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Vor dem Haftrichter bricht Oscar Pistorius am Freitag in Tränen aus.

© AFP

Paralympics-Star: Pistorius weist Mordvorwurf vehement zurück

Die Staatsanwaltschaft klagt den Paralympics-Star Oscar Pistorius wegen Mordes an seiner Freundin an. Das südafrikanische Sportidol bestreitet das vehement. Die Sympathie für ihn ist unterdessen weitgehend verpufft.

Oscar Pistorius hat schon oft Schlagzeilen geliefert, fast immer ausgesprochen gute. Wie kein anderer ist der beinamputierte Sprinter mit seinen Schienenbeinprothesen zur Inspiration geworden, er hat bewiesen, dass ein Behinderter das Gleiche leisten kann wie ein Nicht-Behinderter. Im vergangenen Jahr adelte ihn das „Time-Magazin“ mit der Aufnahme in die Liste der weltweit 100 einflussreichsten Menschen.

Doch all das ist am Freitagmorgen vergessen. Einsam steht der Sportstar nun vor dem Richter und atmet schwer durch seine Tränen. Gerade hat der Staatsanwalt verkündet, Pistorius des „vorsätzlichen Mordes“ an seiner Freundin Reeva Steenkamp anzuklagen, die am Donnerstag in seinem Haus erschossen wurde. Noch sind die genauen Umstände nicht geklärt. Aber immer mehr Beweise und Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass es wohl doch keine Notwehr war, wie er sagt. Den Antrag von Pistorius auf Kaution vertagt das Gericht auf Dienstag. Bis dahin wird der 26-Jährige in Polizeigewahrsam bleiben – und muss vorerst nicht ins Gefängnis. Viele Journalisten graben nun tiefer in der Vorgeschichte des gerade noch weltweit bejubelten und hoch bezahlten Sportstars. Sie stoßen dabei auf weniger schöner Episoden wie Handgreiflichkeiten, Wutausbrüche und wiederholte Gewalt gegen Frauen. Aufschlussreich liest sich der Artikel eines Journalisten der „New York Times“, der zu dem Schluss kommt, dass es zwar Spaß mache, Zeit mit Pistorius zu verbringen, aber dass dieser wohl „mehr als nur etwas verrückt“ sei und zu Rücksichtlosigkeit neige.

Bis fast zuletzt war die Berichterstattung über Pistorius voller Bewunderung. „Pistorius war rundum eine „Gute-Nachrichten-Geschichte, wie Sponsoren sie lieben“, schreibt Rebecca Davis im südafrikanischen Onlinemagazin „Daily Maverick“. Er habe Südafrika mit Stolz erfüllt und dem Land bei den Olympischen Spielen international Renommee verschafft.

Dabei hätte die Gesellschaft am Kap vorgewarnt sein sollen. Vor allem Rugbyspieler sind immer wieder durch Gewalt gegen Frauen in die Schlagzeilen geraten. Öffentlich werden solche Fälle nur, weil es sich um bekannte Sportler handelt. Nachhaltige Folgen hat das aber fast nie: Südafrika ist derart sportverrückt, dass die Missetäter gegen strafrechtliche Verfolgung oder gesellschaftliche Sanktionierung weitgehend immun bleiben. Südafrika ist noch immer eine ausgesprochen patriarchalische Gesellschaft, in der Machismo weitgehend toleriert wird. Zuletzt wurden pro Jahr mehr als 56 000 Vergewaltigungen offiziell gemeldet – im Schnitt rund 150 pro Tag. Wegen der Tabuisierung des Themas dürfte die Dunkelziffer noch viel höher liegen.

Nachdem bei Pistorius nun jedoch vieles auf Mord hindeutet, ist die Sympathie für ihn weitgehend verpufft. Bereits kurz nach der Tat wurden in den Straßen der großen südafrikanischen Städte Werbeplakate mit seinem Bild entfernt. Auch der Sportartikelhersteller Nike hat seinen Vertrag mit Pistorius inzwischen gekündigt. Nur Hollywood dürfte an seiner Lebensgeschichte weiter Interesse haben, jetzt vielleicht sogar noch mehr als zuvor.

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