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Ein Jahr nach dem Absturz wurde Flug MH370 noch immer nicht gefunden.

© dpa/picture alliance

Noch immer keine Spur von Flug MH370: Das Jahr der Qualen

Bis heute herrscht Ungewissheit über den Flug MH370 von Malaysia Airways. Von der Boeing 777 wurden keine Spuren gefunden – nur Unterwasserlandschaften neu entdeckt.

Dieser Tage werden sie wieder demonstrieren, vor der Zentrale von Malaysia Airlines in Sepang. Die Angehörigen der Passagiere des Fluges MH 370, dessen bis heute mysteriöses Verschwinden sich am Sonntag jährt, werden einem Deutschen kritische Fragen stellen. Christoph Müller soll die ins Trudeln geratene Fluggesellschaft, die im Juli auch noch einen zweiten Linienflug durch Abschuss über der Ostukraine verlor, auf Vordermann bringen. Mehr als sein Vorgänger im Chefsessel der Luftverkehrsgesellschaft dürfte Müller, der für das Krisenmanagement in Malaysia den Führungsposten bei Aer Lingus abgab, wohl auch nicht zu sagen haben. Ahmad Jauhari Yahya hatte noch vor wenigen Tagen betont, keine neuen Erkenntnisse über die verschollene Boeing zu haben, nach der immer noch in den Weiten des Indischen Ozeans gesucht wird wie nach einer Stecknadel im Heuhaufen.

Die zweistrahlige Boeing 777-200ER war am 8. März vergangenen Jahres um 0.41 Uhr Ortszeit mit 227 Passagieren und zwölf Besatzungsmitgliedern vom Kuala Lumpur International Airport als Linienflug MH 370 nach Beijing gestartet. 41 Minuten später, kurz nach dem Überfliegen der malaysischen Ostküste, brach der Funkkontakt ab, und auch die automatische Übermittlung von Flugdaten zur Bodenstation wurde eingestellt. Auch der sogenannte Transponder, der Position und Kennung an die Fluglotsen übermittelt, sendete nicht mehr, die Maschine verschwand von den Radarschirmen der zivilen Flugsicherung.

Die kurz darauf eingeleitete Suchaktion im Golf von Thailand wurde nach wenigen Tagen auf die Straße von Malakka ausgedehnt, nachdem bekannt geworden war, dass die Boeing offenbar gewendet und die malaysische Halbinsel in Ost- West-Richtung überquert hatte. Auf militärischen Radaraufzeichnungen ließ sie sich noch bis zu einer Position nördlich von Sumatra verfolgen. Berechnungen ergaben später, dass MH 370 danach anscheinend auf Südkurs gegangen war. Seitdem wird vermutet, dass die Maschine letztendlich aus Treibstoffmangel vor der Westküste Australiens abgestürzt ist.

Verschwörungstheorien machen die Runde

Eine wirkliche Erklärung für den Irrflug gibt es bis heute nicht. Einzig festzustehen scheint, dass der Kurswechsel entweder in den Bordcomputer eingegeben oder von Hand gesteuert wurde. Seitdem ranken sich die wildesten Theorien um das Verschwinden der Boeing. Sie reichen von einer Entführung zu einer abgelegenen Landebahn, vielleicht im Rahmen einer Geheimdienstoperation wegen einer möglicherweise brisanten Fracht an Bord, über einen gescheiterten Entführungsversuch oder die Verzweiflungstat eines der beiden Piloten bis hin zu einem versehentlichen Abschuss des Jets.

Obwohl es keine gesicherten Erkenntnisse über das Schicksal von MH 370 gibt, haben die malaysischen Behörden das Verschwinden der Boeing am 29. Januar offiziell zum „Unfall“ deklariert und die Menschen an Bord für tot erklärt. Viele der Angehörigen der aus 15 Ländern stammenden Passagiere – darunter 152 chinesische Staatsbürger – wollen das nicht akzeptieren. Auf einer eigenen Facebook-Seite fordern sie Aufklärung und gedenken ihrer Verwandten und Freunden. „Herzlichen Glückwunsch zum 18. Geburtstag Hadrian Wattrelos, wo immer Du sein magst“, postete erst vor wenigen Tagen der Vater eines jungen Franzosen, der mit Freundin und Schwester an Bord war. Zahlreiche Chinesen kampierten in diesen Tagen wieder einmal vor der Zentrale von Malaysia Airlines in Sepang und forderten erneut vergeblich Antworten auf ihre Fragen. Andere versammelten sich am 18. Februar, dem Vorabend des chinesischen Neujahrsfestes, vor dem Palast des malaysischen Premierministers.

Unerforschtes Gebiet. Diese Karte zeigt das Suchfeld. Es handelt sich um eine völlig abgelegene Region, die von der geologischen Forschung bisher kaum beachtet wurde.
Unerforschtes Gebiet. Diese Karte zeigt das Suchfeld. Es handelt sich um eine völlig abgelegene Region, die von der geologischen Forschung bisher kaum beachtet wurde.

© JACC

Rund 4000 Kilometer weiter südlich wird indessen die Suche nach der Boeing fortgesetzt. Mit täglich bis zu 14 Flugzeugen aus sieben Nationen und zahlreichen Schiffen hatte man hier fast zwei Monate lang versucht, Wrackteile zu finden oder Signale des Flugdatenschreibers und des Cockpittonbandes zu orten. Ende April war die Aktion ergebnislos abgebrochen worden. Inzwischen wird vermutet, dass die Maschine in einem flachen Winkel auf die Wasseroberfläche geprallt und nicht zerschellt, sondern komplett versunken sein könnte. Die einzige Berechnungsgrundlage für die Lokalisierung des vermeintlichen Absturzortes der Boeing lieferten die Laufzeiten von sieben Funksignalen, die via Nachrichtensatellit bei vergeblichen Kommunikationsversuchen zwischen einer Bodenstation und dem Flugzeug ausgetauscht wurden. Die letzte entsprechende Aufzeichnung eines derartigen „Handshakes“ erfolgte um 7.19 Uhr malaysischer Zeit, sechs Stunden und 38 Minuten nach dem Start in Kuala Lumpur. Aufgrund dieser Informationen und der Leistungsdaten sowie des Treibstoffvorrats der Maschine errechneten die Experten, dass MH 370 vermutlich innerhalb eines rund 3400 Kilometer langen und 400 Kilometer breiten Korridors abgestürzt ist, der sich bogenförmig in einer Entfernung von 500 bis 2500 Kilometern vor der australischen Westküste durch eines der abgelegensten Gebiete des Indischen Ozeans zieht.

Das Gebiet ist unerforscht

Zur Vorbereitung der jetzt laufenden Unterwassersuche mussten zunächst rund 160 000 Quadratkilometer weitgehend unerforschten, bis zu 5000 Meter tiefen Meeresbodens von Spezialschiffen vermessen und kartografiert werden. Dabei entdeckte man, dass sich im Bereich des sogenannten Broken Ridge ein gewaltiges Unterwassergebirge mit kilometerhohen Bergen und tiefen Schluchten erstreckt.

Im südlichen Mittelteil des errechneten Korridors haben die Experten ein rund 60 000 Quadratkilometer großes Fenster lokalisiert, in dem Flug MH 370 nach ihren Berechnungen am ehesten geendet sein könnte. Australien und Malaysia haben zwei Firmen aus den Niederlanden und den USA beauftragt, hier den Meeresboden nach der Boeing abzusuchen. Seit Oktober sind hier die Spezialschiffe Fugro Discovery und GO Phoenix im Einsatz, ziehen Seitensicht-Sonar- Scanner und Kerosindetektoren durch das Wasser. Im Januar stieß mit der Fugro Equator ein drittes Suchschiff zur Flotte. Ferner steht die Fugro Supporter bereit, die für die Detailsuche in unzugänglichen Bereichen ein ferngesteuertes Tiefsee-Unterwasserfahrzeug an Bord hat.

Knapp die Hälfte des Fensters wurde bisher vergeblich abgesucht. Voraussichtlich im Mai soll die Aktion abgeschlossen werden. Gibt es dann immer noch keine Spur von der Boeing, muss entschieden werden, ab die Suche ausgedehnt wird. Der gesamte Korridor hat eine Fläche von 1,12 Millionen Quadratkilometern.

Indessen hat die malaysische Regierung angekündigt, am 7. März einen Zwischenbericht zum Verschwinden von MH 370 zu veröffentlichen. Mit neuen Erkenntnissen rechnet niemand.

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