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Mordprozess in Paris: Sie kannten keine Gnade

In Paris steht eine Bande von 26 Personen vor Gericht. Sie sollen einen 23-jährigen Juden entführt, wochenlang gefoltert und schließlich ermordet haben.

Als der Angeklagte hereingeführt wird, zeigt er mit einem Finger zum Himmel und ruft mit einem triumphierenden Lächeln in den Gerichtssaal: „Allah ist groß.“ In der Untersuchungshaft, während der er sich einen Bart wachsen ließ, nannte er sich „Hirn der Barbarenbande“. Jetzt antwortet er auf die Fragen der Vorsitzenden Richterin Nadia Ajjan nach seiner Identität: „Ich heiße Araber, bewaffnete afrikanische Barbarenrevolte.“ Und auf die Frage nach Geburtsdatum und -ort gibt er an: „13. Februar 2006 in Sainte-Geneviève-des-Bois.“ An diesem Tag und an diesem Ort im Süden von Paris war sein Opfer, der 23-jährige Ilan Halimi, nach drei Wochen langer Marter sterbend an einem Bahndamm aufgefunden worden.

Am Mittwoch begann vor einem Pariser Schwurgericht der Prozess gegen Youssouf Fofana, einen von der Elfenbeinküste stammenden 28-jährigen Franzosen aus dem Pariser Vorort Bagneux. Er gilt als Anführer einer Bande junger Leute, die sich selbst „Bande der Barbaren“ nannte. Vor allem ihm wird die Entführung, Folterung und Ermordung des jungen Juden Ilan Halimi zur Last gelegt, von dessen Angehörigen die Bande 450 000 Euro erpressen wollte. Mit Youssouf Fofana sind 26 weitere Personen angeklagt, 18 junge Männer und neun junge Frauen. 15 von ihnen sind als Mittäter angeklagt, die übrigen als Mitwisser, die es unterließen, das grausame Verbrechen anzuzeigen. Sie alle kommen ebenfalls aus der Vorstadt Bagneux.

Youssouf Fofana, dem jetzt auch mehrere frühere Entführungen zugerechnet werden, hatte sich laut Anklage im Januar 2006 einen Coup ausgedacht, der der Bande das ganz große Geld einbringen sollte. „Wir müssen einen Juden entführen“, hatte er zu Emma gesagt, einem Mädchen aus der Bande, das den Telefonverkäufer Halimi damals in einen Hinterhalt lockte. „Juden haben Geld, und wenn sie keins haben, dann zahlt die jüdische Gemeinde.“

Erst verschleppten sie Halimi in eine leer stehende Wohnung in ihrem Viertel, für die ihnen der Hausmeister gegen Geld den Schlüssel gab. Dann sperrten sie ihr mit Klebeband gefesseltes und vermummtes Opfer in einem Keller ein. Per E-Mails mit Fotos, die den Gefangenen mal mit einer Pistole an der Schläfe, mal blutverschmiert zeigten, versuchte Fofana die Angehörigen zu erpressen. Immer mehr Bandenmitglieder sprangen ab. Schließlich gab auch Fofana auf. Er selbst entledigte sich am Schluss des mit Messerstichen und Brandwunden schwer verletzten Opfers.

Das Verbrechen erschütterte damals ganz Frankreich. Über einen möglichen rassistischen Hintergrund gehen die Meinungen bis heute auseinander. Doch der primitive Antisemitismus, wonach ein Jude als reich gilt und das Geld auf jeden Fall zusammenbringt, wurde nicht nur in der jüdischen Gemeinde als empörend empfunden. Unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit wurde Halimi 2007 in Jerusalem beerdigt.

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