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"Frauen und Kleider" erscheint im S. Fischer-Verlag.

© S. Fischer

Modische Buchvorstellung: "Frauen und Kleider" wird in Berlin präsentiert

Es gibt nur modische Trivialliteratur oder schwere kulturanthropologische Kost. Oder nicht? Das Buch "Frauen und Kleider" will eine Lücke füllen.

Mit modischer Literatur ist das so eine Sache. Es gibt nur Schwarz oder Weiß. Unmengen an Mode-Büchern widmen sich der leichten Kost: Wie Wolfgang Joops "Dresscode", in dem sich der Modedesigner zwar durchaus amüsant, aber doch recht oberflächlich über den Stil von zwölf Stilikonen auslässt. Oder natürlich "Der Teufel trägt Prada", Lauren Weisbergers Bestseller, der die Arbeit bei einem Modemagazin zum zynischen Horrorszenario persifliert. Und dann gibt es da noch wahre Sternstunden, wie Ingrid Loscheks "Wann ist Mode?", das systematische Zusammenhänge von Mode und Trends verständlich und umfassend beschreibt, oder Barbara Vinkens "Angezogen", das in der Mode ebenfalls ein "differenziertes Zeichensystem im historischen Wandel" erkennt. Und zwischen dem trivialen Geplänkel über Glamour und Garderobe und den kulturanthropologischen Forschungsergebnissen um Zeichen und Zusammenhänge? Da gibt es nicht viel.

Sheila Heti sieht das ähnlich. Als die Journalistin beschließt, sich intensiver mit der Mode auseinander zu setzen, steht sie erst einmal vor einem großen Nichts. Ihr fehlte ein Buch, das umschreibt, was Frauen denken, "wenn sie Kleider kaufen und sich anziehen". So etwas gab es noch nicht. "Es gab Bücher über Audrey Hepburn und Bücher mit Fotos aus der Vogue, aber nichts, was mir irgendwie hilfreich vorkam", schreibt sie in der Einleitung für ihr ganz eigenes Modebuch. "Frauen und Kleider – was wir tragen, was wir sind" soll eben das bieten, was Heti damals gesucht hatte: Eine umfassende Untersuchung der Beziehung zwischen Konsumentin und Kleidung. Gemeinsam mit Autorin und Illustratorin Leanne Shapton und Schriftstellerin Heidi Julavits realisierte sie das Projekt. In den USA wurde der rund 450 Seiten starke Mode-Schinken zum New York Times-Bestseller, jetzt erscheint das Buch auch bei uns und wird am Donnerstag in Berlin vorgestellt.

Intensive Mode-Gespräche und BHs als Kunstsammlung

Das hübsch gestaltete Handbuch beleuchtet "Frauen und Kleider" aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln und gibt sich als kurzweilige Feldforschung auf dem Gebiet der Bekleidung und des Begehrens. Zu Wort kommen rund 560 Mode begeisterte Frauen, die vorab alle einen umfangreichen Fragebogen beantwortet hatten. "Was versuchst du zu erreichen, wenn du dich anziehst?", "Gab es einen Punkt in deinem Leben, an dem du deinen Kleidungsstil dramatisch verändert hast?", "Drückst du mit deinem Kleidungsstil deine politischen Ansichten aus?", "Was findest du hässlich?" nur einige Fragen des Bogens, der abgedruckt im Buch ganze zweieinhalb Seiten in Anspruch nimmt. "Frauen und Kleider" geht aber weit über eine bloße Frage und Antwort-Runde hinaus: In ganz unterschiedlichen Schreib- und Darstellungsformen erzählt das Buch von den denkbar unterschiedlichen Stilrichtungen und Kaufmustern der Protagonistinnen.

Viele Seiten sind mit Umfragen und Gesprächen gefüllt, die modisch in die Tiefe gehen und sich um Konsum und Kaufverhalten drehen. Immer wieder unterbrochen von witzreichen "Projekten": Schauspielerin Zosia Mamet aus der Erfolgsserie "Girls" etwa, stellt gängige Posen aus Mode-Magazinen nach, die ohne entsprechende Kleider und exaltiertes Make-Up äußerst seltsam und belustigend wirken. Die BHs von Sadie Stein sind als eine Art Kunstsammlung in einer kleinen Fotoserie inszeniert, Kate Ryan hat ihre Wege durch unterschiedliche Geschäfte nachgezeichnet, samt Punkten, an denen sie stehen geblieben ist, um sich etwas anzuschauen. So lassen sich Schlüsse über ihren Blick auf das Sortiment etwa von All Saints (verschachtelter Weg und viel Stehenbleiben) oder Club Monaco (Rein und wieder Raus) ziehen. Ferner kommen auch Multitalent Lena Dunham, Musikerin Kim Gordon oder Künstlerin Cindy Sherman zu Wort.

Buch anscheuen und Kleider tauschen am Donnerstag in Berlin

Tatsächlich bietet das Buch vor Allem ob der sehr unterschiedlichen Charaktere einen schönen Einblick in die Mode, wo sie am schönsten ist: Im heimischen Kleiderschrank. Dabei ist "Frauen und Kleider" allerdings ein bisschen groß geraten: Sich durch die Garderobe von 560 Frauen zu wühlen, ist wohl ein bisschen viel verlangt. Wer es trotzdem wagen mag, hat Donnerstag in Berlin die Chance, sich das Buch mal näher anzuschauen. Der S. Fischer-Verlag lädt ab 20 Uhr zur Buchvorstellung von "Frauen und Kleider – was wir tragen, was wir sind" in den Voostore in der Oranienstraße ein. Journalist Niklas Maak wird mit der Autorin Leanne Shapton sprechen. Und danach kann man sich dann richtig über Mode austauschen: Bei einem Kleidertausch können alte Kleider gegen neue Lieblinge getauscht werden. Es wird gebeten dazu einen kleinen Satz über das jeweilige Kleidungsstück und seine Geschichte zu notieren und an das Teil zu heften. Eine Fortführung des modischen Dialoges also.

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