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Die Laufen und Laufen. Die Form wechselt, und nur noch zwei Paar sind aktuelle bei der Fußball-WM.

© Reuters

Fashion Week - Plastikhuf mit Käselöchern: Nicht ohne meine Latschen

Unter Crocs und Flip-Flops kann sich jeder etwas vorstellen. Das macht es schwierig, neue Modelle unters Volk zu bringen

Kaum ein Schuh erregt die Gemüter so sehr wie der Croc. Wer ihn trägt, sieht aus, als habe er einen Plastikhuf mit Käselöchern an. Trotzdem oder gerade deswegen wurde er zum Verkaufsschlager. Das New York Magazine wählte ihn auf den ersten Platz seiner Liste der hässlichsten Schuhe. Im Internet gibt es Videos, in denen Crocs-Hasser die Schuhe verbrannten. Dafür haben Michelle Obama und Jarad Leto sie getragen. Die Fans schwören auf den Schaumharz Croslite, der den Croc leicht und geruchsresistent macht.

Alle kennen den Croc und haben eine Meinung dazu. Aber nur wenige wissen, dass die Firma Crocs, die ihn 2002 auf den Markt brachte, auch andere Schuhe macht – in insgesamt über 300 unterschiedlichen Designs. „Wenn die Marke so stark mit einen Produkt verknüpft ist, ist es gleichzeitig gut und schlecht“, sagt Megan Welch, die Marketing-Leiterin von Crocs. Gut ist es wegen der Bekanntheit des Crocs. Schlecht, weil sie alles andere überstrahlt. Viel lieber als über den bekannten Croc würde Welch über die anderen Modelle am Crocs-Stand auf der Bread and Butter reden. Auch diese Schuhe haben eine Sohle aus Croslite. Auch sie sind vor allen Dingen eins: praktisch. Boot-Schuhe mit Löchern, damit das Wasser abfließen kann. Oder die „Fit2You“-Serie – Schuhe aus Stretch-Segeltuch, mit einer Sohle, die so dehnbar ist, dass man den Schuh zusammenklappen kann.

2002 hatte Crocs außer dem Klassiker nur ein weiteres Modell im Sortiment. 2005 waren es gerade mal fünf. 2006 ging Crocs an die Börse, mit dem höchsten erstmaligen Angebot für Aktien in der Schuhgeschichte. Nur wenig später machte das Unternehmen Verluste und musste 2000 Mitarbeiter entlassen. Der Markt für den Plastikhuf war gesättigt. Neue Ideen mussten her. Die neuen Crocs-Modelle sind wesentlich ansehnlicher, auf einem Laufsteg würde man sie trotzdem nie vermuten. „Unsere Stärke ist, dass man sich in unseren Schuhen frei bewegen kann“, sagt Welch. Die Hälfte der Umsätze werde zwar immer noch mit dem Croc macht. „Aber wir wollen zeigen, dass wir mehr können als diesen lustigen Schuh.“

Beim brasilianischen Label Havaianas spricht man hingegen gern über den Ur-Flip-Flop aus dem Jahr 1962: weiße Sohle, bunter Zehenriemen. 32 Jahre lang gab es nur diese eine Modell, erhältlich in vier verschiedenen Farben. Mehr war auch nicht nötig: Der Flip-Flop verkaufte sich gut, weil er praktisch und schön war. Außerdem hielt er über mehrere Jahre. Genau das wurde zum Problem, das übrigens auch Crocs bekannt sein dürfte: Wenn ein Schuh nicht kaputtgeht, braucht man keinen neuen. Ende der Achtziger fingen die Umsätze an zu sinken. Havaianas reagierte mit neuen Modellen: 1994 mit monochromen Flip-Flops, zum World Cup 1998 mit Farben der brasilianischen Flagge. Schlanke Frauen-Flip- Flops folgten, bedruckte Sohlen, Riemen mit Swarovski-Kristallen und Nieten. Heute gibt es über 120 verschiedene Flip-Flop-Grundmodelle, die in verschiedenen Farben erhältlich sind.

Seit 2007 expandiert Havaianas auf den internationalen Markt. „Wir haben ein jährliches Wachstum von 25 bis 30 Prozent in Europa“, sagt Carla Schmitzberger, Präsidentin von Havaianas und wahrscheinlich die einzige Geschäftsführerin der Welt, die regelmäßig in Flip-Flops ins Büro kommt. Der europäische Markt sei kleiner als der brasilianische, schon allein wegen des Klimas.

Sie hofft, dass sich einige brasilianische Gewohnheiten auch in Deutschland durchsetzen: „Bei uns trägt man Flip-Flops als Hausschuhe“, erzählt sie. „Die schickeren Modelle auch am Silvester zum Abendkleid – weil Brasilianer den Beginn des neuen Jahres am Strand feiern.“ Der Flip-Flop allein reicht aber nicht mehr aus. Seit 2010 macht Havaianas auch Gummistiefel und Espadrilles. Seit Mai diesen Sommers gibt es in Brasilien auch eine Bekleidungslinie. „Flip-Flops machen immer noch 98 Prozent es Umsatzes aus“, sagt Schmitzberger, „aber sich zu entwickeln, ist Pflicht.“

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