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Panorama: „Müllermilch“ macht den Bundestag mobil

Kritik an Werbung auch von Nissan auf Kosten der Abgeordneten

Berlin (os). Werbung zweier Unternehmen ist ins Visier der Politik geraten. In einem TVWerbespot von „Müllermilch“ ist ein Abgeordneter im Bundestag zu sehen, der am Pult einen Becher Milchreis öffnet und sagt: „Jetzt brauch ich endlich mal was Ehrliches.“ In dem Spot wirbt Dieter Bohlen für eine neue „Müller-Partei“. In einer gedruckten Anzeige von „Nissan“ beruft sich das Unternehmen auf Meldungen, Abgeordnete hätten Besteck und Geschirr im Reichstagsrestaurant mitgehen lassen und titelt: „Manche nehmen“ und „Andere geben“. Darunter bietet das Unternehmen Rabatte für Autos an.

Mehrere Politiker meldeten sich am Wochenende zu Wort. Die Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner (SPD) bekräftigte am Sonntag gegenüber dem Tagesspiegel ihre Kritik an dem „Müllermilch“-Spot. „Ich habe nichts gegen Spaß, aber wenn auf diese Weise auf Kosten von Abgeordneten und Parlament Witze gemacht werden, um Geld zu verdienen, ist eine Grenze erreicht.“ Parlamentspräsident Wolfgang Thierse hatte sich zuvor in „Bild am Sonntag“ zurückhaltender geäußert: „Ich teile die Empörung über Werbung, die die demokratischen Institutionen herabwürdigen. Das ist unerträglich. Aber ich rate zur Zurückhaltung, damit die Firmen sich nicht über zusätzliche kostenlose Werbung freuen können.“ Dagegen hatten Kastner und der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Peter Ramsauer, gegenüber „Bams“ die Prüfung rechtlicher Schritte angeregt, wegen Verunglimpfung eines Verfassungsorgans und wegen Schürens von Vorurteilen gegenüber der Politik. Ein Sprecher der Fraktion der Grünen äußerte sich auf Anfrage auch zurückhaltend. Die Werbung sei klischeehaft und angesichts von Politikverdrossenheit nicht zuträglich. Doch setzten die Grünen auf eine freiwillige Selbstkontrolle von Medien und Industrie.

Juristischen Ärger hat Bohlen schon. Seine Ex-Freundin Nadja Abdel Farrag, genannt „Naddel“, hat eine einstweilige Verfügung erwirkt, weil Bohlen in dem Werbespot jedem eine „Anstecknaddel“ verspricht, der zehn Müllermilch-Deckel einschickt. Mit der Klage will die Frau sowohl die Werbekampagne stoppen, als auch eine Rückholaktion aller Produkte erzwingen, die eine „Anstecknaddel“ versprechen. Dem Unternehmen droht Millionenschaden. Abdel Farrag beruft sich darauf, dass sie den Begriff „Naddel“ markenrechtlich hat schützen lassen. Bohlen beruft sich darauf, dass er ihr den Spitznamen gegeben habe. Bohlen zeigte gegenüber der „Welt am Sonntag“ wenig Verständnis für seine Ex-Freundin: Wer mit Ralph Siegel per SMS Schluss mache, sollte auch Humor für eine kleine „Anstecknaddel“ übrig haben. „Die ganze Aktion bringt Naddel doch wieder nach vorn. Nächste Woche sitzt sie in Talkshows, gibt Interviews und ist wieder im Gespräch.“

Wie der Tagesspiegel gestern erfuhr, ist „Müllermilch“ in der Bundestagskantine Alleinlieferant für Milchgetränke und Milchreis.

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