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Panorama: Papst verzichtet erstmals auf Sonntagsgebet

Papst Johannes Paul II. kann erstmals in 26 Amtsjahren nicht das Sonntagsgebet sprechen und den Segen erteilen. Nach seiner Operation ist der Kirchenführer aber offenbar wieder auf dem Weg der Besserung.

Rom (26.02.2005, 17:11 Uhr) - Das Sonntagsgebet soll ein Kuriengeistlicher halten, kündigte Vatikansprecher Joaquín Navarro-Valls am Samstag an. Erzbischof Leonordo Sandri werde im päpstlichen Auftrag auch den Segen auf dem Petersplatz spenden. Nach seinem Luftröhrenschnitt kann der 84-jährige Papst die Zeremonie lediglich vom Krankenbett aus im Fernsehen verfolgen. Erste Besucher in der römischen Gemelli-Klinik meinten jedoch, der Kirchenführer sei auf dem Weg der Besserung.

Das staatliche italienische Fernsehen berichtete, niemals zuvor habe der Papst das Angelusgebet ausfallen lassen müssen. Selbst nach dem Attentat im Mai 1981 und nach der schweren Darmoperation 1992 sprach der Papst das Gebet auf Band. Bei seinem Klinikaufenthalt Anfang Februar konnte der Schwerkranke zumindest noch den Segen erteilen. Ärzte hatten Johannes Paul nach der Notoperation geraten, für einige Tage auf das Sprechen zu verzichten. Italienische Medien äußerten die Sorge, dass der Kirchenführer nach dem Eingriff seine Stimme auf Dauer verlieren könnte.

Erste Besucher äußerten sich dagegen zuversichtlich, dass es keine Komplikationen bei der Genesung gibt. «Es geht ihm sehr gut», sagte Kurienkardinal Julian Herranz nach einer Visite in der römischen Gemelli-Klinik am Samstag. Der Patient habe eine ruhige Nacht verbracht, verlautete in Rom. Kardinal Alfonso Lopez Trujillo hatte bereits am Freitagabend gesagt: «Ich habe ihn persönlich gesehen und er schien mir sehr zuversichtlich zu sein.»

Der Oberrabbiner der römischen jüdischen Gemeinde, Riccardo Di Segno, besuchte den Papst am Krankenbett, wie Radio Vatikan am Samstag berichtete. Nach seinem Besuch bei Johannes Paul, bei dem er auch von Vertretern der jüdischen Gemeinde begleitet wurde, sagte der Rabbiner, die Gemeinde von Rom habe für den Papst einen Psalm gebetet. Während des Sabbat-Gottesdienstes in der Warschauer Synagoge betete dort die jüdische Gemeinde am Samstag für die Gesundheit des Papstes. «Er ist ein Mann, der in den letzten tausend Jahren mehr für die Versöhnung von Juden und Christen getan hat als irgendein anderer«, sagte der polnische Oberrabbiner Michael Schudrich.

Völlig unklar ist nach wie vor, wie lange Johannes Paul noch im Krankenhaus bleiben muss. Der Vatikan will erst am Montag weitere Einzelheiten mitteilen. Am Freitag hieß es offiziell, der Papst atme selbstständig, Herz und Kreislauf seien stabil und er habe sogar Appetit.

Mediziner schließen jedoch Komplikationen nicht aus. Wie bei vielen älteren Patienten bestehe auch bei Johannes Paul die Gefahr einer Infektion, verlautete aus Ärztekreisen in Rom. Vor allem die erste Woche nach dem Eingriff sei kritisch. Ein weiters Risiko sei, dass sich der Papst erneut zu früh große Anstrengungen zumutet.

Ein Luftröhrenschnitt ist nach Angaben von Medizinern eine relativ einfache Operation, bei der zur besseren Atmung eine Kanüle in den Rachen eingesetzt wird. Bei alten Menschen könne es Probleme geben. Bereits Anfang Februar hatte Johannes Paul ebenfalls mit Grippe und Atemnot in die Klinik gemusst, konnte sie aber nach zehn Tagen wieder verlassen. (tso) ()

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