zum Hauptinhalt
Die Kleidung von Scotch & Soda ist immer reich verziert - auch die für Männer.

© promo

Mode aus Amsterdam: Die wollen nur spielen

Das niederländische Label Scotch & Soda verziert auf Teufel komm raus – und trifft damit einen Massengeschmack, vor allem in Deutschland. In Berlin haben sie ein Jeansprojekt vorgestellt.

Ab dem 17. Jahrhundert versuchten Alchimisten, aus wertlosen Metallen Gold und Silber herzustellen. Die Designer vom niederländischen Label Scotch & Soda pflegen ein ähnliches Verhältnis zu ihrem Lieblingsstoff Jeans. Die Holländer arbeiten gern damit, weil man ihn immer weiter und vor allem individuell verändern kann. Ihr aktuelles Projekt „Alchemy Blues“ folgt dem alchemistischen Grundsatz, aus etwas Einfachem etwas Wertvolles zu machen. Scotch & Soda hat seit seiner Gründung im Jahr 1985 eine erstaunliche Wandlung durchlaufen. Aus dem einst uncoolen Label für Männer ist dank neuer Besitzer und der Neueinführung im Jahr 2001 ein ansehnliches Unternehmen geworden, das inzwischen Frauen-, Kinder- und Jeansmode verkauft. Man kann sagen, dass sie ihren Umsatz in den letzten Jahren auf über 100 Millionen Euro fast verhundertfacht haben. Die Neuerfindung gelang so gründlich, dass man sich fragt, warum die drei neuen Besitzer Joep Krouwels, Erik Bijlsma und Patrick Munsters überhaupt die Marke übernahmen, die in den neunziger Jahren nur noch vor sich hindümpelte. So dauerte es auch mehrere Saisons, bis die neuen Inhaber Karl-Heinz Müller von der Bread and Butter davon überzeugt hatten, dass sie nicht mehr nur unambitionierte Sportswear anbieten wollten, sondern etwas sehr viel Anspruchsvolleres.

Kein Kleidungsstück ohne verspielte Details

Und so kann man den Stil von Scotch & Soda getrost nennen: kein Kleidungsstück ohne mindestens ein verspieltes Detail. Blusen sind bunt bestickt, am Ausschnitt mit Troddeln versehen, kleine Kupfermünzen verzieren die Seitennaht einer Hose, der Saum eines Pullovers ist mit Pailletten betupft. Diese Dekorationswut macht auch vor der Kleidung der Männer nicht halt.

Dass das Ganze nicht völlig überladen wirkt, liegt an den oft recht sportiven Schnitten und Materialien. Der Wiedererkennungswert ist bemerkenswert und sicherlich einer der Gründe, warum es Scotch & Soda inzwischen in mehr als 7000 Geschäften zu kaufen gibt. Ein anderer Grund ist, dass das, was sich auf den ersten Blick sehr jugendlich ausnimmt, sehr gut geeignet ist, auch die Garderobe einer erstaunlich breiten – und durchaus erwachsenen – Zielgruppe aufzufrischen. Zu einem der neueren Geschäftszweige gehört die Jeanslinie Amsterdam Blauw, die für Scotch & Soda erstaunlich zurückhaltend ausfällt. Hochwertig soll es sein, das soll auch das „Alchemy-Blues-Projekt“ zeigen, das in einer kleinen Galerie in der Torstraße vorgestellt wurde. Der Spieltrieb kam natürlich trotzdem durch. Die vier Hausdesigner entwarfen Jeansjacken nach ihren eigenen Stilen. Am Ende entstand eine gemeinsame Jacke, die in einer limitierten Auflage von 250 Stück verkauft wird. Auf der Gemeinschaftsjacke tummeln sich Bienen, Schreibfedern, Dreiecke und Totenköpfe zwischen Schriftzügen. „Wir wollten mit dem Projekt nach Berlin kommen, weil Deutschland ein wichtiger Markt für uns ist. Die Jacken gibt es sonst in keiner anderen Stadt zu sehen. Außerdem haben wir seit Jahren ein gutes Verhältnis zu Karl-Heinz Müller und dadurch ein besonderes Verhältnis zu Berlin“, sagt Brandmanager Alex Jaspers. Seit drei Jahren gibt es auch eine Beteiligung der amerikanischen Firma Kellwood, die die Niederländer über Europa hinaus bekannt machen soll, so zumindest der Plan.

Ihren Stand auf der Bread & Butter riegeln sie hermetisch ab

Will man den Stand auf der Messe besuchen, geht in den Hallen des Tempelhofer Flughafens gar nichts ohne Termin. Hermetisch abgeschirmt achten die Angestellten vor dem imposanten Messestand ganz genau darauf, wer auf der Terminliste steht und reindarf. Scotch & Soda kann sich diese für diese Messe eher ungewöhnliche Arroganz leisten: Die für Jeanshersteller wichtige Modemesse hat einen großen Anteil daran, dass der Umsatz und die Bekanntheit von Scotch & Soda stetig wächst. Vor allem in Deutschland kommen die Kollektionen gut an, in Berlin gibt es schon seit ein paar Jahren einen Laden in der Münzstraße, er war einer der ersten außerhalb von Holland.

Von den großen Businessplänen unbehelligt arbeiten die vier Designer im Scotch-&-Soda-Hauptquartier in einer großen Kirche, mitten in Amsterdam. Früher gehörte der alte Kirchenbau einem Architekturbüro, deswegen sieht es im Inneren auch modern und hell aus. Die Verbindung von Alt und Neu ist auch die Leidenschaft von Designer Daniel Lescot: „Ich komme gerade aus Los Angeles zurück, da habe ich mit Rio Oosterbeek, dem viertem Designer, amerikanischen Vintage-Stil recherchiert“, erzählt er. Als Designer eines großen Jeanslabels ist er immer auf der Suche nach Gegenständen, die ihn zu neuen Kollektionen inspirieren. Auf solchen Recherchereisen darf übrigens fast alles gekauft werden. Alte Hemden, Teppiche, Straßenschilder, Vasen und laut Sabine Voorderhake sogar ein Auto – „solange man das nur vor dem Chef gut begründen kann“.

Die handbemalte Jeansjacke gibt es für rund 350 Euro auf scotch-soda.com

Lisa Kober

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false