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Fashion Week Berlin: Designer für Männermode sind in Aufbruchstimmung

Es gibt immer mehr Meanswear auf der Fashion Week: Dabei zeigen die Designer zwar einen starken Mann. In der Modewelt muss er sich seinen Platz trotzdem noch erkämpfen.

Klassische Herrenanzüge sind immer wieder ein Thema für Ivan Mandzukic. Schnörkellos ist seine Männermode, mit einer klaren Handschrift. „Ein weißes Hemd muss immer in der Kollektion dabei sein“, sagt der Designer. Die Präsentation seines Labels Ivanman war der Auftakt zu einer Woche mit so viel Männermode wie noch nie: Bei fast einem Drittel der Schauen am Brandenburger Tor ist in diesem Jahr Männermode zu sehen.

Meistens im kleineren Raum des Zelts, damit bleibt der große Auftritt auf dem Laufsteg weiterhin den Frauen vorbehalten. Doch das Selbstverständnis der Menswear und ihr Stellenwert auf der Fashion Week wandelt sich gerade spürbar.

Ivanman ist seit letztem Sommer erwachsener geworden. Statt blassgesichtiger Teenager standen da toughe junge Männer auf den Podesten und strahlten in den Outfits den Charme verwegener Kunststudenten aus. Mandzukic ist wichtig, dass man seine Looks flexibel umstylen kann. Er will den Bedürfnissen seiner Käufer gerecht werden. „Die Sachen sollen sich natürlich verkaufen“, sagt er. Aber nicht alles muss kommerziell sein: Für die Schau wickelte der Esmod-Absolvent den Models blaue Klettbänder um den Hals, als Kontrast zu den vielen Auberginen- und Himbeertönen der Entwürfe. Auch ein Hingucker: ein rötlicher Mohairpullover, so fein gestrickt, dass er leicht transparent ist. Den gibt es auch in Schwarz, für Männer mit weniger Mut zur Farbe.

Einladung von Giorgio Armani nach Mailand

Alles andere als Schwarz findet man dagegen bei Julian Zigerli. „Farben sind mir sehr wichtig“, sagt der Schweizer, der an der Berliner Universität der Künste (UdK) studiert hat. Statt Schwarz nimmt er lieber ein sehr dunkles Braun oder bricht die Farbfläche durch eine Netzstruktur auf. Zigerli kommt gerade aus Mailand.

Der italienische Modeschöpfer Giorgio Armani hatte ihn eingeladen, seine Entwürfe im Armani Teatro während der Mailänder Fashion Week zu zeigen. Unter den vielen Kollektionen voller Herrenanzüge in klassischer Passform fiel Zigerli auf: In Hausschuhen mit Glitzerlogo schickte er die Models über den Laufsteg, hier eine muskelbepackte Brust unter dem halb offenen Friesennerz, dort lässig die Hände in den Hosentaschen eines abstrakt gemusterten Jogginganzugs.

In Berlin lud Zigerli in ein altes Stummfilmkino. Während sich die Models auf der Bühne langsam aus- und wieder anzogen, trug eine Schauspielerin einen Text vor und ein Musiker spielte live. Solche Performances bleiben in Erinnerung. „Mein Eindruck ist, dass meine Mode in Berlin sehr erwünscht ist“, sagt Zigerli.

Die Kollektionen von dyn und Mads Dinesen

Die Tendenz, dass Designer heute weitergehen können und sollen, bestätigt Frida Homann, die mit ihrem Label dyn heute das erste Mal im Zelt am Brandenburger Tor zeigt. „Die verrücktesten Teile verkaufen sich immer am besten“, so die Erfahrung der Designerin. Ihre Entwürfe werden oft als avantgardistisch bezeichnet, dabei findet sie sie selbst sehr alltagstauglich. Ihre Zielgruppe bezeichnet sie als „modeaffine Männer, die junge Labels im Blick haben und darauf warten, dass etwas Neues kommt.“

Eine Altersgrenze sieht sie da nicht: „Im Kern sind die Käufer zwischen 25 und 35, aber gerade die Anzüge können auch von Älteren getragen werden.“ Für das Lookbook zu ihrer letzten Kollektion wählte Homann ein Model mit sehr weiblichen Zügen. Jetzt will sie aber markantere Gesichter zeigen. „Die Models müssen außerdem sehr groß sein, damit sie die Entwürfe richtig ausfüllen“, sagt sie. Homann orientierte sich am Studio 54, herausgekommen ist eine glamouröse Garderobe, unter anderem aus Samt, Leder und Fell. Sehr eng sollen die Anzüge anliegen, „fast wie eine Rüstung“, wie sie sagt.

Menswear-Designer sind auf dem Boden geblieben

Von den Outfits von Demonstranten ließ sich Mads Dinesen inspirieren, der heute im Zelt zeigt. Zu schwarzen Kapuzenpullovern voller Aufnäher und Stickereien kommen Ethno-Elemente wie eine Kette aus Taubenfedern. Eine „spirituelle Ebene“ will er dadurch in seine Kollektionen bringen.

Wie Zigerli UdK-Absolvent, bekam schon seine Abschlusskollektion große Aufmerksamkeit und wird gerade im Centraal Museum in Utrecht ausgestellt, neben Maison Martin Margiela und Issey Miyake. „Basics zu entwerfen, fällt mir schwer“, sagt der Däne, der als ein Hoffnungsträger der Berliner Menswear-Avantgarde gilt. Aber er sagt auch: „Ich mache das ja nicht aus Spaß. Das soll schon jemand tragen.“

Die Menswear-Designer sind auf dem Boden geblieben. Der Mann, den sie 2014 präsentieren, ist stark, unabhängig, hat einen eigenen Stil. Auch wenn anderswo über die Einführung von Männerquoten und Männerbeauftragten diskutiert wird: In der Berliner Mode erkämpfen sich die Männer gerade ihren Platz.

Regina Lechner

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