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Frauen regieren die Welt! Der Klub der Antifeministen will das ändern.

© dpa

Nieder mit dem Matriarchat!: Der Klub der Nicht-Feministen

Sie glauben daran, dass Frauen in Deutschland systematisch bevorzugt und Männer diskriminiert werden. Gunnar, Bernhard und Wolle wollen ihren Klub der Nicht-Feministen neu aufstellen, im Kampf gegen den Feminismus und die Unterdrückung durch die Frau.

Am Kottbusser Tor spielt eine queer-feministisch-orientalische Boygroup. Die Tänzer wackeln mit dem Po, singen in hoher Stimmlage. Die gutgelaunten, jungen Männer lassen sich unter dem Regen nicht von ihrer Performance abhalten. Die Szene ist gut vom Café aus zu beobachten, in dem sich der Klub der Nicht-Feministen gerade zusammengefunden hat.

Gunnar Kunz, Bernhard Lassahn und Wolfgang Jacobs – in der Gruppe ist der gelernte, arbeitssuchende Programmierer besser als Wolle bekannt – wollen die Republik verändern. Doch sie stehen mit ihrer Mission noch ganz am Anfang. Selbst ihre Selbstbezeichnung ist noch nicht geklärt: Humanisten? Gerechtigkeitskämpfer? Männeraktivisten? Egal. Es geht an diesem Abend um Inhalte, Lösungen, um eine akute Gefahr im Land: Die Frauenlobby. Stark und autoritär sei sie. Organisierte Frauennetzwerke dominieren demnach Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland. Es ist so schlimm, etwas müsse dagegen getan werden. 

Bei Ingwertee und Cola kennt die Liste, was alles in der Bundesrepublik so schief laufe, kein Ende: Jungs würden von der neuen Pädagogik gezwungen mit Puppen zu spielen, während Mädchen alles machen dürften. Männerfeindlichkeit gehöre mittlerweile zum guten Ton einer jeden Talkshow. Die Genderforschung mache die Sprache kaputt. Heterosexueller Geschlechtsverkehr gelte per se als Vergewaltigung. Und die Emma bekomme staatliche Subventionen.

‚Eltern 1’ und ‚Eltern 2’ anstatt Mutter und Vater

Schnell fällt also der Name Alice Schwarzer. Sie dürfe selbstverständlich ihre falschen Meinungen äußern, bleibe aber dennoch eine schlechte Autorin. Gunnar und Bernhard, beide selbst Schriftsteller, ist dieser Punkt besonders wichtig. Die Gesellschaft verzeihe der Schwarzer ihr Steuervergehen, sie dürfe sich sogar im Fernsehen lang und breit erklären, beklagen sie. Uli Hoeneß dagegen lande im Gefängnis, müsse Hohn und Spott ertragen und sei Opfer eines „Doppelstandards“, wie sie neudeutsch sagen. Warum nur? „Natürlich weil er ein Mann ist“, sagt Wolle. 

Doch die Frau, die den Grundstein für die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern legte, heißt an diesem Tisch nicht Alice Schwarzer. „Rita Süssmuth gründete das Ministerium für Frauen“, sagt Bernhard, „warum gibt es keins für Männer? He?“ Allein die Tatsache, dass man eine Frau sei, reiche nicht aus, um Millionen von öffentlichen Fördergeldern auszugeben, von denen Männer prinzipiell ausgeschlossen seien. Sie beklagen, dass inzwischen eine große Genderindustrie mit Gleichstellungsbeauftragten in allen Behörden und Unternehmen die Macht übernommen haben.

Bernhard, der sich mit 64 Jahren als Seniorpräsident der Männerunde bezeichnet, hatte schon viele Frauen, erzählt er. Er komme gut mit ihnen klar. Aber nicht damit, dass Männer tatenlos zuschauen würden, während sich das andere Geschlecht professionell für seine Interessen organisiert, während sich die Geschlechterbilder gar auflösen. Ein Blick aus dem Fenster am Kottbusser Tor reicht ja. Berlin sei für feminismuskritische Menschen sowieso eine Bewährungsprobe. „Neulich habe ich ein Formular gesehen in dem stand ‚Eltern 1’ und ‚Eltern 2’ anstatt Mutter und Vater“, sagt Wolle. Die Männer lachen – es ist ein etwas verbittertes Lachen.

Wut auf die „maternalistische Unterdrückung“

Gunnar Kunz, Bernhard Lassahn und Wolfgang Jacobs kämpfen gegen den Feminismus in Deutschland.
Gunnar Kunz, Bernhard Lassahn und Wolfgang Jacobs kämpfen gegen den Feminismus in Deutschland.

© M. Amjahid

Die selbsternannten Nicht-Feministen kämpfen also gegen die Frauenquote, gegen das Binnen-I, gegen die alltägliche Diskriminierung des Mannes. Und Gunnar, Bernhard und Wolle tun das an mehreren Fronten. Sie betreiben einen Blog, rekrutieren neue Klubmitglieder und treffen sich regelmäßig zu Besprechungen. Sie haben großes im Sinn. 

Doch welcher Mann lässt sich von Frauen so dermaßen piesacken, dass er sein Leben damit verbringt gegen das Matriarchat zu philosophieren, zu agieren, zu streiten? 

Hinter der Wut auf die „maternalistische Unterdrückung“ stecken Erfahrungen, steckt Gewalt, die die Männer nachhaltig geprägt haben. Wolle, ein überzeugter Veganer, nippt an seiner kleinen Cola-Flasche. Er sitzt da in seiner Fließjacke, mit seinem computeraffinen Zopf und seinem Piercing am Ohr. Wolle will offen mit dem umgehen, was ihm passierte, damit es nie wieder passiert. 

„Ich bin mehrfaches Opfer häuslicher Gewalt“, erzählt der allein erziehende Vater. Er sei mehrfach von seiner Ex-Frau geschlagen worden. Nie hätte ihn die Polizei ernst genommen. „Erst als ich blut überströmt  in der Wache stand, wurde mir geholfen“, schildert der 41-Jährige seine ganz persönliche Geschichte. Er möchte verhindern, dass sein neunjähriger Sohn auch unter der Frauengewalt leiden muss. Die Rollen dürften nie so verteilt sein, dass Männer Opfer würden.

Wo doch Männer in der Gesellschaft eigentlich nie als Opfer anerkannt werden.   

„Die Grünen sind am schlimmsten“

Wer nun denkt, dass die AfD mit guten Umfragewerten an diesem Stammtisch rechnen kann, der irrt. Wolle ist erst vor kurzem aus der Linken ausgetreten. Auch dort seien Frauen zu Unrecht privilegiert. Obwohl sie nur ein Drittel der Parteimitglieder ausmachen würden, könnten sie sich qua Geschäftsordnung die Ämter frei aussuchen, behauptet er. Das fand Wolle unfair und kehrte, so wie Gunnar und Bernhard, allen etablierten Parteien den Rücken. „Unsere Partei ist die der Nichtwähler“, alle nicken. „Die CDU ist auch von Frauen dominiert“, alle nicken. „Die Grünen sind am schlimmsten“, alle nicken. Überall hätten Frauen die Macht übernommen.  

Also sind sie jetzt im Klub der Nicht-Feministen per se gegen Frauen? Nein, beteuert Gunnar. Vor 40 Jahren fand er den Feminismus sogar gut, sagt der 54-Jährige. Doch anstatt die dringend benötigte und versprochene Gerechtigkeit herzustellen, krallten sich Feministinnen alle Ressourcen und etablierten ein System, das es als Mann heute zu bekämpfen gilt. Deswegen unterstütze er mit aller Kraft das neueste Projekt der Männergruppe: 

Wolle schreibt schon seit einer Weile an Vereinstatuten. Gemeinnützig soll er sein, für alle offen, ihr Verein. Nicht so wie die vielen Frauenvereine in Deutschland. Einer der ersten und wichtigsten Sätze, die Wolle getippt habe, besage, dass der neue Verein der Nicht-Feministen explizit auch Frauen willkommen heiße.

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