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OECD-Studie: Klimawandel gefährdet deutsche Skigebiete

Jetzt haben es die bayerischen Wintersportorte schwarz auf weiß: Der Klimawandel wird sie besonders hart treffen. Die Zahl der Skigebiete soll um 60 Prozent sinken.

München - In den nächsten 20 Jahren wird die Zahl der schneefesten deutschen Skigebiete bei den erwarteten Temperatursteigerungen um 60 Prozent sinken. Am Ende des Jahrhunderts soll es nur noch einen einzigen schneesicheren deutschen Wintersportort geben. Aber was die vom Ski-Tourismus lebenden Regionen noch mehr sorgen dürfte ist die Warnung der der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass der Einsatz von Schneekanonen erhebliche Mengen an Wasser und Energie verbraucht und langfristig der Umwelt schadet. Denn bislang war dies quasi die einzige Antwort in Bayern auf den Klimawandel.

Fast schon trotzig wirkte die kurz nach der Vorstellung der OECD-Studie in Paris veröffentlichte Ankündigung des bayerischen Wirtschaftsministers Erwin Huber (CSU), am Donnerstag eine Beschneiungsanlage im Skigebiet Spitzingsee einweihen zu wollen. Der Wintertourismus sei ein wichtiges Marktsegment, auf das schon heute vierzig Prozent der Übernachtungen in Bayern entfallen, erklärte Huber. "Beschneiungsanlagen tragen dazu bei, auch in Zukunft den Saisonstart zu sichern und den Skibetrieb ins Frühjahr hinein zu ermöglichen."

Schneekanonen kein Allheilmittel

Dass Schneekanonen aber kein Allheilmittel gegen warme Winter sind, erleben derzeit viele Betreiber der teuren Anlagen schmerzhaft zum ersten Mal. Denn auch die Beschneiungsanlagen brauchen gewisse Temperaturen; zwei Wochen vor Beginn der Weihnachtsferien ist es an vielen Pisten für ihren Einsatz immer noch zu warm. "Leise schmilzt der Kunstschnee", lästert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern, über die Not der Ski-Touristiker. Er hält den Wintersportorten vor, jetzt die Quittung für falsche Investitionen in den vergangenen Jahren zu bekommen. Denn mittlerweile werden 416 der 2400 Hektar Piste in den bayerischen Alpen künstlich beschneit. Vor zwanzig Jahren waren es gerade mal zehn Hektar, im Jahr 2000 mit 284 Hektar auch noch deutlich weniger Fläche.

Die deutsche Sektion der internationalen Alpenschutzkommission Cipra hat bei ihrer Analyse, wie die Orte auf den Klimawandel reagieren, den Eindruck von Einfallslosigkeit. "Als einzige Antwort werden neue Schneekanonen angeschafft oder Skilifte in höhere Gebiete gebaut. Ob das langfristig ausreicht, wagen wir zu bezweifeln", sagt Cipra-Fachreferent Thomas Frey. Der Bund Naturschutz kritisiert, dass die Gemeinden zunehmend auch Steuergelder verwenden, mit denen dann die Beschneiungsanlagen subventioniert werden. Auch Frey ist der Meinung, dass das Geld lieber in Konzepte für einen vom Schnee unabhängigen Tourismus investiert werden sollte. In der Schweiz und Österreich seien die Alternativplanungen schon viel weiter.

Ökomodell Achental

Dass sich ein engagiertes Eintreten für Umweltschutz auch im Tourismus im Alpenraum lohnen kann, zeigt das Achental südlich des Chiemsees. Die dortigen Gemeinden schlossen sich 1999 zum Ökomodell Achental zusammen. In der Landwirtschaft, aber auch im Tourismus herrschen dabei hohe ökologische Anforderungen. So hätten sich die bis dahin auch im Alpinski aktiven Orte wie etwa Schleching ganz bewusst entschieden, auf den weiteren Ausbau von Pisten oder die Anschaffung von Schneekanonen zu verzichten, sagt Landespflegerin Claudia Irlacher. Stattdessen seien Konzepte erarbeitet worden, mit denen die Orte flexibel auf das Wetter reagieren können: In den schneearmen Winterwochen stünden Urlaubern große Wanderstrecken zur Verfügung. Wenn diese zuschneien, würden sowohl Langlaufloipen gespurt als auch Strecken für Schneewanderungen.

Vor allem anfangs habe es einige Widerstände gegen das Ökomodell gegeben, sagt Irlacher. Mittlerweile sei es aber zu einem Gütesiegel geworden, weshalb auch das Achental weniger mit den rückläufigen Touristenzahlen zu kämpfen habe als andere Gebiete im Alpenvorland. Und mit Blick auf die Aussichten auf weiter grüne Tage im Dezember ist sich Irlacher sicher, dass ihre Region die richtige Entscheidung getroffen hat. "Langfristig werden wir die Nase vorn haben." (Von Ralf Isermann, AFP)

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