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Oscar Pistorius, südafrikanischer Sprintstar, angeklagt wegen Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp.

© dpa

Oscar Pistorius: Was die Schuldfähigkeit für das Strafmaß bedeutet

Vier Gutachter bescheinigen dem südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius volle Schuldfähigkeit. Was bedeutet das für sein mögliches Strafmaß? Nach einmonatiger Pause wird der Prozess fortgesetzt - mit der Vernehmung seines Chirurgen.

Der südafrikanische Sprintstar Oscar Pistorius ist nach Einschätzung psychiatrischer Gutachter voll schuldfähig. Dieser Umstand hat Folgen für das Strafmaß, falls er wegen Mordes verurteilt wird. Pistorius habe unter keinen psychischen Störungen gelitten, als er seine Freundin Reeva Steenkamp erschoss, hieß es in ihren nach Wiederaufnahme des Prozesses am Montag von Staatsanwalt Gerrie Nel verlesenen Gutachten. Die drei Psychiater und ein Psychologe hatten den 27-Jährigen rund einen Monat lang untersucht.
Pistorius muss sich seit Anfang März wegen der Tötung seiner Freundin im Februar 2013 vor Gericht verantworten. Er beteuert, Steenkamp für einen Einbrecher gehalten und in Panik durch die geschlossene Toilettentür seines Hauses auf sie geschossen zu haben. Die Richterin ordnete auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine psychiatrische Untersuchung des Angeklagten an, nachdem ihm eine Psychiaterin eine "allgemeine Angststörung" bescheinigt hatte. 30 Tage lang wurde er daraufhin ambulant in einer psychiatrischen Klinik untersucht.

Nach den Worten des Staatsanwalts war sich der an den Unterschenkeln amputierte Sprinter der "Unrechtmäßigkeit seines Handelns" durchaus bewusst. Gerrie Nel bekräftigte, dass beide Gutachten der Psychiater und des Psychologen zu demselben Schluss gekommen seien. Pistorius' Verteidiger Barry Roux legte zunächst keinen Widerspruch gegen die Fortsetzung des Prozesses ein, will den Bericht aber nochmals eingehender prüfen. Auch Richterin Thokozile Masipa äußerte sich zunächst nicht zu den Gutachten.

Oscar Pistorius kann nur bei Schuldfähigkeit eine hohe Strafe bekommen

Hätten die Experten Pistorius für psychisch gestört erklärt, hätte sich dies strafmildernd auswirken können - der 27-Jährige hätte möglicherweise aber auch für unbestimmte Zeit in eine geschlossene psychiatrische Anstalt gemusst. Bei einem Schuldspruch droht ihm nun lebenslänglich - das wären 25 Jahre Haft.

Pistorius selbst hatte sich nie für unzurechnungsfähig erklärt. Bei seiner Vernehmung im April sprach er vielmehr von einem "schrecklichen Irrtum": Er habe im Affekt gehandelt, als er in rascher Folge die vier Schüsse abgefeuert habe - und niemanden töten wollen, auch keinen Einbrecher. Während der Zeugenbefragungen brach er dann immer wieder zusammen, weinte und musste sich so häufig übergeben, dass schließlich ein Plastikeimer zu seinem ständigen Begleiter im Gerichtssaal wurde. Am Montag hingegen zeigte Pistorius keine Emotionen, sondern starrte unentwegt geradeaus.

Amputierender Chirurg von Oscar Pistorius vernommen

Die Anklage ist überzeugt, dass Pistorius seine Freundin in der Nacht zum Valentinstag nach einem Streit erschossen hatte. Während des Prozesses stellte Staatsanwalt Nel den 27-Jährigen als Egozentriker dar, der glaubte, sich alles erlauben zu können und nicht bereit war, für falsches Verhalten die Verantwortung zu übernehmen.
Am Montag ging das Verfahren mit der Vernehmung des Chirurgen Gerald Versfeld als Zeugen der Verteidigung weiter. Versfeld hatte Pistorius im Alter von elf Monaten wegen einer Fehlbildung Füße und Unterschenkel amputiert. Nach seinen Angaben war der 27-Jährige - allen sportlichen Erfolgen zum Trotz - wegen der Behinderung verletzlicher als manche seiner weniger erfolgreichen Mitmenschen.
Dies treffe vor allem für den Fall eines Einbruchs zu, führte der Arzt weiter aus: Auf seinen Stümpfen und ohne Prothesen habe Pistorius Schwierigkeiten, sich aufrecht zu halten oder zu laufen, "seine Fähigkeit, eine Gefahr abzuwenden ist ernsthaft eingeschränkt". (AFP)

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