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Gesellschaft: Dauerbrenner

Die meisten Männer wollen nicht ständig Kleidung kaufen gehen. Mittlerweile sind viele bereit, für Qualität mehr Geld auszugeben.

Yasar Ceviker entwirft Kleidung für Männer, die auch viele Frauen gut finden. Zusammen mit seiner Freundin gründete er 2009 in München das Label „A Kind Of Guise“, das mittlerweile zu einem Kollektiv angewachsen ist. Zur Menswear kamen 2010 erste Damenteile, die schnell vergriffen waren. Alles war sehr lässig geschnitten, die Hosen erinnerten an Anzughosen für Männer, Jacken und Pullis hätten aus dem Schrank des Freundes oder großen Bruders stammen können. Immer wieder fragen seitdem Frauen bei Ceviker und seinem Team an, wann es eine Neuauflage gibt. Sie soll nun im nächsten Herbst folgen.

Es gibt gute Gründe, warum Frauen manchmal neidvoll auf Männermode blicken: Kleidungsstücke, Schuhe und Accessoires sind oft besser verarbeitet. Selbst günstige Teile strahlen meistens eine gewisse Langlebigkeit aus. Männer kleiden sich schließlich nicht ständig neu ein, und das erwartet auch niemand von ihnen.

Diese Zeitlosigkeit erreicht A Kind Of Guise mit klassischen Schnitten und hochwertigen Stoffen aus Japan, Deutschland und Italien. Alles wird in kleinen Manufakturen in Deutschland produziert und ist nur in kleinen Auflagen erhältlich. Die Preise halten sich trotzdem in Grenzen, T-Shirts gibt es ab 45 Euro, Hemden ab 155. „Das ist vielleicht nicht so wirtschaftlich,“ gibt Ceviker zu, „aber unsere Sachen sollen weiterhin für unsere Zielgruppe erschwinglich bleiben.”

Die Zielgruppe sieht Ceviker zunächst im eigenen Umfeld: „Wir machen Mode für uns und unsere Freunde.“ Die Lookbooks von A Kind of Guise zeigen charakterstarke Jungs aus dem Bekanntenkreis der Designer, ebenso viele der Videos, die sie zu jeder Kollektion drehen. In ihrem neusten Film sind es jedoch vier sportliche Senioren, die in den Hemden des Labels Tischtennis spielen – so ziemlich das Gegenteil der jungen, asketischen Models. Aber umso sympathischer.

Diese visuellen Konzepte stammen weitgehend von Ceviker selbst. Ihnen verdankt das Label einen großen Teil seiner authentischen und bodenständigen Erscheinung. Schnell schaffte es die Truppe, auf diesem Weg die richtigen Leute zu überzeugen. Dazu gehört Herbert Hofmann, Kreativdirektor und Einkäufer des Voo Stores. Für den Laden im Kreuzberger Hinterhof hat er die Specials des Labels ausgesucht; zum Beispiel die „Kilim“-Beutel, handgefertigte Seesäcke aus alten orientalischen Teppichen. Ceviker brachte sie von einer Reise durch den Mittleren Osten mit.

Solche Details passen gut in das Konzept von Voo, findet Hofmann: „Wir führen zwar viele Basics, die aber immer was Besonderes haben, zu denen es eine Geschichte gibt.“ In Kooperation mit Voo bringt A Kind of Guise nun eine Taschenkollektion heraus, die am Donnerstag Abend im Laden vorgestellt wird.

Das Sortiment des Voo Stores umfasst neben jungen Designern Produkte von Traditionsbetrieben, wie Rucksäcke von Essl oder Füller von Kaweco. Viele Männer, die dort einkaufen, kommen wegen der Auswahl an Sneakers. „Da geht es vielen so wie mir: Ich würde mir lieber schöne Lederschuhe kaufen, finde aber keine, die mir gefallen und kaufe dann doch wieder Sneakers.“

Den Stil seiner Kunden beschreibt Hoffman als schlicht und zeitlos, aber aufgewertet mit einem einzelnen außergewöhnlichen Element: „Es sind nur wenige, die sich unglaublich extravagant kleiden und ausschließlich die ausgeflippten Teile bei uns kaufen.“ Männer sind seiner Beobachtung nach bereit, mehr Geld für hochwertige Kleidung auszugeben, achten dabei aber verstärkt auf Materialien und Verarbeitung: „Sie wollen dann schon genau wissen, ob der Preis gerechtfertigt ist.“

Dieses Kaufverhalten bestätigt auch Lena Krampf. Zusammen mit Ida Steixner führt die Designerin in Wien das Label Meshit. „Unsere Kunden tragen auch H&M, leisten sich dazu aber teurere Teile. Da muss dann allerdings alles stimmen.“ Dem Anspruch an hohe Qualität werden Krampf und Steixner durch die Produktion in Ungarn gerecht. Den Preis, den persönlichen Kontakt und die Arbeitsbedingungen überzeugen sie.“ Sie verwenden natürliche Materialien wie Baumwolle und Seide. Auf Bio wollen sie jedoch nicht umstellen: „Biostoffe sind sehr schwer zu bekommen in der Qualität, die wir uns vorstellen. Dann müssten wir deutlich mit dem Preis nach oben gehen.“ Der Schwerpunkt von Meshit liegt auf Damenbekleidung, die durch einige Herrenteile ergänzt werden. Diese haben für Krampf einen besonderen Stellenwert: „Sie vollenden für uns die Kollektion”, sagt die junge Österreicherin. Oft sind es Abwandlungen der Damenschnitte, so dass es wirkt, als seien die Kleider unisex. Die Mode der Neunziger, in denen Designer wie Jil Sander und Calvin Klein mit androgynen Schnitten und Models irritierten, ist bei Meshit ein wichtiger Bezugspunkt.

Heute geht es jungen Modemachern wie Krampf und Ceviker nicht mehr um einen Aufschrei in der Modewelt, wenn sie mit ihren Kleidern die Grenzen zwischen den Geschlechtern übertreten. Männer- und Frauenmode nähern sich einander an, doch auf eine Weise, die beiden Richtungen gut tut. Männer haben erkannt, dass es sich lohnt, für die richtige Kleidung etwas mehr Geld auszugeben. Im Gegenzug dürfte langsam auch den Frauen die Dauerhaftigkeit in der Mode vergönnt sein, die Männer zu schätzen gelernt haben.

akindofguise.com, www.meshit.at,

Voo Store, Oranienstr. 24 (Kreuzberg)

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