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Panorama: Mörderische Hitze: In der Türkei und Südeuropa brechen Temperaturen alle Rekorde

Neidvoll blicken viele Türken in diesen Tagen in den äußersten Osten ihres Landes, wo sich ein Team von Bergsteigern den Ararat hocharbeitet: Die Mannschaft stapft auf ihrem Weg zum Gipfel durch tiefen Schnee. Gut 5000 Meter über dem Meeresspiegel sind die Bergsteiger vor der unerträglichen Hitze sicher, die seit Tagen die übrige Türkei lähmt.

Neidvoll blicken viele Türken in diesen Tagen in den äußersten Osten ihres Landes, wo sich ein Team von Bergsteigern den Ararat hocharbeitet: Die Mannschaft stapft auf ihrem Weg zum Gipfel durch tiefen Schnee. Gut 5000 Meter über dem Meeresspiegel sind die Bergsteiger vor der unerträglichen Hitze sicher, die seit Tagen die übrige Türkei lähmt. Asphaltierte Straßen schmelzen, Wälder brennen, und die Notaufnahmen der Krankenhäuser arbeiten im Akkord. Seit Jahrzehnten ist es selbst in der Türkei nicht mehr so heiß gewesen. Den Rekord hielt am Donnerstag die südostanatolische Stadt Diyarbakir, wo mittags offiziell 45 Grad im Schatten gemessen wurden. Doch auch in anderen Landesteilen war es kaum erträglicher, und die Temperaturen stiegen weiter.

Mit am härtesten getroffen war das Tourismuszentrum Antalya am Mittelmeer, wo die Thermometer schon den zweiten Tag in Folge auf 44 Grad kletterten. Die Krankenhäuser dort behandelten die Hitzeschläge quasi am laufenden Band. Besonders drastisch wirken die Temperaturen auf neu eintreffende Reisende aus dem relativ kühlen Westeuropa. Ein 59-jähriger Mann erlitt nur drei Minuten nach Verlassen des Flugzeuges, mit dem er aus Deutschland gekommen war, einen Herzinfarkt und starb noch auf dem Flughafen von Antalya.

Während sich die Touristen am Mittelmeer immerhin in ihre klimatisierten Hotels zurückziehen können, ist die Hitze für Bewohner der ärmeren Regionen wirklich lebensgefährlich. In einigen Teilen des Landes riefen die Behörden inzwischen die Bevölkerung auf, zu Hause zu bleiben und vor allem in den Mittagsstunden nicht auf die Straße zu gehen. Die Gesundheitsämter rieten dringend vom Verzehr nicht ganz frisch zubereiterer Lebensmittel ab und forderten Eltern auf, ihren Kindern reichlich Wasser einzuflößen, um Durchfallerkrankungen vorzubeugen. Im Westen und Süden des Landes kämpften Feuerwehr und freiwillige Helfer gegen immer wieder aufflammende Waldbrände. Und in Südostanatolien warnten Ärzte die Bevölkerung wieder einmal umsonst vor dem Brauch, bei großer Hitze auf den Flachdächern ihrer Häuser zu schlafen: Allein in die Tigris-Universitätsklinik werden derzeit täglich fünf bis sechs Verletzte eingeliefert, die im Schlaf vom Dach fielen.

Alle fliehen aus den Städten

Die Städte im Südosten sind fast menschenleer. In Sanliurfa etwa, wo ebenfalls 44 Grad herrschen, ist schon längst ans Meer oder in die Berge geflohen, wer es sich leisten kann; die Zurückgebliebenen campieren am Stausee vor der Stadt - wohin spontan auch alle Hochzeits- und Beschneidungsfeiern verlegt werden. Hält die Hitze noch etwas an, dann könnte das Leben in der Türkei ganz zum Stillstand kommen: Schon jetzt warnt die Autobahnmeisterei vor erhöhter Unfallgefahr durch dahinschmelzende Straßenbeläge; kühlt es nicht bald ab, dann will sie ein Fahrverbot für Lastwagen verhängen. Dabei ist auch das Stehenlassen gefährlich: In Bolu brannte ein in der Sonne geparktes Fahrzeug aus, als der Tank explodierte.

Die ungewöhnliche Hitzewelle in Südosteuropa hat bis Donnerstag etwa 60 Menschenleben gefordert. Allein in Kroatien kosteten die extremen Temperaturen innerhalb von zwei Tagen mehr als 40 Menschen das Leben. In Rumänien kamen landesweit bislang neun Menschen durch hitzebedingte Schwächeanfälle um, auch in Griechenland und in Bulgarien starben Menschen. Dort wurde am Mittwoch mit 45 Grad der bisherige Hitzerekord gemessen.

Der heißeste Juli seit Jahrzehnten

Meteorologen in Zagreb und Sofia erklärten, es sei der heißeste Juli der vergangenen Jahrzehnte. In der rumänischen Hauptstadt wurde sogar vom heißesten Juli der letzten hundert Jahre gesprochen. Eine hohe Luftfeuchtigkeit von bis zu 65 Prozent macht die Hitze noch unerträglicher. In der jugoslawischen Krisenprovinz Kosovo brach zusätzlich zur Rekordhitze die Stromversorgung zusammen. In der Provinzhauptstadt Pristina kam es zu stundenlangen Unterbrechungen. Im rumänischen Kreiskrankenhaus Bacau liefen die Heizkörper wegen eines Defekts auf Hochtouren und sorgten für 50 Grad in den Krankenzimmern.

In dem Hitze geplagten Südosten Europas soll es zum Teil noch heißer werden als bisher. In Rumänien wurde bereits das Trinkwasser rationiert. Das Rote Kreuz verteilte auf den Straßen Mineralwasser. Im Südwesten des Landes wurde mit 41 Grad der höchste Wert seit 1916 gemessen.

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