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Die neuen Schleusen von Cocolí auf der pazifischen Seite des Panamakanals.

© Kanalverwaltungsgesellschaft ACP/dpa

Neue Schleusenreihe: Kanal frei für die Super-Tanker

Mit zwei Jahren Verzögerung wird der erweiterte Panama-Kanal für überdimensionierte Frachter eingeweiht.

Die „Andronikus“ der chinesischen Reederei Cosco wird am Sonntag die neue Schleusenreihe des Panamakanals einweihen. Mit 299 Metern Länge und einer Ladekapazität von 94 000 Tonnen wird das Containerschiff, das zu Ehren dieses Anlasses auf „Cosco Shipping Panama“ umgetauft wurde, auch gleich verdeutlichen, warum der Ausbau des Kanals nötig war: Es gehört nämlich zur Post-Panamax-Klasse der Superfrachter, die nicht mehr in die alten, vor 102 Jahren erbauten Schleusen passen.

Auf der besonders befahrenen Route zwischen Asien und der Ostküste der USA mussten diese Tanker bislang den 5 000 Kilometer längeren Umweg über die Magellan- Strasse oder die fünf Tage längere Route durch den Suezkanal nehmen. Und es ist auch kein Zufall, dass die „Andronikus“ Chinesen gehört. Die aufsteigende Handelsmacht ist neben den USA der wichtigste Kunde des Kanals. Chinesische Firmen haben nicht nur Anteile an den beiden Häfen Panamas, Balboa und Colon, sie bauen auch Logistikzentren in der Karibik, Süd- und Mittelamerika.

Bis zu 14 000 Arbeiter waren für den Bau der neuen Schleusenreihe im Einsatz. 4,7 Millionen Kubikmeter Beton und 321 000 Tonnen Stahl wurden benötigt. Ein gigantisches Bauwerk. Richtig erkennbar wird das Design nur aus der Luft. Im Vergleich zur alten Schleusenreihe gibt es einige Neuerungen: Die Tore öffnen sich nicht mehr wie ausgebreitete Arme sondern funktionieren als Gleittüren, was die Wartezeit bei der Schleusendurchfahrt verkürzt.

Ingenieurskunst soll Geldwäsche-Affäre überlagern

Alles ist computergesteuert, und es gibt Auffangbecken, die das für die Anhebung und Absenkung der Schiffe benötigte Süßwasser zu 80 Prozent wieder verwerten. Dennoch wird der Kanal mehr Wasser verbrauchen, die alte Schleusenreihe bleibt im Einsatz für kleinere Schiffe.

Schon Wochen vor der offiziellen Jungfernfahrt hatte die Kanalverwaltung die Schleusen getestet, die immer wieder Probleme machten. Mal funktionierte der Mechanismus nicht richtig, mal leckte der Beton. Nun aber könne er den großen Moment gar nicht mehr erwarten, verkündete der Chef der Kanalverwaltung, Jorge Quijano. Die Panamaer, denen 1999 von den USA die Kontrolle über die Wasserstraße übertragen wurde, sind stolz auf ihren Kanal, der dem Land jährlich eine Milliarde US-Dollar Nettogewinn, das sind knapp drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, einbringt. Mit der neuen Schleusenreihe sollen sich Frachtaufkommen und Gewinn verdreifachen.

Mit Pauken, Trompeten und gleich mehreren Staatschefs aus der Region wird Panama die Durchquerung feiern – in der Hoffnung, dass wenigstens an diesem Tag die Ingenieurskunst die Vorwürfe gegen das Land als Steuer- und Geldwäscheparadies überlagert. Doch ganz loszulösen sind der Kanal und das Geld nicht einmal an diesem Tag.

Schon der ursprüngliche Bau des Panamakanals durch den Franzosen Fernand de Lesseps endete mit einem Finanzskandal, der ganz Frankreich in eine Krise stürzte. Und selbst wenn der Bau der neuen Schleusenreihe nicht ganz so dramatisch verlief und sogar vorab durch ein Referendum vom Volk gebilligt wurde, hatte auch er seine Skandale.

Um die Ausschreibung bemüht hatte sich sowohl ein US-Konsortium als auch das aus spanischen, belgischen, panamaischen und italienischen Firmen bestehende Konsortium GUCP. Letzteres erhielt aufgrund des günstigeren Angebots von 3,1 Milliarden US-Dollar den Zuschlag. Viel zu billig seien die Europäer gewesen, hatte laut der Online-Plattform Wikileaks damals die US-Botschafterin nach Washington berichtet, garniert mit dem Verdacht der Korruption. In der Tat häuften sich bald die Probleme.

Die Konkurrenz zieht nach

Das in Panama vorhandene Material für den Zement erwies sich als mangelhaft. Dann ging den Baufirmen das Geld aus, monatelang standen die Kräne still. Aus der geplanten Einweihung zum 100-jährigen Jubiläum des Kanals im Jahr 2014 wurde nichts. Die Bootslotsen bemängelten, der Manövrierraum sei zu klein, die neuen Boote seien instabil und in den durch Gezeiten, Wind und Strömungen unruhigen Gewässern schwer zu lenken, berichtete die „New York Times“. Wer letztlich für die geborgten 2,5 Milliarden US-Dollar Mehrkosten aufkommen wird, entscheiden Schiedsgerichte.

Doch nicht nur die Kosten sind ein Wermutstropfen. Auch die Konkurrenz: Chinesische Investoren planen im Nachbarland Nicaragua einen weiteren Kanal. Der Suezkanal senkt zudem die Tarife. Der Klimawandel wird immer mehr zum Problem, weil abschmelzende Eisberge die früher nur selten eisfreie Nordpolar- Route befahrbar machen.

Und in Panama nimmt bei langanhaltenden Trockenphasen die Süßwassermenge ab, und Schiffe müssen Frachtgut abladen, da sie sonst zu viel Tiefgang hätten. Die Perspektiven für den Welthandel sind außerdem auch nicht mehr so rosig wie bei der Planung vor zehn Jahren. Viele Häfen, in denen die Riesentanker abgewickelt werden sollen, hinken mit dem Ausbau ihrer Infrastruktur hinterher.

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