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Nach der Attacke in Neuss: Trauer in Berliner Jobcentern

Nach dem tödlichen Angriff auf eine Mitarbeiterin in Neuss wird auch in Berlin über Sicherheit diskutiert. Der Täter hatte zwei Messer bei sich.

Von Sandra Dassler

Der Schock saß auch am gestrigen Donnerstag noch tief: „So eine unfassbare Tat geht jedem unter die Haut“, sagt der Verantwortliche der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte, Andreas Ebeling: „Wir trauern um unsere junge Kollegin in Neuss.“ Die rund fünftausend Mitarbeiter der zwölf Berliner Jobcenter waren schon am Mittwoch vom Vorstandsmitglied der Bundesagentur, Heinrich Alt, darüber informiert worden, dass eine 32-jährige Mitarbeiterin im Jobcenter Neuss von einem 52-jährigen Arbeitssuchenden erstochen worden war.

Die Bluttat hat eine bundesweite Debatte über die Sicherheit der Jobcenter ausgelöst. So warnt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor zunehmender Gewaltbereitschaft in den Jobcentern und Sozialämtern. Immer wieder müsse die Polizei eingreifen, weil Mitarbeiter bedroht würden. Andreas Ebeling, der in Berlin für vier Jobcenter zuständig ist, kann dies so nicht bestätigen. „Eher hat sich die Situation etwas entspannt, weil es weniger Arbeitssuchende gibt“, sagt er. Zwar würden die Leistungsempfänger mehr Klagen einreichen, auch verbale Drohungen gebe es – aber körperliche Attacken auf Mitarbeiter seien sehr selten. „Bei knapp 300 000 Menschen, die in Berlin vom Arbeitslosengeld II leben, bewegt sich das im Promillebereich. Obwohl es für die Betroffenen oft um existenzielle Fragen geht.“

In Berlin hatte zuletzt im April 2011ein 34-Jähriger mit einer Axt auf Türen eines Jobcenters eingedroschen und Mitarbeiter bedroht. „Wir können uns nicht hinter Panzerglas verschanzen“, sagt der Sprecher der Arbeitsagentur Berlin-Brandenburg, Olaf Möller. Er hält wie Ebeling die Sicherheitsvorkehrungen in Berlin für ausreichend, wobei „absoluter Schutz nicht möglich ist“. Aber alle Mitarbeiter nähmen an Deeskalationskursen teil, hätten versteckte Alarmknöpfe und es gäbe in allen Berliner Jobcentern einen Wachschutz – im Gegensatz zu Neuss.

Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Mordes gegen den 52-jährigen Ahmed S., der eine Tötungsabsicht bestreitet. Den Ermittlungen zufolge war er aber mit zwei Messern in das Jobcenter gekommen. Angeblich wollte er nicht zum späteren Opfer sondern zu einem anderen Mitarbeiter, um über eine Datenschutzerklärung zu sprechen, weil er Angst hatte, dass „jemand mit seinen Daten Geld verdient“, sagen die Ermittler. Weil der Mitarbeiter nicht da war, suchte S. die 32-jährige Irene N. auf. Als die Klinge eines Messers abbrach, soll er mit dem anderen auf sie eingestochen haben. Der Angriff muss die Mutter eines Kindes völlig überrascht haben. Sie konnte nicht einmal mehr den Alarmknopf drücken.

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