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Panorama: Ohne Pass am Checkpoint Charlie Was Martin Luther King mit Deutschland verbindet

Mitte Januar gedenken die USA ihres großen Bürgerrechtlers Martin Luther King. 82 Jahre wäre er am Samstag geworden.

Mitte Januar gedenken die USA ihres großen Bürgerrechtlers Martin Luther King. 82 Jahre wäre er am Samstag geworden. Und 2011 richten die Bewahrer seines politischen Erbes die Blicke nach Berlin. Das Komitee, das Kings internationalen Einfluss auf Freiheitsbewegungen rund um die Erde wach hält, hat dem deutschen Botschafter in den USA, Klaus Scharioth, am Sonntag den „King Legacy Award for International Service“ verliehen. Scharioth setzt sich wie King für Abrüstung und friedliche Konfliktlösung ein.

Die Ehrung lenkt den Blick auf eine doppelte Beeinflussung, die in den USA nahezu unbekannt ist. Mehrfach ging erstauntes Raunen durch den Saal, als Scharioth davon berichtet: Kings Leben war durch Martin Luther geprägt; sein Besuch in Ost-Berlin 1964 beeindruckte die Gläubigen dort und war ein früher Anstoß für die friedliche Revolution 1989. Pfarrer spielten eine führende Rolle, Kings Vorbild hatte ihnen Mut gemacht.

Den doppelten Vornamen hatte King nicht bei der Geburt erhalten, aus Ehrfurcht des Vaters vor dem großen deutschen Reformator. Beide waren auf den Namen Michael getauft. Sondern 1934, im Jahr nach Hitlers Machtergreifung, besuchten sie Deutschland, der Vater war von Luthers Wirken so beeindruckt, dass er sie beide umbenannte.

Auch Kings zweite Deutschlandreise, im September 1964, fiel in eine Zeit des Umbruchs. Willy Brandt hatte ihn bei seiner USA-Reise 1961, dem Jahr des Mauerbaus, nach Berlin eingeladen. Doch wegen der dramatischen Entwicklung wollte King Amerika zunächst nicht verlassen: 1963 führte er den „Marsch auf Washington“ an und hielt vor dem Lincoln Memorial die Rede „I Have a Dream“. Im November wurde Präsident Kennedy erschossen – ein Schock für die ganze Welt. Zehn Monate später kam King zu einer Kennedy- Gedenkfeier nach Berlin und erlebte Szenen wie aus einem Spionageroman. Der Zeithistoriker Stefan Appelius hat sie zum 45. Jahrestag des Besuchs 2009 rekonstruiert und im „Tagesspiegel“ geschildert.

In der Waldbühne sprach King am 13. September 1964 vor 20 000 Berlinern: „Überall, wo Menschen trennende Mauern niederreißen, erfüllt Christus seine Verheißung. In diesem Glauben werden wir gemeinsam für die Freiheit aufstehen in der Gewissheit, dass wir eines Tages frei sein werden.“ Abends wollte er im Ostteil predigen. Die US-Stadtkommandantur riet ab aus Furcht vor Spannungen und behielt Kings Pass ein. Wenige Stunden zuvor war es beim Fluchtversuch des 21-jährigen Michael Meyer zum Schusswechsel gekommen. King fuhr ohne Pass zum Checkpoint Charly. Die DDR akzeptierte seine Kreditkarte als Identitätsnachweis. Sie hielt den Schwarzen, der in den USA aufbegehrte, für einen Verbündeten. 3000 Menschen warteten vor der Marienkirche. Auch hier predigte King gewaltlosen Freiheitskampf. Der Kirchenchor sang das Spiritual „Go Down, Moses“, mit der Schlusszeile „Let My People Go“. Die Erinnerung an diesen Moment habe ihnen 1989 den Mut gegeben, sagen DDR-Pfarrer. Und in Washington wird daraus 2011 eine Lehrstunde für Amerikaner.

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