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Die digitale Währung Bitcoin.

© dpa

Panne: Amerikanische Regierung patzt erneut bei Bitcoin-Auktion

Durch eine Beschlagnahmung wurde die US-Regierung zu einem der größten Halter der Online-Währung Bitcoin - und wird sie schwerer los, als erwartet.

Nach mehreren Pannen hinkt die US-Regierung bei ihrer millionenschweren Bitcoin-Auktion dem Zeitplan hinterher. Die Gewinner der Versteigerung seien nach Medienberichten noch nicht benachrichtigt worden, erklärten Sprecher der zuständigen Justizbehörde United States Marshals Service (USMS) in der Nacht zum Dienstag. Eigentlich sollten die Gewinner am Montag informiert werden, doch anscheinend hat sich der Marshals Service verschätzt. "Der Prozess ist noch im Gange", zitierte die "New York Post" einen Sprecher.

Bereits am Freitag waren in New York fast 30 000 Einheiten der Digitalwährung versteigert worden. Die Bitcoins waren im Oktober bei der Schließung des illegalen Online-Handelsplatzes Silk Road beschlagnahmt worden. Bereits im Vorfeld der Auktion war es zu einer Panne gekommen: Ein Regierungsmitarbeiter hatte eine E-Mail mit Infomaterial an mehrere Dutzend Interessenten geschickt - und diese dabei in CC gesetzt, so dass nun jeder in der Gruppe alle E-Mail-Adressen und damit die potenziellen Mitbieter sehen konnte. Eine Website veröffentlichte daraufhin die Namen in Auszügen.

Normalerweise versteigert die US-Regierung handfeste Vermögenswerte wie Autos oder Gemälde, die beispielsweise vom FBI gepfändet wurden. Am Freitag wurde das Spektrum auf ungewöhnliche Art erweitert: Versteigert werden fast 30.000 Bitcoins, die bei der illegalen Online-Handelsplattform Silk Road gepfändet worden waren. Sie sind mehrere Millionen Dollar wert. Laut US-Behörden sollen bei Silk Road Drogen, Waffen, gefälschte Pässe und sogar Auftragsmorde angeboten worden sein. Doch unabhängig davon, aus welchen dunklen Quellen die Bitcoins stammen - die US-Justiz verhilft dem ehemaligen "Hackergeld" zu Legitimität, indem sie es verkauft, anstatt es aus dem Verkehr zu ziehen.

Mehr Anonymität zum Preis von Kursschwankungen und Risiko von Cyber-Diebstahl

Nach Einschätzung des Experten Steven Englander von der Citigroup dürfte die große Bitcoin-Auktion der US-Regierung nur der Auftakt zu weiteren Versteigerungen gewesen sein: "Der Knaller ist, dass erst etwa 20 Prozent der beschlagnahmten Menge verkauft wurde, so dass wahrscheinlich noch mehr auf den Markt kommen wird." Dabei warnen Notenbanken rund um den Globus vor Bitcoins, die erst seit 2009 in Umlauf sind und zunehmend bei Zahlungen im Internet benutzt werden können: Extreme Kursschwankungen, keine Einlagensicherung, dafür großes Risiko durch Hackerattacken, technische Pannen und Cyber-Diebstahl werden befürchtet.

Erstellt wird das Online-Geld durch verschiedene rechenintensive, kryptographische Algorithmen. Die Grundidee dabei entspricht der gleichen wie bei jeder anderen Währungen: Mit ihr sollen Dienstleistungen oder Güter bezahlt werden. Vorteil von Bitcoin ist die höhere Anonymität der Nutzer. Die Übertragung der Beträge erfolgt nämlich direkt von Teilnehmer zu Teilnehmer, auch "Peer-to-Peer" genannt. Wenn weder IP-Adressen noch Bitcoin-Adressen einer der Teilnehmer zugeordnet werden können, bietet Bitcoin einen weitaus besseren Schutz als konventionelle Zahlungswege. Dieser Schutz ist allerdings begrenzt. Zur Abwicklung von Geschäften muss normalerweise einer der Geschäftspartner zumindest teilweise seine Anonymität aufgeben, wodurch Polizei oder Nachrichtendienste illegale Geschäfte aufdecken können.

Investitionen in Bitcoins können zu Totalverlust führen

Alle Transaktionen werden öffentlich protokolliert und dauerhaft im gesamten Netzwerk gespeichert. Spätere Empfänger von Teilbeträgen können den jeweils letzten Besitzer beispielsweise bei Behörden nennen, die so Transaktionskette zurückverfolgen können.

Die Geldeinheiten können zur Zeit an Online-Börsen gegen Währungen getauscht werden. Da Bitcoins kein gesetzlich anerkanntes Zahlungsmittel sind, kann die Investition in Bitcoins im schlimmsten Fall zu einem Totalverlust führen. So erreichte das Imageproblem der Währung mit der Pleite von Mt.Gox in Japan ihren Höhepunkt: Kundengelder in dreistelliger Millionenhöhe waren verschwunden, die Schwachstellen der Idee des "freien Geldes" ohne zentrale Aufsicht und Regulierung wurden offengelegt. Der labile Bitcoin-Kurs stürzte von mehr als 1100 auf etwa 400 Dollar ab.

Die Hackerwährung ist auf dem Weg in den Mainstream

Der Kollaps liegt erst wenige Monate zurück. "Die Bitcoin-Community würde kurzfristig einen Crash dieser Größe nicht noch mal so gut wegstecken", warnte Oliver Flaskämper, der Chef der größten deutschen Handelsplattform Bitcoin.de, damals gegenüber "Heise online". Die Sorgen scheinen vorerst verflogen, der Bitcoin-Kurs hat wieder deutlich angezogen und stand zuletzt bei 647 Dollar.

Nicht nur die Auktion der US-Regierung sorgt da für Rückenwind: Ende vergangener Woche hat mit Kalifornien einer der größten US-Staaten den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel anerkannt. Kurz zuvor öffnete Apple seinen App-Store wieder für Anwendungen, die Bitcoins verwenden. Bei Expedia soll die Hotelbuchung schon bald damit klappen und der Finanzdienst Bloomberg baut sein Angebot an Bitcoin-Charts aus. Inzwischen werden Spenden von Bitcoins auch von zahlreichen Nichtregierungs-Organisationen, wie dem Berliner Umweltverband BUND akzeptiert.

Pannen und Kritik am digitalen Geld dürften aber nichts daran ändern, dass die Auktion die US-Staatskasse ordentlich auffüllen könnte. Analysten halten ein Ergebnis von über 18 Millionen US-Dollar für möglich. Dabei könnte die Versteigerung der Auftakt für weitere Verkäufe sein. Denn die Beschlagnahmung bei Silk Road - einem als "Ebay für Drogen" bekannt gewordenen illegalen Online-Handelsplatz - hat die US-Regierung zu einem der größten Halter der virtuellen Währung gemacht. Insgesamt wurden 144.342 Bitcoins sichergestellt. dpa/igm

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