zum Hauptinhalt
Wie wäre es mit diesem? Daniel Johnson verdient sein Geld – und das nicht schlecht – damit, den Herren der Welt beim Anziehen zu helfen.

© www.daniel-johnson.com

Was Männer anzieht: Ratgeber: So sitzt der perfekte Anzug

„Brust weit, Hüfte eng, Beine lang“: Wie Anzüge sitzen müssen, damit der Mann darin gut aussieht, weiß Personal Shopper Daniel Johnson aus London genau. Ein Gespräch über Knöpfe, Karrieren und Königsfamilien.

Es geht gar nicht anders. Als Daniel Johnson in die Lobby des Metropolitan Hotels kommt, ist er perfekt angezogen. Ein schwarz-grauer Blazer, darunter Shirt und Schal aus Kaschmir im selben Ton, eine graue Jeans und ein kurzer beigefarbener Mantel, der leicht tailliert ist. Der Personal Shopper und Stylist aus London arbeitet mit Schauspielern wie Henry Cavill („Superman“) und Gerald Butler, hat gerade eine Fernsehserie für die BBC zu Ende gedreht und vor Kurzem eine Kooperation mit dem Fünf-Sterne-Hotel am Hyde Park initiiert. Männer können sich während ihres Aufenthalts eine Stilberatung bei ihm abholen. Kostenpunkt: 325 Pfund (etwa 430 Euro) für einen halben Tag.

Mr. Johnson, ein neuer Kunde kommt zu Ihnen. Was machen Sie zuerst?

Meine Arbeit beginnt, bevor wir uns zum ersten Mal treffen. Normalerweise haben meine Kunden nicht viel Zeit in London, deshalb führe ich Vorgespräche mit ihnen. Ich will wissen, welche Marken sie haben, welche Schuh- und Kleidergröße, ich bitte sie, mir ein aktuelles Foto von sich zu schicken, um die Proportionen zu sehen.

Dann kaufe ich Sachen ein, die ich mit den Kunden anprobiere, wenn sie in der Stadt sind. Ich nehme ihnen eine Bürde ab, weil ich weiß: Männer hassen Shopping. Es ist für sie eine geistig ermüdende Tätigkeit.

Warum ist das so?

Kochen Sie?

Nein.

Aber einen Toast können Sie zubereiten. Sie wissen, dass Sie Brot, Butter und Marmelade brauchen, wo Sie alles kaufen können, wie teuer es ist und wie lange es dauert, bis Sie den Toast essen können. Ziel und Weg sind klar. Wenn Männer Kleidung einkaufen, ist es das genaue Gegenteil. Sie haben keine Ahnung, was sie wollen, wo sie es herbekommen. Männer wollen Listen abarbeiten. Ich will das und das, rein in den Laden, wieder raus, fertig. Das funktioniert nur leider beim Shopping nicht.

Wenn jemand einen Anzug möchte, worauf achten Sie?

Ich schaue nach, aus welchem Material er hergestellt ist. Mein Jackett ist aus Leinen, Seide und Wolle, deshalb gibt es keine Knitterfalten am Ärmel. Anzüge für 300 Pfund sind normalerweise aus Polyester, das ist kein Wohlfühlstoff. Sie werden darin schwitzen. Es wird Ihnen kein Vergnügen bereiten, ihn zu tragen.

Spielt das Budget eine Rolle?

Natürlich. Wenn es nicht mehr als 500 Pfund sein darf, schaue ich bei Massimo Dutti oder COS nach, die haben noch einen gewissen Sinn für Design. Dürfen es mehr als 1000 oder 2000 sein, gucke ich bei Canali, Brioni oder Zegna. Ein Tipp: Der britische Schneider Hardy Amies, der an der Savile Row sitzt …

… der Straße in London, die für ihre exzellenten Maßschneider berühmt ist …

… hat dort einen Laden mit Anzügen und Hemden von der Stange eröffnet. Wenn Schlussverkauf ist, finden Sie dort ein Kleidungsstück von der Savile Row, das erschwinglich und qualitativ gut ist.

Dort gelten dieselben Regeln für den Anzugkauf. Welche sind das?

Zuerst schauen Sie, ob das Jackett an den Schultern passt. Das kann ein Schneider am schwersten ändern, und das kostet am meisten Geld. Die Naht muss am Ende des Schulterknochens sitzen, nur wenn Sie einen muskulösen Bizeps haben, darf sie darüber hinaus sitzen.

Diese Änderungen führen Sie durch?

Ich habe ein Jahr das Schneiderhandwerk an der Savile Row gelernt, ich weiß, wie ein Anzug richtig sitzt. Vor dem Spiegel kann ich Ihnen zeigen, ob wir an der Schulter, an der Hüfte oder am Ärmel etwas ändern müssen. Danach gehe ich zu meinem Schneider – und am nächsten Tag liefern wir die geänderte Jacke in Ihr Hotel.

"Auf keinen Fall den untersten Jackenknopf schließen!"

Wie wäre es mit diesem? Daniel Johnson verdient sein Geld – und das nicht schlecht – damit, den Herren der Welt beim Anziehen zu helfen.
Wie wäre es mit diesem? Daniel Johnson verdient sein Geld – und das nicht schlecht – damit, den Herren der Welt beim Anziehen zu helfen.

© www.daniel-johnson.com

Wie muss der Anzug denn sitzen?

An der Hüfte sollte er eine V-Silhouette erschaffen. Schließen Sie denjenigen Knopf, der am dichtesten an jener Stelle liegt, wo Ihre Hüfte am schmalsten ist. Auf keinen Fall den untersten Knopf zumachen, sonst haben Sie eine Sackfigur. Selbst wenn ich meine Jacke mit dem mittleren Knopf schließe, erzeuge ich die Illusion, dass ich ins Sportstudio gehe. Die Formen ober- und unterhalb des geschlossenen Knopfes sollten zwei gegenüberliegenden Dreiecken gleichen. Dadurch sehen die Beine automatisch länger aus, Sie erhalten eine Art Größen-Bonus. Brust weit, Hüfte eng, Beine lang. Das ist das ganze Geheimnis.

Wie lang sollte das Jackett sein?

Dafür gibt es die Faustregel. Formen Sie Ihre Hand zu einer Faust, lassen Sie die Arme hängen. Dort, wo die Faust ist, sollte das Jackett enden.

Und die Hose ...

... wird bei den Briten so gekürzt, dass sie genau die Hälfte des Schuhs verdeckt. Die Italiener lieben es, wenn der Saum gerade so Zunge und Senkel berührt. Na ja, das ist ein wenig modischer, wir Engländer fertigen unsere Sachen lieber für die Ewigkeit an.

Wie sieht das konkret aus?

Es sind schwerere und robustere Stoffe, mit denen die Schneider arbeiten. Das hängt einfach mit dem Wetter zusammen. Deshalb haben italienische Anzüge auch meist weniger Polster in den Schultern und kaum Schichten im Futter. In einem englischen Jackett finden Sie vier, im italienischen höchstens zwei. Es heißt nicht, dass die Qualität schlechter ist, die Anzüge sind einfach für ein anderes Klima gedacht. Genauso wenig bedeutet ein teurerer Anzug eine längere Lebensdauer. Nehmen Sie Vicunja-Wolle aus Südamerika, viel wertvoller als Kaschmir, 6000 Pfund kostet etwa der Meter, für einen Anzug braucht man wenigstens fünf Meter Stoff, und nur eine Handvoll Schneider wie Scabal in London wissen, wie man den zu einem Anzug macht. Sie bezahlen für die Schönheit des Stoffes, es bedeutet aber nicht, dass der Anzug länger hält.

Auf welchen Trend können Sie derzeit verzichten?

Die bodenlangen Mäntel, voluminösen Pullover und riesigen Schuhe sind nicht mein Ding. Ich finde alles in Übergrößen unpraktisch. Wer so etwas sucht, braucht mich nicht zu kontaktieren.

Mit welchen Problemen kommen Männer zu Ihnen?

Wenn sie smart casual suchen, alles was sie außerhalb des Büros tragen wollen. Wenn sie mit ihrer Frau ins Theater, ins Restaurant oder auf einen Empfang gehen wollen.

Warum tun Männer sich damit schwer?

Weil sie ihre Zeit darauf verwendet haben, eine Karriere aufzubauen und eine Wohnung zu kaufen, aber keinen Gedanken an ihre Garderobe. Nun merken sie, dass ihnen etwas fehlt.

War Modeinteresse nicht einfach verpönt in der Geschäftswelt?

Möglicherweise vor zehn Jahren, als niemand zugeben wollte, dass er einen Stylisten zurate zieht. Inzwischen erhalte ich laufend Weiterempfehlungen von Männern, für die es normal geworden ist.

Warum hat das Phänomen Personal Shopping so zugenommen?

Der Modemarkt für Männer ist 2009 zum ersten Mal stärker gewachsen als der für Frauen, auch wenn das Niveau nach wie vor weit unter dem für Damen liegt. Seitdem wächst das Segment. Es gibt unheimlich viele Männerzeitschriften, auf Instagram teilen Männer ihre Stiltipps, das ist kulturell vom Verdacht der Homosexualität befreit. Was sowieso engstirnig ist. Ich berate schwule Männer, die keinen Schimmer haben, wie sie sich richtig anziehen sollen. Das ist genauso ein Klischee wie „Schwarze Männer tanzen besser als weiße“.

Welche Art von Männern kommt zu Ihnen?

Cash rich, time poor. Viel Geld, kaum Zeit. Geschäftsleute, Musiker, Schauspieler. Aus Australien, Südafrika, Kanada, Deutschland …

Und Mitglieder einer königlichen Familie.

Ich darf Ihnen aus Diskretionsgründen nicht sagen, um wen es sich handelt. Um vier Uhr morgens bekam ich einen Anruf, den ich weggedrückt habe, dann um sechs, um acht, bis ich schließlich ans Telefon ging. Die Stimme am anderen Ende sagte: Können Sie nächsten Samstag im Dorchester Hotel sein? Wir haben eine königliche Familie in der Stadt, die mit Ihnen arbeiten möchte. Ich ging mit einer Assistentin in das Hotelrestaurant, die Hälfte des Raumes war abgesperrt, wir beide bekamen einen Bodyguard und einen Mercedes gestellt und haben vier Tage lang eingekauft. Unglaublich viel Geld wurde ausgegeben. Das passiert höchstens zwei Mal im Jahr.

Welchen Look würden Sie solchen Kunden derzeit empfehlen?

Das britische Männermodel David Gandy hat kürzlich einen Anzug von Spencer Hart mit einer roten Krawatte und einer Weste kombiniert. Genau so ein Outfit habe ich einem Kunden schon in seiner Größe verkauft, und er ist hingerissen, obwohl er nie gedacht hätte, dass er so etwas tragen kann.

Wer zieht sich Ihrer Meinung schlimm an?

Sagen wir lieber: Welcher Mann verspürt keine Neigung, maßgeschneiderte Kleidung anzuziehen? Der Musiker Ed Sheeran. Er trägt schlabbrige Hemden oder Kapuzenshirts und Jeans. Passt vielleicht besser zu seiner Musik, wenn er allein mit seiner Gitarre auf der Bühne steht.

Und er trägt Sneakers, die Sie als No-Go bezeichnen.

Nicht für einen 16-Jährigen an der Schule, aber für einen erfolgreichen Geschäftsmann. Treten Sie vor potenzielle Investoren mit Turnschuhen? Nie werden Sie so Geld eintreiben. Ich habe viele Kunden, die zu mir kommen, weil sie es leid sind, Sneakers anzuziehen, aber nicht wissen, welche Schuhe passen.

Zu was raten Sie?

Braune Oxfordschuhe sind eine Lösung. Ich habe gerade Schuhe aus einem Material, das Extralight heißt, entdeckt. Für 100 Pfund bekommen Sie Lederschuhe, die sich leicht wie Sneakers anfühlen. Das Beste aus zwei Welten. Jeder Kunde, dem ich sie gezeigt habe, hat sie bisher gekauft.

- Mehr Informationen unter www.daniel-johnson.com

- oder: http://www.comohotels.com/metropolitanlondon/ 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false