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Vier Landebahnen und Hochgeschwindigkeitsverbindungen zur dahinterliegenden Stadt sowie zum Kontinent. Norman Fosters Entwurf für die Themsemündung.

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Norman Foster und der Themse-Airport: Der Traum vom größten Flughafen der Welt

London hat vier große Airports. Die reichen aber nicht. Jetzt plant Bürgermeister Boris Johnson einen neuen in der Themsemündung.

Die Idee kam dem Bürgermeister Boris Johnson in Hongkong. Als dort die Flughafenkapazität nicht mehr reichte und Verspätungen überhand nahmen, wurde einfach ein neuer Flughafen gebaut - auf 10 Quadratkilometer künstlich gewonnenem Land bei der Insel Chek Lap Kok. Warum nicht in London, dachte Johnson, und der Traum von "Boris Island" begann: ein riesiger, schwimmender Flughafen mitten in der Themsemündung.

Drei Jahre träumt Boris Johnson schon vom Mega-Flugkreuz. Norman Foster, der Berliner Reichstagsarchitekt, hat den Plan modifiziert: Er würde den Flughafen dicht an der Themsemündung auf der sandigen Landzunge "Isle of Grain" bauen und gleich noch mit einer neuen Themse-Flutsperre, einem Gezeitenkraftwerk und einer neuen Eisenbahn-Nabe verbinden. Vier Landebahnen, Kapazität für 150 Millionen Passagiere, Hochgeschwindigkeitsverbindungen nach London, Nordengland und durch den Kanaltunnel zum Kontinent, nach Frankreich. Es wäre nicht nur der größte und schönste Flughafen der Welt; mit einem Schlag wären Londons immer bedrohlichere Flughafenprobleme gelöst, glaubt Johnson.

London hat zwar schon vier Großflughäfen und damit das "verkehrsreichste Flugsystem der Welt". Aber die Drehscheibe Heathrow droht mangels Kapazität zu verkümmern. "Schon jetzt fangen Briten an, Paris, Frankfurt und Amsterdam als ihr globales Flugkreuz zu benutzen. Wir wollen nicht, dass dies die Regel wird", warnte Johnson. Der Bürgermeister ist nicht der Einzige, der mangelnde Flughafenkapazitäten als die größte Wachstumsgefahr für die britische Hauptstadt identifiziert. Laut der Handelskammer verliert Großbritannien jährlich 1,4 Milliarden Pfund an Auslandsinvestitionen, weil die europäische Konkurrenz besser verknüpft ist. Zwar gibt es täglich zwei Dutzend Flüge nach New York, aber nur ein halbes Dutzend nach China.

In einer neuen Offensive haben sich nun Unternehmer, Gewerkschafter und Parlamentsabgeordnete zusammengetan und fordern rasches Handeln und eine dritte Start- und Landebahn für Heathrow. Werde nicht rasch gehandelt, so ein vom Heathrow-Betreiber BAA in Auftrag gegebener Bericht des Wirtschaftsinstituts "Oxford Economics", gingen 140.000 Jobs verloren. Bis 2021 verlöre die britische Wirtschaft jährlich 8,5 Milliarden Pfund.

"Heute verstehen alle, wie wichtig es für das ganze Land und für eine globale Stadt wie London ist, bequeme Direktverbindungen mit so vielen Fernzielen in der Welt wie möglich zu haben", erklärte BAA-Chef Colin Matthews. Noch ist "LHR" Europas wichtigste Drehscheibe. 2011 wurden dort 69,4 Millionen Passagiere mit 476.197 Flügen abgefertigt. Aber das Limit ist erreicht.

Johnson nennt Heathrow einen "Planungsfehler der 50er Jahre". Der Flughafen mit seinen 5 Terminals liegt mitten in dicht besiedeltem Gebiet. Millionen Menschen sind von Lärm und Verschmutzung betroffen, und Tag für Tag fliegen die Flugzeuge, wie an einer Perlenkette aufgezogen, beim Landeanflug über das Herz Londons.

Heathrow-Befürworter halten Johnsons Themse-Pläne für Luftschlösser. BAA, die in Heathrow beheimatete Fluggesellschaft British Airways, Gewerkschaften und Unternehmerverbände fordern, dass Heathrow in dem vom Ministerium entwickelten Rahmenplan für die Luftfahrt wenigstens wieder berücksichtigt wird.

Dann, glauben sie, werden die wahren Folgen eines Themse-Großflughafens klar. Nicht nur würden Planung und Bau 25 Jahre dauern, in denen Großbritanniens Wettbewerbsfähigkeit langsam, aber sicher ausgehöhlt würde. Da es nur eine Drehscheibe in einer Stadt geben kann, würde der neue Flughafen die Schließung von Heathrow bedeuten. Dann würden noch mehr Jobs verloren gehen oder verlagert werden. Firmen im jetzigen Heathrow-Korridor müssten umziehen - und warum nicht gleich nach Paris oder Amsterdam? Viele glauben, dass Premier Cameron keine Wahl hat, als von seiner Entscheidung, keine dritte Landebahn in Heathrow zuzulassen, wieder abzurücken.

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