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Vidal Sassoon entwickelte Frisuren in geometrischen Formen und passte sie so der Kopfform an, dass sie immer wieder zurückfielen.

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Nachruf auf Starfriseur: Vidal Sassoon: Der Haarbefreier

Starfriseur Vidal Sassoon lieferte der Frauenbewegung die passende Frisur, er befreite sie von überflüssigem Ballast. Der Erfinder des „Bob“ starb am Mittwoch im Alter von 84 Jahren in Los Angeles.

Die Trockenhaube war für ihn ein Feind der Emanzipation. Vidal Sassoon befreite die Frauen von Toupierkämmen und Lockenwicklern, von Haarspraytürmen und Hochsteckfrisuren. Für den Briten war das weit mehr als nur modische Neuerung: Vidal Sassoon lieferte den Frauen in den 50er und 60er Jahren die passenden Frisuren zur Selbstbefreiung. „Frauen begannen wieder zu arbeiten, sie nahmen ihr Leben selbst in die Hand“, hat er einmal gesagt. „Sie hatten keine Zeit mehr, unter der Trockenhaube zu sitzen.“ Sassoon folgerte daraus, dass man sie auch von dem Ballast auf dem Kopf befreien müsse. Er entwickelte den Trend zur modischen Kurzhaarfrisur: praktisch und schick. Am Mittwoch starb der Brite im Alter von 84 Jahren in Los Angeles. Sassoon litt seit Jahren an Leukämie.

„Meine Idee war, Form ins Haar zu schneiden, es wie Stoff zu verwenden und alles Überflüssige zu entfernen“, sagte Sassoon in einem Interview mit der „Los Angeles Times“. Schaut man sich den „Bob“ an, Sassoons berühmteste Kreation, erklärt sich dieser Anspruch unmittelbar: kinnlang, akkurat geschnitten und pflegeleicht. „Der Schnitt musste perfekt und schön gestuft sein, so dass die Haare wieder in die Form zurückfielen, wenn man den Kopf schüttelte“, erklärte Sassoon. Lange experimentierte er mit neuen Techniken und geometrischen Formen, ließ sich von Kunst und Architektur beeinflussen – vor allem die klaren Formen des Bauhaus-Stils hatte es ihm angetan. Sassoon „disziplinierte“ den Haarschnitt, indem er sich an die genauen geometrischen Formen des Kopfes hielt.

Vidal Sassoon bei der Arbeit.
Vidal Sassoon bei der Arbeit.

© dapd

Als Vidal Sassoon in den 40er Jahren sein Handwerk lernte, war das noch undenkbar. Frisuren wurden eher an die Hüte der Frauen angepasst. Der Sohn jüdischer Eltern war in ärmlichen Verhältnissen in London East End aufgewachsen. Als 14-Jähriger begann Sassoon als „Shampoo-Boy“ zu arbeiten, da ihn die Mutter zum Geldverdienen schickte. In einem Hinterzimmer bei „Cohen’s“ in London rührte er zunächst Shampoo an und begann bald, Haare zu schneiden.

Nachdem er 1948 als freiwilliger Soldat im im israelisch-arabischen Krieg gekämpft hatte, kehrte Sassoon nach England zurück und widmete sein Leben endgültig den Haaren der Anderen. Mitte der fünfziger Jahre eröffnete er den ersten Laden in der Bond Street in London, später folgten zahlreiche Geschäfte in den USA.

Schnell entwickelte sich Sassoon zum Liebling der Prominenten. Der Modedesignerin Mary Quant, der Erfinderin des Minirocks, verhalf er zu einem neuen Look. Anfang der sechziger Jahre schuf Sassoon die „Schüttelfrisur“ mit gerader, kinnlanger Konturlinie, die zum Accessoire der Swinging Sixties wurde. Als er in den 60er Jahren nach Hollywood eingeflogen wurde, um Mia Farrow für Roman Polanskis Horrorfilm „Rosemary’s Baby“ zu frisieren, war der Weg seiner Karriere endgültig vorgezeichnet. Der britische Starfriseur Nicky Clarke, nannte Sassoon später eine der „wahrhaft größten Ikonen im Frisieren“, der wie die Beatles und die Londoner Carnaby Street zu den Größen der Swinging Sixties gehörte.

Sassoon zog nach Los Angeles, entwickelte 1974 eine eigene Haarpflegeserie, die er unter dem Motto „Wenn Sie nicht gut aussehen, sehen wir nicht gut aus“ vermarktete. Zudem gründete er mehrere Friseurakademien und bekam im US-Fernsehen sogar seine eigene Talkshow.

Anfang der 80er-Jahre verkaufte Sassoon, längst Multimillionär, seine Geschäftsanteile und gründete eine Stiftung. Er war vier Mal verheiratet, mit seiner zweiten Frau bekam er vier Kinder.

Am Mittwoch starb Vidal Sassoon nach langer Krankheit im Kreise seiner Familie in Los Angeles. (mit AFP/AP/dpa)

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