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Christine Neubauer - auch sie feierte im Hippodrom.

© dpa

Oktoberfest: Großrazzia auf der Wiesn

Beim Münchner Oktoberfest überprüfte der Zoll das Personal im Hippodrom-Zelt – die Gäste feierten aber weiter. Die Beamten hatten den berüchtigten Wiesn-Wirt Sepp Krätz im Visier.

Er ist einer der schillerndsten Wiesn-Wirte, der aber schon seit Jahren erheblich Ärger mit der Justiz hat. Gestern nun, am vierten Tag des Oktoberfestes, wurde es für Sepp Krätz richtig unangenehm. Mit 20 Beamten zog der Zoll am Vormittag in das von Krätz betriebene Hippodrom-Festzelt ein und kontrollierte das gesamte Personal – von den Bedienungen über die Spüler und Hendlbrater bis hin zum Sicherheitspersonal. Geprüft wurde, inwieweit im Hippodrom Mitarbeiter illegal beschäftigt sind und ob der vorgeschriebene Mindestlohn für das Wachpersonal in Höhe von 8,80 Euro in der Stunde bezahlt wird.

Wegen seiner hohen Promi- und Pseudopromi-Dichte hat das Hippodrom mit seinen 4300 Sitzplätzen auf der Wiesn einen Kultstatus, besonders unter jüngeren Besuchern. Doch Sepp Krätz ist nicht nur dort rührig, er betreibt auch den Biergarten „Waldwirtschaft“ südlich von München im Isartal, wo jahrelang die FC-Bayern-Spieler ein- und ausgingen und Torwart-Titan Oliver Kahn einst viele Stunden mit seinen Kindern am Sandkasten verbrachte. Zudem ist Krätz Wirt des Traditionslokals „Andechser am Dom“ in der Münchner Innenstadt.

Bildergalerie: Das Oktoberfest 2012

Wo sich Prominente und die unvermeidlichen Adabeis (die „auch dabei“ sein wollen) tummeln, ist der 58-jährige Sepp Krätz nicht weit weg. Zu ihm ins Zelt kommen Arnold Schwarzenegger und Boris Becker, Christine Neubauer, Heino oder Verona Pooth. 2011 wurde Krätz zum „Gastronom des Jahres“ gekürt, sieben Jahre zuvor hatte er gar eine Privataudienz beim damaligen Papst Johannes Paul II.

Doch geht es mit ihm spätestens seit 2010 bergab. Ausgerechnet auf der 200-jährigen Jubiläumswiesn wurden Vorwürfe gegen ihn erhoben, dass er sein Personal übel beschimpft und geprügelt habe. Ein Student, der als Aushilfsreiniger beschäftigt war, klagte. Mit ihm konnte sich Krätz außergerichtlich einigen. Die Vorwürfe bestritt er, dennoch bezahlte er den vom Gericht verhängten Strafbefehl über 18 000 Euro. Seitdem gilt Krätz als vorbestraft. Ende 2011 wurde dann sein „Andechser“ gefilzt, ein Steuerstrafverfahren ist anhängig.

„Das ist schon eine große Sache“, sagt Martin Brandlhuber, Sprecher des Hauptzollamtes München zur jetzigen Razzia. Überprüft wurden Ausweis- und Arbeitspapiere sowie ein möglicher Leistungsmissbrauch bei Beschäftigten, die unter Umständen auf der Wiesn tätig und zugleich arbeitslos gemeldet sind. Während im Zelt der Betrieb weiterlief, wurde das Personal in den Vip-Bereich zur Kontrolle beordert. In mehreren Fällen wurden Scheinselbstständigkeit und Verstöße gegen den Mindestlohn festgestellt.

Wegen seiner bisherigen Verfehlungen erteilte die Stadt als Wiesn-Betreiberin Krätz eine Abmahnung – denn prügelnde Festzeltbetreiber will man nicht sehen. Seither gilt er als „Wirt auf Abruf“. Es wird spekuliert, dass dies sein letztes Oktoberfest ist und er sich für 2013 nicht noch einmal um eine Konzession bewerben wird. Der Zoll betont, dass solche Großkontrollen regelmäßig auf der Wiesn durchgeführt werden. Jetzt sei eben zufällig Sepp Krätz dran gewesen. An diesen Zufall allerdings mag niemand so recht glauben.

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