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Im Namen des Papstes. Doch wie kommen sie eigentlich dazu?

© dpa

Nomen est Omen: Wie die Päpste zu ihren Namen kommen

Bevor ein Kardinal zum Papst wird, muss er die Wahl nicht nur anerkennen, er muss sich auch einen neuen Namen geben. Wir sagen ihnen, wie die Päpste zu ihren Namen kommen – und was sie sich dabei gedacht haben.

"Quo nomine vis vocari?" Nach dem obligatorischen "Nimmst du die Wahl an?" ist das die zweite Frage, die jeder frischgewählte Papst beantworten muss: "Wie willst du dich nennen?" Da bleibt dann keine Zeit mehr zum Nachdenken: Jeder Kardinal muss sich seinen möglichen Papstnamen schon vorher zurechtgelegt – und sich dabei etwas gedacht haben.

Der Brauch, seinen weltlichen Namen beim Übertritt an die Spitze eines geistlichen Reiches abzulegen, stammt im wesentlichen aus dem Mittelalter. Der erste, der es getan hat, war ein gewisser Römer namens Mercurius, der es ungehörig fand, mit dem Namen des heidnischen Götterboten die christliche Kirche zu leiten. Als Johannes II. regierte er von 533-535.

Genau anders herum argumentierte ein gewisser Pietro im Jahr 1009: Er fand seinen bürgerlichen Namen zu fromm. Der römische Schusterssohn war zu bescheiden, um als "kleiner" Papst genauso heißen zu wollen wie der große Apostelfürst Petrus, der – von Jesus persönlich eingesetzt – bis heute als der erste Kirchenführer gilt. Pietro nannte sich Sergius, der Vierte dieses Namens. Sein Argument setzte sich durch: Bis heute hat kein Papst es gewagt, sich "Petrus II." zu nennen.

Und: von Pietro-Sergius an wurde der Namenswechsel, auch wenn's dafür bis heute keine wirkliche Vorschrift gibt, zum feststehenden Brauch. Nur noch der Niederländer Adrian Florensz (Hadrian VI. 1522-23) und der Italiener Marcello Cervini (Marcellus II., April 1555) behielten ihre Taufnamen bei.

In derselben geschichtlichen Ära kam es wieder zu zwei spektakulären Rückgriffen aufs antike Heidentum: Giuliano della Rovere, der 1506 den Grundstein zum heutigen Petersdom legte, nannte sich Julius und bezog sich damit ausdrücklich auf Gaius Julius Caesar. Wie dieser, ließ sich auch Papst Julius "der Göttliche" nennen. Kurz vorher (1458) hatte sich der toskanische Humanist Enea Silvio Piccolomini als Papst in "Pius II." umbenannt. Das war eigentlich nur die Vervollständigung seines bürgerlichen Vornamens: Piccolomini wandelte damit auf den Spuren des troianischen Sagenhelden Aeneas, der als Stammvater des römischen Volkes gilt und wegen seiner Tugendhaftigkeit seit alters her den Beinamen "Pius" trägt: "der Gottesfürchtige, der Fromme".

"Pius" wurde später später zum regelrechten Mode- und Kampfnamen: Hier die Päpste, die Reinen, die "Frommen" – verkörpert in Pius VI. bis Pius XII., 1775-1958 – dort die böse, die moderne, die Gott eben nicht mehr fürchtende Welt. Würde sich der neue Papst "Pius XIII." nennen, würde das daran gemessen.

Wie kam Joseph Ratzinger auf Benedikt?

Zu den kirchengeschichtlichen Kuriositäten gehört es, dass zwar dreiundzwanzig Päpste den Namen "Johannes" trugen, ein Johannes XX. aber nie existiert hat. Der Portugiese Pietro, der 1276 auf den Thron Petri kam und sich "Johannes XXI." nannte, hatte sich in den Wirren der Papstgeschichte schlicht und einfach verzählt. Dafür gab es "Johannes XXIII" gleich doppelt: Angelo Roncalli, der 1958 gewählt und zum großen Konzilspapst wurde, nannte sich so, weil der erste "Dreiundzwanzigste" damals noch als Gegenpapst galt und damit aus der offiziellen Zählung ausgeklammert war. Auch wenn der Vatikan offiziell bei dieser Ansicht geblieben ist – Historiker und Kirchenrechtler heute beurteilen die Sache etwas anderes: der erste der Dreiundzwanziger-Reihe, Baldassare Cossa, 1410-15, gilt eher als zwangsläufiges Produkt der großen Kirchenspaltung Avignon-Rom und heute sogar als einer, der diese aktiv überwinden wollte.

Und wie kam Joseph Ratzinger auf Benedikt? Als Sechzehnter dieses Namens – "der Gesegnete", von Ratzinger auch biblisch umgedeutet in "ein Segen sollst du sein" – wollte er anknüpfen an Benedikt XV., der im Ersten Weltkrieg ohne Waffen versucht hatte, die Großmächte zum Frieden zu bewegen, vor allem aber an den Heiligen Benedikt, den Gründer der klösterlichen Kultur, damit auch der Bildung im Abendland und den Patron Europas.

Wie der Neue heißen wird, weiß bisher nur er selber. Bei Buchmachern, so schreibt das Wirtschaftsmagazin "Economist“, sei Leo XIV. der große Favorit. Es folgen, weit abgeschlagen, Gregor XVII. und Pius XIII.. Nur 7,7 Prozent glauben demnach, dass es noch zu Lebzeiten Joseph Ratzingers einen siebzehnten Benedikt geben wird, und nur mehr die Hälfte davon tippt auf einen Stephan – obwohl dieser Name zehnmal in der Papstgeschichte auftaucht, also nicht eben zu den seltensten gehört. Als die Kardinäle mit ihren Bischofsmitren am Dienstag zur Messe "für den zu erwählenden Papst" in den Petersdom einzogen, bemerkte ein vielleicht fünfjähriger Junge dort: "Mama, schau mal, soviel Nikolaus!" Vielleicht hat's der Neue beim Vorbeidefilieren ja gehört: "Nikolaus VI.", gar nicht so schlecht, die Idee.

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