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Seyfried

© dpa

Oscars 2010: In der Flut der Bilder

Die Oscar-Gala geriet dieses Jahr etwas chaotisch – am Ende war kaum noch Zeit, den besten Film vorzustellen.

Christoph Waltz hatte sich, wie schon bei den vorangegangenen Preisverleihungen der Saison, eine sehr elaborierte Dankesrede zurechtgelegt. Er habe auf seiner Reise zusammen mit Regisseur Quentin Tarantino neue Kontinente entdeckt, hob der Österreicher an, als er als erster Preisträger des Abends den Preis für die beste Nebenrolle in „Inglorious Basterds“ in Empfang nahm. Doch die Rede fiel seltsam flach aus. Um seine Gedanken zu entfalten, hatte Waltz einfach nicht die Zeit. 45 Sekunden haben die Preisträger Zeit, ihre Reden zu halten, obwohl die Show im Kodak-Theater in Hollywood über mehr als dreieinhalb Stunden lief. Gerade im letzten Drittel der Gala folgte eine opulente Tanz- und Showeinlage nach der anderen, vermutlich um die Spannung für die wichtigsten Preisverleihungen am Ende zu steigern. Für große bewegende Momente blieb da dann aber keine Zeit mehr. Am Ende konnte Tom Hanks kaum mehr die Kandidatenliste ausgerechnet für den besten Film verlesen.

Es war eine eindeutige Fehlplanung, denn die Reaktionen der Preisträger auf ihren Sieg sind schließlich der emotionale Höhepunkt einer jeden Oscar-Show. Nur einige wenige schafften es trotz dieses Zeitkorsetts noch, die Gefühle des Augenblicks zum Ausdruck zu bringen.

Jeff Bridges etwa, der für seine Hauptrolle als abgehalfterter Countrysänger in „Crazy Heart“ sowie für sein Lebenswerk geehrt wurde, brauchte kaum etwas zu sagen, damit man ihm anmerkte, wie viel ihm diese Ehrung bedeutet. Immer wieder gluckste Bridges vor Glück, Rührung und Ungläubigkeit, bevor er die Goldstatue in den Himmel hob und seinen Eltern, beide ebenfalls Schauspieler, dafür dankte, was sie aus ihm gemacht hatten. Es war einer der schönsten Augenblicke des Abends. Man verstand wieder einmal, warum Bridges auch der „Mann mit der bodenlosen Seele“ genannt wird. Sich vor Millionen von Augen derart gehen zu lassen, hatte Bridges’ Widerpart Sandra Bullock eigentlich unbedingt vermeiden wollen. „Meine Mutter würde es hassen, wenn ich da vorne stehe und rumschluchze“, sagte sie noch auf dem roten Teppich in ihrem hautengen, strassbesetzten Kleid. Wohl um erst gar keine Rührung aufkommen zu lassen, leitete sie ihre 45 Sekunden im Rampenlicht mit einer selbstironischen Bemerkung ein. „Hab’ ich dieses Ding wirklich verdient oder habe ich euch alle nur so lange genervt, bis ihr aufgegeben habt?“ Gegen Ende ihrer 45 Sekunden konnte dann aber auch sie nicht mehr die Tränen zurückhalten – als sie nämlich den Preis allen Müttern dieser Welt widmete.

Andere Preisträger kamen mit der knappen Zeit weniger gut zurecht. Kathryn Bigelow, die im ohnehin gehetzten letzten Teil der Show gleich zwei Mal auf die Bühne musste, um die Oscars für den besten Film und die beste Regie entgegenzunehmen, brachte kaum einen zusammenhängenden Satz heraus. „Das ist, das ist, der Moment meines Lebens“, stammelte sie, als sie als erste Frau überhaupt den Regie-Oscar entgegennahm.

Ihr Ex-Ehemann James Cameron machte ein merklich zerknirschtes Gesicht, als klar wurde, dass er das Rennen gegen sie verloren hatte. Schlechter gelaunt schien nur noch George Clooney, und das schon bevor er den Preis als bester Schauspieler an Jeff Bridges verlor. Als die Moderatoren Steve Martin und Alec Baldwin ihre Eingangswitze machten, blieb Clooney versteinert, so, als fände er die Sticheleien gegen die Stars des Abends überhaupt nicht komisch. Dabei waren die Opfer, wie Meryl Streep, die sich gleich mehrere Witze auf ihre Kosten gefallen lassen musste, durchaus belustigt. Nur Clooney, der auf dem roten Teppich noch bester Dinge schien, war offenbar plötzlich irgendetwas über die Leber gelaufen.

Sebastian Moll

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