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Der amerikanische Justizminister Eric Holder will wissen, warum das Vertrauen in die Polizei in Ferguson so gering ist. Deshalb hat er nun Ermittlungen angekündigt, die die gesamte 53-köpfige Polizeistation am Stadtrand von St. Louis in den Blick nehmen sollen.

© dpa

Nach dem Tod des schwarzen Teenagers Michael Brown: US-Justizministerium nimmt Polizei in Ferguson unter die Lupe

Das amerikanische Justizministerium leitet vier Wochen nach den Schüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown Untersuchung gegen die komplette Polizei von Ferguson ein.

Ferguson ist ein etwas ausgeuferter, im Kern aber kleiner ehemaliger Eisenbahnerort am Rand von St. Louis. Zwei Drittel der 20 000 Einwohner sind „African-American“. Es gibt hier ein paar Schulen und Kirchen. Das bescheidene Rathaus und die kleine Feuerwehr stehen direkt nebeneinander, gleich um die Ecke ist die Polizeiwache. Gerade mal 53 Beamte versehen dort ihren Dienst, davon vier mit schwarzer Hautfarbe.
Vor vier Wochen, am Nachmittag des 9. August, erschoss der weiße Polizist Darren Wilson hier den 18-jährigen schwarzen Schüler Michael Brown. Browns Tod ist Gegenstand einer offiziellen Untersuchung. Aber ganz unabhängig von den sechs Schüssen, die den Teenager trafen, sehen sich auch schon mindestens fünf andere Polizisten und ein ehemaliger Kollege mit Verfahren wegen Rassismus und exzessiver Gewaltanwendung konfrontiert. Weitere interne Ermittlungen laufen. Jetzt plant das US-Justizministerium, das gesamte Polizeirevier zu überprüfen.

Justizminister Holder kritisiert die "unverhältnismäßige Härte"

Am Donnerstagnachmittag kündigte Justizminister Eric Holder in Washington die Einleitung eines Verfahrens an. Nach dem Tod von Brown hatte US-Präsident Barack Obama seinen Justizminister nach Ferguson entsandt und beklagt, in zu vielen Orten im Land würden „farbige junge Männer als Objekte der Furcht“ betrachtet. Die Polizei von Ferguson kritisierte er für ihre „unverhältnismäßige Härte“ im Einsatz gegen die, auf die tödlichen Schüsse folgenden, Protestkundgebungen. Die Untersuchung gilt als nächster konsequenter Schritt der Obama-Regierung gegen die vierlerorts praktizierte rassistische Gewalt auf amerikanischen Polizierevieren. Und als Antwort auf die wütenden Proteste.
Der Polizeichef von Ferguson, Thomas Jackson, hat schnell auf die bevorstehende Untersuchung reagiert. Der „New York Times“ sagte er, er begrüße diese. „Wir haben getan, was wir konnten, um ein professionelles Polizeirevier zu werden.“ Er und seine Leute hätten keinen Vorsatz, rassistisch zu handeln. Sollte es Solches aber unbewusst geben, „dann müssen wir das wissen“. Der lokale Vorsitzende der schwarzen Bürgerrechtsorganisation „NAACP“, Adolphus Pruitt, mahnt, die Untersuchung dürfe nur „der Beginn“ sein. Das Problem betreffe alle Polizeireviere am Stadtrand von St. Louis. Aus dem Ministerium heißt es denn auch, möglicherweise werde die Untersuchung auf die ganze Stadt ausgeweitet.

In 30 Fällen im ganzen Land werden "bürgerrechtliche Ermittlungen" geführt

Derzeit führt das Justizministerium mehr als 30 solcher „bürgerrechtlicher Ermittlungen“, wie sie offiziell heißen. Holder ist selbst schwarz und in der Regierung der artikulierteste Streiter gegen Rassismus und Diskriminierung. Seit er das Justizministerium übernommen hat, wurden allein 20 der Ermittlungen eröffnet. In 13 Fällen hat das Ministerium markante Konsequenzen gezogen und selbst die Aufsicht über die entsprechenden Polizeireviere übernommen. Die Rechte stehen dem Ministerium seit 1994 als Folge der Rassenunruhen in Los Angeles zu. Damals hatte ein Unbeteiligter eine Prügelorgie von vier Polizisten an dem Schwarzen Rodney King gefilmt.

In den in Ferguson untersuchten Fällen waren nach Recherchen der "Washington Post" alle bis auf auf ein Opfer exzessiver Staatsmacht Schwarze. In einem Fall hatte ein Polizist einen 12-jährigen Jungen gefesselt, der zum Briefkasten seiner Familie gegangen war. Einem anderen Beamten wird vorgeworfen, Kinder mit der Pistole bedroht zu haben. Der „Washington Post“ zufolge laufen oder liefen gegen 13 Prozent der Polizisten in Ferguson Verfahren wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung. Im landesweiten Durchschnitt liegt die Rate demnach bei geschätzt einem Prozent.

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