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Panorama: Mord auf Ibiza: Eine Bluttat erschüttert die Urlaubsinsel

Die Brutalität war erschütternd. Erst überrollten sie ihn mit dem Auto.

Die Brutalität war erschütternd. Erst überrollten sie ihn mit dem Auto. Dann jagten sie ihm zwei Kugeln in Brust und Kopf. Eine Hinrichtung nach Art der Mafia. Der brutale Mord an einem 41-jährigen Deutschen erschüttert derzeit die spanische Baleareninsel Ibiza. Die Bluttat lenkt den Blick auf die wachsende Kriminalität auf der Mittelmeerinsel. Ibiza gilt bereits seit Jahren als internationales Drogenparadies. Die Polizei geht davon aus, dass die Täter ihr Opfer gut kannten. Offenbar erwarteten sie den Münchner, der seit Jahren auf der Insel als Kellner arbeitete, nachts auf dem Heimweg in der Nähe seines Hauses nicht weit vom berühmten Touristenort Sant Antoni. Die Ermittler schließen nicht aus, dass die Tat im Stile der organisierten Bandenkriminalität mit einem Streit in der Drogenszene zusammenhängt. Der Deutsche ist nach Angaben der Behörden jedoch nicht vorbestraft.

Der Mord weckt auf dem kleinen Ibiza mit 70 000 Einwohnern, aber mehr als anderthalb Millionen Touristen im Jahr Erinnerungen an einen ähnlich brutalen Fall: Ganz in der Nähe des Ortes, an dem der Deutsche nun erschossen wurde, ermordeten vor vier Jahren Profi-Killer eine vierköpfige deutsche Familie. Auch wenn die Täter nie gefasst wurden, deutete hier viel auf eine Abrechnung im Milieu hin. Der 51-jährige Familienvater, der auf Ibiza eine Immobilienagentur besaß, war erst gefoltert und dann erwürgt worden.

Keine Zweifel bestehen jedenfalls bei den Sicherheitsbehörden, dass sich diverse Mafia-Banden zunehmend auf Ibiza und Mallorca, den beiden touristisch bedeutendsten Baleareninseln, ausbreiten. Die Polizei ließ allein im ersten Halbjahr ein Dutzend Banden hochgehen. Dies sei aber nur die Spitze des Eisberges, heißt es. Die organisierten Kriminellen gingen immer professioneller vor, klagen die Fahnder, was die Ermittlungen erheblich erschwere. Die Bandenmitglieder seien meistens Ausländer: Nordafrikaner, Südamerikaner, Osteuropäer, Italiener, Briten und auch Deutsche. Bei den Delikten gehe es meist um Raub, Einbrüche, Betrügereien und Drogen.

Die stark entwickelte Drogen-Szene ist vor allem das Problem Ibizas, dass die letzten Jahre den Ruf der Insel schwer beschädigte. Ibiza zieht heute vor allem junge Touristen aus Großbritannien und Deutschland an, die ihren Urlaub in eine einzige "Fiesta" verwandeln wollen: Alkoholexzesse, Drogenkonsum und orgiastische Feiern am Strand wie in den zahlreichen Diskotheken brachten die Insel in die Negativ-Schlagzeilen. Im vergangenen Jahr sprangen mehrere Jugendliche, vollgepumpt mit Ecstasy-Pillen, in den Tod. Ein großer skandinavischer Reiseveranstalter strich Ibiza im Frühjahr wegen ihres Sodom-und-Gomorrha-Images aus dem Programm.

Doch die Insel, die verzweifelt an einer Trendwende arbeitet und das Schmuddelimage loswerden will, hat diesen Sommer auch gute Nachrichten zu vermelden. Die Prominenz, die lange Zeit die Insel mied, kommt zurück. Pop- und Modestars spannten diesen Sommer auf der Insel aus: Mick Jagger, seine Tochter Jade sowie die beiden Top-Models Kate Moss und Elle McPherson urlaubten auf der Insel. Auch Claudia Schiffer kommt öfter mal von Mallorca herüber. Ibiza sei wieder im Kommen, hört man. Die Touristenzahlen belegen es deutlich: Im ersten Halbjahr 2000 stieg die Zahl der Ibiza-Urlauber um 4,4 Prozent. Auf Mallorca nahm der Touristenstrom hingegen um 1,8 Prozent ab.

Ralph Schulze

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