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Panorama: Natascha Kampusch tritt vor die Kamera

Für ihre Interviews erhält sie angeblich eine Leibrente – ihr Gesicht wird nicht zu sehen sein

Am späten Mittwochnachmittag ist es also so weit. Genau zwei Wochen, nachdem Natascha Kampusch ihrem Entführer Wolfgang Priklopil entkommen ist, wird die 18-Jährige erstmals an die Öffentlichkeit gehen und ihre Version dieser spektakulären Entführungsgeschichte erzählen. Zeitgleich werden Mittwochnachmittag Interviews in der größten österreichischen Tageszeitung „Kronen Zeitung“ und der Boulevard-Illustrierten „News“ erscheinen, Mittwoch- abend soll dann ein großes Interview im österreichischen Rundfunk ORF gesendet werden.

Am Montag hat Kampuschs Medienberater, der Wiener PR-Experte Dietmar Ecker, diese Interviews angekündigt. Damit hat das große Feilschen um Exklusivinterviews mit Kampusch, das die ganze vergangene Woche angedauert hat, ein – vorläufiges – Ende. Ecker, Inhaber einer gut gehenden PR-Agentur und früher einmal Kommunikationschef der Sozialdemokraten, begründete die Auswahl mit der „sozialen Kompetenz“ der Medien, sowie mit der Tatsache, dass Kampusch zu allen Österreichern, die während der Entführung mit ihr gelitten hatten, sprechen will.

Geld spielt in diesem Fall aber auch eine Rolle. So erzählte Ecker, dass Kampusch „hohe Geldbeträge geboten bekommen hat“, sich aber nicht aus finanziellen Interessen entschieden habe. So soll es vom ORF für das Interview kein Geld geben – tatsächlich hat der ORF aber versprochen, die Vermarktung des TV-Interviews zu übernehmen. Angeblich hat der ORF mit RTL bereits einen Vorvertrag unterzeichnet, wonach RTL für die Überlassung des ORF-Materials 200 000 Euro in den Kampusch-Fonds einzahlt.

Als gesichert gilt, dass RTL das ORF-Interview am Mittwochabend um 21 Uhr 15 ausstrahlt. Das Gespräch führt der österreichische Journalist Christoph Feuerstein, der bereits 1998 über die Entführung der damals zehnjährigen Natascha berichtet und einen guten Kontakt zu ihrer Familie aufgebaut hatte.

Um das Printinterview hatte es wiederum ein medienpolitisch nicht ganz uninteressantes Pokerspiel gegeben. Neben deutschen Medien war vor allem die neue Boulevard-Zeitung „Österreich“, die vergangenen Freitag das erste Mal erschienen war, hinter Kampusch her – das Interview wäre für das neue Blatt auch tatsächlich ein Coup gewesen.

Um das zu verhindern hatten sich die beiden Platzhirsche „Krone“ und „News“ zum ersten Mal in der österreichischen Mediengeschichte zusammengetan, um „Österreich“ zu überbieten. Sie unterbreiteten Kampusch ein nachhaltiges Angebot – neben einer großzügigen Sofortspende bekommt sie von den beiden Blättern eine lebenslange Leibrente und die Möglichkeit, in Zukunft in einer der beiden Zeitungen einen Job zu bekommen. Dass Kampusch ausgerechnet „News“ ein Interview gibt, ist freilich bemerkenswert: Erst vergangenen Donnerstag hatte das Boulevard-Blatt auf dem Cover die Akte Kampusch angekündigt. Dabei wurde mit Zitaten von Natascha der Eindruck vermittelt, die Reporterin des Magazins hätte mit dem Entführungsopfer bereits gesprochen, was aber nicht der Fall war.

Eigentlich hatte Natascha Kampusch davor angekündigt, gegen alle Medien, die ihre Privatsphäre verletzen, zu klagen – angenehmerweise für „News“ ist aber der Medienanwalt von Natascha auch der Hausanwalt von „News“.

Ob und wie Natascha am Mittwoch- abend dann zu sehen sein wird, ist freilich noch nicht klar. PR-Berater Ecker erklärte jedenfalls am Montag, dass Kampusch so gefilmt und fotografiert werden soll, dass sie auch danach ein „normales Leben“ führen kann.

RTL, Mittwoch, 21 Uhr 15

Markus Huber[Wien]

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