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Panorama: "Mondscheinfrisörin" frei: Rebellin gegen den Ladenschluss gibt auch nach Haft nicht auf

Im Salon ihres Sohnes kommt sie jedoch am Donnerstag kaum zum Schneiden, Waschen, Föhnen - denn ständig klingelt das Telefon. Freunde und Kunden überhäufen die 53-Jährige mit Glückwünschen und Fragen.

Im Salon ihres Sohnes kommt sie jedoch am Donnerstag kaum zum Schneiden, Waschen, Föhnen - denn ständig klingelt das Telefon. Freunde und Kunden überhäufen die 53-Jährige mit Glückwünschen und Fragen. "Ich habe kaum geschlafen heute Nacht und immer nur einen Film ablaufen sehen", berichtet Brückner, die am Mittwochabend nach eintägiger Erzwingungshaft aus der Justizvollzugsanstalt Gera entlassen worden war.

Dort war sie gelandet, weil sie sich weigerte, 600 Mark Bußgeld wegen Verstoßes gegen das Ladenschlussgesetz zu zahlen. Sie hatte seit 1997 an mehreren Abenden Haare geschnitten und den Erlös jeweils an die Kinderkrebsklinik in Jena gespendet. Dass sie etwas falsch gemacht haben soll, sieht die kämpferische Frisörin nicht ein: "Eine Spendenaktion hat nichts mit dem Ladenschlussgesetz zu tun." Die Order für ihre Freilassung kam schließlich von ganz oben - Thüringens Justizminister Andreas Birkmann (CDU) hatte sich persönlich in den Fall eingeschaltet und die Aufhebung des Haftbefehls gefordert.

Mit dem Freudenschrei "Ich bin draußen!" war Brückner am späten Mittwochabend vor dem Frisör-Geschäft ihres Sohnes Kay Petheö aus dem Taxi gestiegen. Auch ihre Familie findet den ganzen Fall mehr als ungewöhnlich: "Es ist doch schließlich eine gute Sache, dass sie für krebskranke Kinder spendet. Wir waren sehr empört, dass man das nicht eingesehen und sie verhaftet hat", sagt ihr Vater Walter Hanitzsch und macht seiner Wut gegen die Verwaltung Luft.

Die Knastluft hat die Friseurin anscheinend kein bisschen eingeschüchtert: "Ich werde auf keinen Fall bezahlen, da können die sich auf den Kopf stellen und mit den Beinen wackeln", sagt sie. Ohnehin werde die ganze Sache noch ein juristisches Nachspiel haben, denn sie wolle die "Nacht- und Nebel-Aktion" der Verhaftung so nicht hinnehmen. Sie war am Dienstagmorgen aus dem Laden heraus - vor den Augen einer verdutzten Kundin, die mit nassen Haaren im Frisörsalon zurückbleiben musste - festgenommen worden. "Diese ganze Justizposse hätte man sich wirklich sparen können", meint auch Brückners Anwalt Ernst-Joachim Schöppe.

Die Meininger Staatsanwaltschaft teilte am Donnerstag mit, der Fall werde weiter geprüft. Die Aufhebung des Haftbefehls stelle keinen Verzicht auf die Geldbuße dar. Außerdem stehen nach Angaben Brückners noch zwei weitere Bußgelder gegen sie und ihren Sohn von jeweils 1000 Mark und 500 Mark aus.

Christine Schultze

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