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Unsere Kleider. Die Mode von Rad Hourani können Frauen und Männer tragen.

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Unisex und Haute Couture: Rad Hourani macht Mode für Frauen und Männer

Rad Hourani ist der erste Designer, der mit einer Unisex-Kollektion Mitglied der Pariser Haute Couture wurde. Seine Entwürfe zeigt er in einer Ausstellung in Berlin.

Wie wichtig ist der Körper für Sie?
Für mich ist das Gehirn das Allerwichtigste, und dann kommen erst all die physischen Dinge. Bevor ich vor acht Jahren anfing, meine Marke aufzubauen, habe ich ein Jahr gebraucht, um zu verstehen, wie wir mental funktionieren. Wie wir Dinge im Leben trennen, zum Beispiel Geschlecht, Alter, Rasse, Tradition und Nation. Und wie man etwas entwerfen kann, das uns von all diesen Konventionen befreit. Wenn ich von Unisex rede, geht es nicht allein um Mann und Frau, es geht um alles, was uns voneinander distanzieren und trennen könnte.

Und das wollen Sie mit Mode ausdrücken?
Ich denke, mit der Art, wie wir uns kleiden, zeigen wir unsere Persönlichkeit. Wenn ich in die Frauenabteilung gehe, sind die Kleider zu kurz, zu eng und zu kurvig. Ich fühle mich immer unwohl damit, aber ich mag die Materialien. Dann gehe ich in die Männerabteilung, und die Schnitte sind zu groß, die Materialien sind nicht das, was ich mag, da sind zu viele Details, zu viel Überflüssiges. Und ich frage mich: Wer hat eigentlich diese Bekleidungscodes aufgestellt, dass Frauen und Männer bestimmte Sachen tragen sollen? Genau so sind Länder, Religion und Gesellschaft auch aufgebaut.

Es geht also immer um Grenzen?
Ja, um Kategorien. So kam ich zum Unisex. Warum soll ich Geld für Kleider ausgeben, in denen ich mich unwohl und nicht komplett fühle. Ich habe weibliche und männliche Körper fotografiert, um die maskulinen und weiblichen Funktionen zu verstehen, wie sich ein Körper bewegt und wie er sich wohlfühlt. Ich habe genau beobachtet, wie sich Frauen und Männer kleiden. Dann habe ich ein paar Teile aus einfachem Segeltuch entworfen. Ich habe sie an verschiedenen Körperformen getestet. Es sind sehr architektonische Schnitte.

Sie arbeiten anders als die meisten Designer.
Es gab vorher ja auch noch kein Unisex-Label, ausgenommen Basics wie T-Shirts und Accessoires wie Schmuck. Ich versuche nicht, Männer aussehen zu lassen wie Frauen und umgekehrt. Ich versuche, etwas Pures zu entwerfen, das man für sich verändern kann. Das ist für mich Unisex.

Rad Hourani lebt in Paris und überall auf der Welt.
Rad Hourani lebt in Paris und überall auf der Welt.

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Und warum machen Sie jetzt Haute Couture?
Das hat sich sehr organisch entwickelt. Ich habe mich nie als Haute-Couture-Designer gesehen. [GT_STUMPF]Didier Grumbach[/GT_STUMPF], der Präsident des „Chambre Syndicale de la Haute Couture“, lud mich ein. Es war auf einer Besprechung, zum fünfjährigen Jubiläum meiner Unisex-Kollektion wollte ich eine Prêt-à-porter-Schau während der Pariser Modewoche machen. Und Grumbach sagte: Mit deinem Handwerk, deinen Visionen gehörst du in die Haute Couture. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Es ist nicht einfach, ein Haute-Couture-Designer zu werden. Du brauchst einen Paten aus der Modeindustrie. Er muss zu den zehn wichtigsten Häusern gehören und einen Brief an die Chambre Syndicale schreiben, in dem er bestätigt, dass ein Designer in die Haute Couture gehört. Bei mir war es Sidney Toledano, der Chef von Christian Dior.

In der Haute Couture geht es um Exklusivität – viele Kleider gibt es nur ein Mal. Wie gehen Sie damit um?
Ich habe das etwas verändert. Ja, ich veranstalte die Schau für private Kunden, aber ich entwerfe auch ein paar ausgewählte Teile, und daraus mache ich eine limitierte Kollektion, die ich jetzt auch in Berlin zeige. In der Ready-to-wear-Kollektion geht es mehr um die Basics.

Noch vor zehn Jahren war klar: Die Haute Couture stirbt. Hat sich das geändert?
Nein, sie stirbt nicht, aber es gibt heute noch weniger Kunden dafür. Trotzdem gibt es noch eine Menge zu tun. Unsere Gesellschaft ist so schnell darin, Informationen und Dinge zu produzieren. Deshalb sollte man Handwerkskunst, Design und Visionen Beachtung schenken, die etwas mehr Zeit brauchen. Ich denke, wir sollten diese Dinge beschützen.

Welche Rolle spielen Farben für Sie? In Ihren Kollektionen überwiegt Schwarz.
Ich habe schon zartes Babyblau, helles Rosa, Silber und Grau benutzt, aber nur monochrom. Ich entwerfe nur mit Farben, wenn ich selber welche trage. Und ich habe den Eindruck, dass es für mich altmodisch ist. Das Thema ist durch. Ich fühle mehr Schwarz als je zuvor.

Schwarz scheint im Moment eine sehr wichtige Farbe in der Mode zu sein.
Es ist die allerwichtigste. Kleidung in Schwarz ist ein Investment, man kann sie ein ganzes Leben lang und überall tragen. Läden auf der ganzen Welt verkaufen schwarze Kleidung. In der Vergangenheit war Schwarz die nobelste Farbe. Es war so teuer, Stoff schwarz einzufärben, deshalb konnten nur sehr wohlhabende Menschen Schwarz tragen.

Sie haben keinerlei modische Ausbildung. Was bedeutet das für Sie?
Ich bin nicht an Mode oder Trends interessiert. Mode ist eine Trendmaschine, die sich ständig selbst wiederverwertet. Mich interessiert Ästhetik. Das könnte genauso gut Film, Literatur oder Essen sein.

Glauben Sie, dass sich die Bedeutung von Geschlechtern gerade verändert – speziell für Männer?
Ja, das hoffe ich! Es entsteht ein neue Art, sich zu kleiden. Junge Männer sind immer sensibler dafür und immer weniger darauf erpicht, nur ihre maskuline Seite zu zeigen. Es gibt in unserer Welt so viel Zugang zu Wissen und Informationen, das Internet hat alles verändert. Alle können sich beteiligen – solange sie nicht zu Robotern ihrer Handys werden. Je mehr du siehst, desto offener bist du und probierst Neues aus.

Und das hat nichts mit sexueller Ausrichtung zu tun?
Du kannst heute homosexuell sein und morgen Frauen toll finden.

Sie wurden in Jordanien geboren und sind in Kanada aufgewachsen, heute leben Sie in Paris. Sind die verschiedenen östlichen und westlichen Einflüsse für sie wichtig?
Meine Arbeit ist definitiv davon beeinflusst, dass ich in verschiedenen Kulturen zu Hause bin. Es ist ein großes Geschenk, sie alle kennengelernt zu haben. Es ist unglaublich, wie sehr Glauben die Menschen verändern kann. Ich komme aus einem streng katholischen Elternhaus. Heute glaube ich an Energie.

Sie scheinen etwas zu sagen zu haben.
Es ist am wichtigsten, alles genau zu betrachten. Die Antworten sind alle da.

Die Ausstellung mit Arbeiten von Rad Hourani ist noch bis Ende März bei Oukan, Kronenstr. 71 in Mitte, zu sehen.

Mehr Infos: www.oukan.de

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