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Die Polizei in Nepal bringt Trinkwasser.

© dpa

Nach dem Erdbeben im Himalaya: Streit ums Trinkwasser in Nepal

Nach Tagen des Schocks muss das Leben in Nepal weitergehen. Doch überall herrscht Mangel - und der Verteilungskampf beginnt. Aber Nepal will nicht noch mehr Helfer ins Land lassen.

Wegen der schlechten Versorgungslage nach dem Erdbeben in Nepal drohen Verteilungskämpfe unter den Überlebenden. Es gebe bereits vereinzelte Streitereien um Trinkwasser, berichtete das UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) in der Nacht zum Mittwoch.

„Ungleiche Verteilung erhöht das Risiko von Auseinandersetzungen unter den Betroffenen.“ Bei den Beben der Stärke 7,8 waren am Samstag mindestens 4700 Menschen ums Leben gekommen. Helfer fürchten, dass die Zahl deutlich steigt, wenn weitere abgelegene Regionen erreicht werden.

Helfer fanden noch Überlebende: Nach fast 82 Stunden unter den Trümmern sei ein Mann in Kathmandus Stadtteil Gongabu gerettet worden, berichtete die Zeitung „Nepali Times“ online. Die nepalesische Polizei und ein französisches Team hätten zehn Stunden gegraben, um ihn zu befreien. Ein zweiter Mann dort habe es nicht geschafft. „Wir hatten gehofft, er kommt lebend raus, weil er noch mit uns gesprochen und uns seinen Namen gesagt hat“, sagte Kipendra Thapa der Zeitung. Nach UN-Angaben wurden allein am Dienstagabend 14 Menschen aus dem Schutt geholt.

Der ohnehin überlastete Flughafen musste am Mittwoch vorübergehend wegen Rissen in der Landebahn gesperrt werden, wie lokale Journalisten berichteten. Die Risse seien aber schnell repariert worden. Zahlreiche Flüge mit Helfern und Hilfsmaterial mussten in den vergangenen Tagen wegen Überlastung des Flughafens unverrichteter Dinge wieder umkehren.

„Keine Müllkippe für Hilfsgüter“

Mittlerweile sind Hilfsteams aus mehr als 15 Nationen in Nepal - koordiniert von den Vereinten Nationen und der nepalesischen Regierung. Am meisten würden derzeit Suchtrupps gebraucht, aber auch Zelte für Krankenhäuser, Leichensäcke und Generatoren, schreibt Ocha. Bei der Weltgesundheitsorganisation allein haben sich 21 medizinische Teams registriert. Die Rettungsorganisation I.S.A.R. Germany etwa hat ein Team mit sieben Suchhunden in die Katastrophenregion geschickt.

Der Chef von Nepals Katastrophenmanagement will nach dem verheerenden Erdbeben nicht mehr jede Hilfe ins Land lassen. „Wir haben jetzt 22 bis 24 Such- und Rettungsteam aus dem Ausland hier. Mehr brauchen wir nicht, denn wenn wir die richtig einsetzen, sollte es ausreichen“, sagte Ram Kumar Dahal am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Auch müsse jeder, der komme, einen Plan haben: „Wir haben nicht die Kapazität, für jeden alles zu organisieren.“ Hinzu komme, dass der Flughafen ohnehin schon überlastet sei, sagte Dahal weiter. Deswegen müsse die Hilfe sehr gezielt sein.

„Wir wollen nicht, dass Nepal zur Müllkippe für Hilfsgüter und Teams wird.“ Wichtiger sei Geld, das in den Desaster-Fonds des Regierungschefs fließe. Er betonte, dass die Regierung in der Lage sei, die Hilfsgüter gleichzeitig in alle Distrikte zu bringen. Am dringendsten benötigt würden derzeit Zelte, Matratzen und Decken, Essen und Kochgeschirr. „Das wurde uns versprochen, hat uns aber noch nicht erreicht“, sagte Dahal. Auch Medikamente wie Antibiotika und Operationsbesteck sowie Fachärzte wie Neurologen, Chirurgen und Anästhesisten würden gebraucht. „Wir wollen keine Unterstützung, die wir nicht benötigen“, betonte Dahal.

Das Beben hatte große Teile Nepals sowie die angrenzenden Länder Indien und das chinesische Tibet getroffen. Betroffen sind nach UN-Angaben acht Millionen Menschen. In den Gebieten rund um das Epizentrum sind bis zu 90 Prozent der Gesundheitsversorgung nicht funktionsfähig.

Viele große Straßen aber sind wieder geöffnet. „Es ist sehr schwer, einen Fahrer zu finden, weil die meisten selbst betroffen sind und Kathmandu verlassen haben, um Zuhause nach dem Rechten zu sehen“, sagt Markus Taglieber vom Erkundungsteam der Johanniter-Auslandshilfe. Viele andere Nepalesen allerdings packten mit an. „Wir haben Ärzte und Ingenieure gefunden, die mit aktiv werden wollten“, sagte Taglieber der Deutschen Presse-Agentur.

In Kathmandu sind viele Menschen auf der Straße, um nach dem Überlebensnotwendigsten zu suchen. „Wir müssen jetzt Essensvorräte anlegen“, sagte Chejum Gurung, die sich sechs Kindern aus ihrer Nachbarschaft angenommen hat. Doch sie treibt die Furcht von Nachbeben um. „Ich fühle noch immer, dass der Boden unter mir sich bewegt. Oder vielleicht sind es nur meine Beine.“ 

Auch Spannungen mit der Polizei

Die Polizei hat am Mittwoch in der Hauptstadt Kathmandu ein Großaufgebot am zentralen Busbahnhof aufgezogen, um für Ordnung zu sorgen. An dem Busbahnhof nahe dem Parlament versammelten sich am frühen Morgen tausende Menschen in der Absicht, Kathmandu zu verlassen, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Als erwartete Busse nicht zur Verfügung standen, gab es Handgemenge mit den Beamten.

"Wir warten hier seit der Dämmerung, weil uns gesagt wurde, dass 250 Busse kommen würden, aber es kommen keine", sagte der 25-jährige Student Kishor Kavre. "Wir wollen rasch nach Hause zu unseren Familien, aber wir wissen nicht, wann es Busse geben wird", fügte er hinzu. In den Straßen Kathmandus schliefen in der Nacht wieder hunderttausende Menschen unter freiem Himmel, weil ihre Häuser zerstört waren oder sie aus Angst vor weiteren Nachbeben im Freien bleiben wollten. (dpa, AFP)

Angesichts der Not starten der Tagesspiegel, seine Partnerorganisation Deutsche Welthungerhilfe (DWHH) und deren nepalesischer Partner RRN eine Hilfsaktion. Die Nothilfeteams brauchen Geld für Hygienekits, Zelte, Plastikplanen, Lebensmittel, für den Wiederaufbau. Bitte spenden Sie an: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942 – BIC: BELADEBE, IBAN: DE43 1005 0000 0250 0309 42. Name und Anschrift für den Spendenbeleg notieren.

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