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Friedhelm Adolfs mit seiner Lebensgefährtin Brigitta Gerard am Donnerstag im Landgericht Düsseldorf.

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Nach dem Raucher-Urteil: Jetzt raucht er bei seiner Freundin

Der Raucher Friedhelm Adolfs muss seine Wohnung räumen, entschied das Landgericht Düsseldorf. Jetzt zieht er zu seiner Lebensgefährtin.

Nach dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom Donnerstag muss der Raucher Friedhelm Adolfs endgültig seine Wohnung räumen. Er will künftig bei seiner Lebensgefährtin wohnen. Die war bei der Urteilsverkündung dabei und hatte sich schick gemacht. Friedhelm Adolfs, Mieter und Raucher, könnte bald sogar den Bundesgerichtshof (BGH) dazu bringen, ein Grundsatzurteil über Zigarettenqualm als Kündigungsgrund in Mehrfamilienhäusern zu sprechen.

Wie kam es zu dem Fall Friedhelm Adolfs?

Adolfs begann seinen Kreuzzug im Zeichen der Zigarette im vergangenen Jahr. Seine Vermieterin hatte ihm gerade fristlos gekündigt, weil der Qualm seiner Kippen sich im Treppenhaus ausbreitete. Andere Mieter hätten sich über eine unerträgliche Geruchsbelästigung beschwert und ihrerseits mit der Kündigung des Mietverhältnisses gedroht. Adolfs, der seit 40 Jahren in der Wohnung wohnte und rauchte, wehrte sich vor dem Amtsgericht Düsseldorf gegen die Räumungsklage. Doch vergeblich.

Schön gemütlich. Friedhelm Adolfs sitzt rauchend in seiner Wohnung in Düsseldorf.
Schön gemütlich. Friedhelm Adolfs sitzt rauchend in seiner Wohnung in Düsseldorf.

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Sein „Lüftungsverhalten“ wurde ihm zum Verhängnis. Zu Lebzeiten seiner Frau sei noch ausreichend über die Fenster gelüftet worden. Als Witwer hätte Adolfs die Holzrollläden aber ständig geschlossen gehalten. Der Rauch suchte sich seinen Weg aus der Wohnung über das Treppenhaus und in die Nasen der Nachbarn. Das fand das Amtsgericht nicht akzeptabel. Die körperliche Unversehrtheit der anderen Mieter sei der allgemeinen Handlungsfreiheit des Rauchers vorzuziehen, schrieb es in seiner Begründung.

Friedhelm Adolfs - Held der Raucher

So einfach ließ sich Adolfs aber nicht abspeisen und ging in Berufung. Vor dem Landgericht Düsseldorf wurde der Fall neu aufgerollt. Es wurde diskutiert über zu volle Aschenbecher und ständig geschlossene Fenster. Adolfs Fall fand bundesweit Beachtung. Der 75-Jährige trat bei Raucher-Demonstrationen auf. Sympathisanten spendeten dem Rentner sogar Geld für die Prozesskosten. Zwischenzeitlich sah es für Friedhelm Adolfs sogar so aus, als könnte sich das Schicksal zu seinen Gunsten drehen. Das Gericht tendierte dazu, die Kündigung als unwirksam anzusehen, da die Zeit zwischen der ersten Abmahnung im Juli 2011 und der fristlosen Kündigung zu lang gewesen sei. Doch die Vermieterin widersprach, sie hätte Adolfs dazwischen noch mehrmals mündlich abgemahnt – und die Richter glaubten ihr.

Jetzt hat auch das Landgericht die Klage abgewiesen. Wie schon das Amtsgericht davor stellte es die körperliche Unversehrtheit der Nachbarn über die freie Entfaltung des Rauchers. Zwar sei das Rauchen in den eigenen vier Wänden grundsätzlich erlaubt, aber es habe eben seine Grenzen. Der schwerwiegende Pflichtverstoß liege deshalb auch nicht im Rauchen, sondern darin, dass der Rentner die Geruchsbelästigung mit seinem Verhalten noch gefördert habe. Die letztliche Klärung der Frage, ob Zigarettenrauch ein Kündigungsgrund ist, gab das Gericht mit der möglichen Revision an den BGH ab.

Viele Raucher dürfte allein der Gedanke daran auf die Barrikaden treiben. Schon nach der ersten Entscheidung sahen sie das Urteil als Angriff auf ihre Freiheit. Der Deutsche Mieterbund versuchte deshalb auch gleich, erhitzte Gemüter zu beruhigen. „Rauchen in der Wohnung ist grundsätzlich erlaubt und kann nicht verboten werden“, sagte Mieterbund-Direktor Lukas Siebenkotten, „Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch, das hat schon vor Jahren der Bundesgerichtshof so entschieden.“ Allerdings müssten Raucher dafür sorgen, dass der Zigarettenqualm über die Fenster nach draußen zieht und nicht etwa ins Treppenhaus. Auf dem Balkon und im Freien sei Rauchen ebenfalls erlaubt, Beeinträchtigungen durch den Zigarettenqualm müssten grundsätzlich hingenommen werden.

Friedhelm Adolfs wird das nicht helfen. Er muss bis zum Ende des Jahres raus aus seiner Wohnung. Vor der Urteilsverkündung zückte er noch selbstbewusst eine „Siegeszigarre“, ehe er sich später gegenüber dem WDR seine Niederlage eingestand: „Das kam überraschend, damit hätte ich nicht gerechnet.“ Ein Lichtblick bleibt ihm ja. Seine Lebensgefährtin bot ihm an, bei ihr wohnen zu können. Er wird wohl gelegentliches Lüften ertragen müssen.

Jan Guldner[Düsseldorf]

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