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Die Öfen in der sixtinischen Kapelle.

© dpa

Papstwahl in Rom: Was passiert im Konklave?

Am Dienstag beginnt das Konklave. Am Ende steigt weißer Rauch auf und es gibt einen neuen Papst. Die Kardinäle werden bis dahin strikt abgeschirmt - Internet, Handy oder Zeitungen sind verboten.

Da sind sie wieder. Hundertfünfzehn Kardinäle suchen einen Papst. Hundertfünfzehn waren es auch bei der Wahl Joseph Ratzingers im April 2005; in zweitausend Jahren Geschichte war schon dies die größte Kirchenversammlung ihrer Art. Dennoch: von fast 1,2 Milliarden Katholiken auf dieser Welt entscheiden nur 0,00001 Prozent darüber, wer das „Volk Gottes“ führen soll. Und nach Lage der Dinge wird auch der Nachfolger Benedikts XVI. diesem erlauchten Kreis entstammen. Die letzte Wahl eines Nicht-Kardinals liegt 635 Jahre zurück. Aus der Wahlmannschaft von 2005 sind nur fünfzig Kardinäle übrig geblieben; fast zwei Drittel waren also noch bei keinem Konklave dabei. Erst Benedikt XVI. hat sie zu Kardinälen ernannt, und nicht nur US-Amerikaner im Kollegium geben freimütig zu, dass sie ohne Google und Wikipedia von den anderen nur herzlich wenig wüssten.

Wie wird das Konklave ablaufen?

Das Konklave beginnt am frühen Dienstagmorgen damit, dass die 115 Wahlkardinäle ihre Zimmer im vatikanischen Gästehaus beziehen. Dort wohnen sie, abgeschirmt von der Außenwelt, bis sie den Nachfolger Benedikts XVI. gewählt haben. Geistlich starten sie ins Konklave um 10 Uhr mit der gemeinsamen Messe „Pro Eligendo Papa“ („Für den zu wählenden Papst“) im Petersdom. Um 16.30 Uhr werden die Kardinäle in feierlicher Prozession in die Sixtinische Kapelle ziehen, wo unter Michelangelos gewaltigem „Jüngsten Gericht“ die eigentliche Wahl stattfindet: der erste Durchgang noch am Dienstagabend, in den Tagen darauf jeweils zwei Wahlgänge vormittags und nachmittags. Mit dem Aufsteigen von Rauch ist am Ende einer Wahlsitzung zu rechnen, also jeweils gegen 12 und 19 Uhr – es sei denn, die Kardinäle einigten sich früher. Dann wird das Zeichen des Erfolgs, der weiße Rauch, unverzüglich in die Luft geblasen.

Etwa eine Dreiviertelstunde später, nach dem die Kardinäle dem neuen Gehorsam gelobt haben und er die weißen Kleider anprobiert hat, wird sich der Neue auf der Loggia des Petersdoms zeigen. Um Papst zu werden, braucht ein Kandidat mindestens zwei Drittel der Stimmen, diesmal sind das 77. Der Fahrplan sieht vor, dass drei Tage durchgewählt wird, diese Woche also bis einschließlich Freitag; dann folgt – wenn noch kein neuer Papst gefunden ist – ein Tag des Nachdenkens, des Gebets, des Gesprächs, danach geht es weiter.

Wie lange wird das Konklave dauern?

Das ist nicht absehbar: 1978 brauchte der Pole und Außenseiter Karol Wojtyla acht Wahlgänge, um zu Johannes Paul II. zu werden. 2005 war Joseph Ratzinger das, was es heute in keiner Weise gibt: der „geborene“ Kandidat. Er wurde schon nach 24 Stunden, im vierten Durchgang, gewählt. Abgestimmt wird schriftlich und geheim, aber erst, wenn alle „fremden“ Personen die Sixtinische Kapelle verlassen haben. Den Befehl des Zeremonienmeisters „Extra omnes!“ – „Alle raus!“ – wird das Fernsehen noch live übertragen. Dann schließt sich das hohe, schwere Holzportal.

Gesucht wird ein Mann der Mitte

Gibt es bestehende Allianzen für einen bestimmten Kandidaten?

Selbst Fachleuten fällt es diesmal schwer, Gruppierungen, Konflikt- oder Konsenslinien unter den Kardinälen ausfindig zu machen. Links gegen rechts, konservativ gegen progressiv: in diesem Kardinalskollegium sind solche Unterscheidungen schwammig geworden – jedenfalls gibt es keine Flügel mehr, die als solche gegeneinander anträten. Wenn, dann hat die Auseinandersetzung mit den ultrakonservativen Piusbrüdern die Kardinäle etwas polarisiert: Die Traditionalisten sind lauter geworden. Aber von den zahlreichen Kardinälen, die sich auf der Anreise nach Rom zu Wort gemeldet haben, hat keiner derartige Positionen auch nur ansatzweise vertreten. Im Grunde ist die Wahl daher komplett offen: Jeder will die Kirche erneuern, jeder versteht etwas anderes darunter. Wenig Auskünfte ergeben sich auch aus der landsmannschaftlichen Zusammensetzung der Kardinalsrunde. Lateinamerikaner halfen 1978 einem Italiener auf den Papstthron: Albino Luciani, Johannes Paul I. Heute wiederum scheint es eine starke Reihe von Europäern zu geben, die einen Lateinamerikaner wählen würden – allein um nachzuvollziehen, was sich zwar bei der Entwicklung der Katholikenzahl schon lange abspielt, in der Kirchenleitung aber noch nicht angekommen ist: Die Schwerpunktverlagerung von Europa weg in Richtung Südhalbkugel.

Was soll der neue Papst leisten?

„Wir brauchen einen Mann aus der Mitte“, sagen selbst Kuriale in Rom: „Extreme haben keinen Sinn.“ Vielleicht nicht gleich wieder einen Theologen: „Theologisch ist in den letzten dreißig Jahren genug erreicht und im doppelten Sinn des Wortes festgehalten worden. Wir brauchen einen Mann, der regiert.“ Gesucht wird also weniger eine kirchenpolitische Richtung als eine Persönlichkeit. Man fahndet nach einem „spirituellen Manager“, der genügend persönliche Autorität für interne Reformen hat, gleichzeitig aber jenen Kult um die Person des Papstes abbaut, der zunehmend das Bild der katholischen Kirche verzerrt und auf einen einzelnen Menschen verengt hat. Das heißt: Der "große" Neue muss als Person hinter seinem Werk, hinter seiner Kirche eher verschwinden. Dies auch deswegen, weil die Ortskirchen, die katholischen Verkörperungen verschiedener Kulturen, mehr Gehör und mehr Gewicht verlangen. Gesucht wird deshalb ein Papst, der die Vielstimmigkeit der Kirche in einer mehr kollegialen Leitung organisiert – gleichzeitig aber in seiner Person die Einheit des Ganzen sichert. Dazu muss er Wege gehen, die noch keiner vor ihm gegangen ist.

Wie wird dafür gesorgt, dass vorab nichts nach außen dringt?

Die Kardinäle warten bis alle Wahlberechtigen eingetroffen sind. Dann ziehen sie sich von der Außenwelt zurück und sperren „cum clave“ („mit Schlüssel“) die Tür hinter sich zu; jeglicher Kontakt zur Außenwelt bleibt verboten. Die geistlichen Herren im Hotel. Im „Domus Sanctae Marthae“, das Johannes Paul II. aus humanitären Erwägungen im Vatikan hat bauen lassen. Die Kardinäle dürfen sogar frische Luft schnappen und den zwanzigminütigen Weg zwischen Zimmer und Sixtinischer Kapelle zu Fuß zurücklegen. Nur muss die Vatikan-Gendarmerie dafür sorgen, dass sich keine fremden Menschen auf dieser Strecke befinden: Reden dürfen die Kardinäle nur mit Ihresgleichen. Die Kommunikationsmittel von heute – Handys, Zeitungen, Fernsehen und Internet – bleiben verboten. Die Sixtinische Kapelle als Wahllokal wird auf Abhöreinrichtungen untersucht. Wer das Konklave-Geheimnis verletzt, zieht sich die Exkommunikation zu.

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