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Als Märtyrer ungeeignet. Dominique Strauss-Kahn.

© Reuters

Update

New York: Verfahren gegen Strauss-Kahn eingestellt

Das Verfahren gegen Dominique Strauss-Kahn ist am Montagabend eingestellt worden. Die New Yorker Staatsanwaltschaft hat offenbar das Vertrauen in das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer verloren.

Im Fall Strauss-Kahn hat es am Montag eine überraschende Wende gegeben. Die New Yorker Staatsanwaltschaft bat den Richter, das Verfahren gegen den ehemaligen Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) einzustellen. Sie hat offensichtlich das Vertrauen in ihre Hauptzeugin verloren. Am Montag war die 32-jährige Hotelangestellte noch zu einem Gespräch vorgeladen. Die aus Guinea stammende Frau hatte Strauss-Kahn der versuchten Vergewaltigung beschuldigt.

Der 62-jährige Franzose hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. „Herr Strauss-Kahn und seine Familie sind dankbar, dass die Staatsanwaltschaft unsere Bedenken ernst genommen hat und von selbst zu dem Schluss gekommen ist, diesen Fall nicht weiter zu verfolgen“, teilten die Anwälte von Strauss-Kahn mit. Strauss-Kahn muss an diesem Dienstag noch einmal vor Gericht erscheinen. Es wird erwartet, dass der Richter sich dann den Empfehlungen der Staatsanwaltschaft anschließt.

Nafissatou Diallo hat noch eine Zivilklage angekündigt.
Nafissatou Diallo hat noch eine Zivilklage angekündigt.

© AFP

Offen ist, ob Strauss-Kahn sich nun wieder in den Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich einschaltet. Er galt als aussichtreicher Kandidat der Sozialistischen Partei. Vier Tage vor einem Kongress in der westfranzösischen Hafenstadt La Rochelle, mit dem Frankreichs Sozialisten wie jedes Jahr das Ende der politischen Sommerpause markieren wollen, hat sich die Affäre ihres einstigen Umfragestars Dominique Strauss-Kahn jedenfalls wie ein Schatten über das Treffen gelegt. Nach der Einstellung des Strafverfahrens in New York, so fragten sich die Sozialisten am Montag bang, dürfte das Thema der Veranstaltung nicht mehr wie geplant die Finanzkrise, Frankreichs Staatsschulden und der Präsidentschaftswahlkampf 2012 sein, sondern die Frage, wie man mit Dominique Strauss-Kahn verfährt.

Die Möglichkeit einer Rückkehr des durch seine Sex-Affären bisher verhinderten ehemals aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten der Sozialisten in die französische Politik dürfte, zumindest inoffiziell, die Teilnehmer des Treffens mehr beschäftigen als alles andere. Statt Sarkozy anzuprangern, dürften sie sich nur mit sich selbst beschäftigen und negative Schlagzeilen produzieren, so lautet die Angst. „Ein Albtraum“, wie die Zeitung „La Croix“ meint.

Strauss-Kahn könnte noch in dieser Woche die USA verlassen und nach Frankreich zurückkehren. Ob er dann auch die Absicht hätte, sich sofort zu den Sozialisten nach La Rochelle zu begeben, weiß niemand. Seine Stimme würde in der Krise Gewicht haben, sagte einer seiner Vertrauten der Zeitung „Le Parisien“. Das klingt wie eine Drohung. Nichts würde den Sozialisten mehr schaden als eine Debatte um die Rückkehr von Strauss-Kahn.

Manche seiner Anhänger, soweit sie sich nicht schon auf die Seite der Parteichefin Martine Aubry oder die ihres Konkurrenten, des früheren Parteichefs Francois Hollande, gewechselt sind, könnten gar versucht sein, ihn als den zurückgekehrten Märtyrer einer brutalen US-Justiz zu feiern. Einen schlechteren Dienst könnten sie ihrer Partei damit nicht erweisen.

Darüber hinaus muss sich Strauss-Kahn in Frankreich aber auch noch dem Untersuchungsverfahren stellen, das die Schriftstellerin Tristane Banon wegen versuchter Vergewaltigung gegen ihn angestrengt hat. Ob es zu einer Anklage kommt, erscheint fraglich. Nach den bisher bekannt gewordenen Aussagen könnte es sich eher um eine sexuelle Belästigung handeln, die die Klägerin geltend macht. Die wäre allerdings bereits verjährt. Die Entscheidung der Justiz bleibt abzuwarten, und bis sie feststeht, wird noch Zeit vergehen – Zeit genug, die Strauss-Kahn daran hindern könnte, sich sofort in die Politik zurückzumelden. Und auch dann dürfte er für die an manche Affären gewöhnten Franzosen aus dem Spiel sein. Zwei Drittel bekannten schon vor Wochen, dass sie Strauss-Kahn keine politische Zukunft mehr zubilligen. (mit rtr)

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