser Welt ihre Vorstellung von Kleidern zu zeigen. Das war schon nach der ersten Kollektion klar, die gleichzeitig modern ist und die filigranen Ansprüche der Haute Couture erfüllt. das sieht man gut an einem matt dunkelgrauen Kleid mit tiefem Rückenausschnitt und einer Verbindung zwischen Vorder- und Rückenteil, auf der Schulter aus Plexiglas moduliert. Neben den aufwendigen Kleidern, Jacken und Mänteln gibt es auch einfache Stücke wie eine kleine Shorts aus Seide.

Ganz selbstverständlich waren die Designerinnen davon ausgegangen: Unsere Sachen gehören nach Paris – zu aufwendig, zu kostspielig für Berlin. Die Reaktionen auf ihre erste Kollektion haben sie überrascht – und sie überzeugt, nicht nur auf Paris zu setzen: „Die Leute konnten unsere Kreationen nicht wirklich einordnen. Viele sagten: So etwas haben wir in Berlin noch nicht gesehen.“ Und das war absolut positiv gemeint.

So zeigten sie im Juli ihre zweite Kollektion zuallererst auf der Berliner Fashion Week und gewannen fast nebenbei den mit 25 000 Euro dotierten wichtigsten Berliner Modepreis „Start your Fashion Business“ des Berliner Senats.

Das Geld wollen sie nutzen, um ihr Label auf eine solide Basis zu stellen. Denn auch wenn Silke Geib ihre Arbeit für die international beachteten Designer viel Spaß gemacht hat: „Das Lob haben immer andere bekommen.“ Das dürfte sich für sie und Nadine Möllenkamp jetzt ändern.

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