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Arbeit ist zentral, aber dazwischen will das Leben genossen werden. Eine Studie hat die Werte der Deutschen untersucht.

© Julian Stratenschulte/dpa

Neue Studie: Die neuen Deutschen: Genießerisch und arbeitsam

Egal ob arm oder reich, jung oder alt: Die Deutschen teilen erstaunlich viele Werte. Arbeit ist einer der wichtigsten.

Optimistisch, offen für die Zukunft, genießerisch: Die Deutschen sind anscheinend deutlich anders, als alle Welt sie seit je sieht. Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) mit dem infas-Institut im Auftrag der Wochenzeitung „Die Zeit“, die die Beteiligten am Mittwoch vorstellten, hat allerdings auch ein Klischee bestätigt - jedenfalls auf den ersten Blick: Erwerbsarbeit ist ein zentraler Wert im deutschen Leben, für Männer wie Frauen gleichermaßen, quer durch alle Schichten und mit steigender Tendenz.

Lieben ohne den Druck der Pflicht

„Die Jungen wollen noch mehr arbeiten als die Alten“, sagte WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger. Allerdings gelte das für den Wert von Arbeit für ihr Leben, nicht für die Arbeitsstunden. „Arbeitswütig“ seien sie nicht, bestätigte Zeit-Redakteur Moritz Müller-Wirth, ihre Einstellung sei von Ballast wie Pflicht und Geld befreit. Etwa 60 Prozent der Befragten erklärten, sie würden auch arbeiten, wenn sie es finanziell nicht nötig hätten, so Allmendinger, sie suchten Sinn und Spaß in der Arbeit, die Erfahrung von Nähe von Kooperation. Den meisten liegt dabei an einem sicheren Arbeitsplatz. Ballast werfen sie übrigens auch in der Liebe ab, so die Macherinnen und Macher der Studie: Heiraten wird immer weniger wichtig, auch dass Paare nicht nur der Kinder wegen zusammen bleiben, scheint sich als neue gesellschaftliche Norm zu etablieren – was die Studie auch dadurch zutage förderte, dass sie bei allen Fragen nicht nur aufs Jetzt abstellte, sondern auch die Zukunftserwartungen der mehr als 3000 Befragten einbezog und das, was sie gern an kommende Generationen weitergäben. Das gab der Studie auch ihren Titel: „Das Vermächtnis“.

"Bekenntnis zum Sozialstaat"

Eines der für die Sozialwissenschaftlerin überraschendsten Ergebnisse war, dass das inzwischen hohe Maß an materieller und Bildungsungleichheit in Deutschland nicht auf die Wertvorstellungen durchschlägt. So wünschten sich drei Viertel der Befragten ein solidarisches und vom Einkommen unabhängiges Gesundheitssystem – und dies, obwohl Besserverdienende bereit waren, für dessen Leistungen auch individuell mehr zu zahlen. Dieses Bekenntnis Reicher wie Armer zum Sozialstaat, so Allmendinger, sei ein „Auftrag an die Politik“.

Lust auf Lebensgenuss, kein Generationenkrieg

Als weiterer deutscher Wert scheint sich Lebensgenuss zu etablieren. Mehr als 80 Prozent – Ostdeutsche etwas mehr als Westdeutsche – ist das wichtig und sie wünschen sich dies auch für die Nachgeborenen. Es herrsche außerdem „Frieden zwischen den Generationen“ und auch die Offenheit für Neue und Fremde bleibe groß: 51 Prozent haben mehr Angst vor Ausländerhass als vor Überfremdung, nur 30 Prozent macht die Zahl der Flüchtlinge Angst oder Sorgen. Hier allerdings werden die Forschungsteams nachhaken, so Müller-Wirth. Als im Spätsommer Merkels Satz „Wir schaffen das“ fiel, waren viele Interviews schon abgeschlossen.

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